Wasser als Nahrungsmittel Mehr als ein Getränk

Ohne Wasser ist für den Menschen kein Leben möglich. Äußerlich gibt es von einem Wasser zum anderen kaum offensichtliche Unterscheidungsmerkmale. Details entscheiden darüber, ob wir es als Mineralwasser, Trinkwasser oder Tafelwasser bezeichnen und wie sich verschiedene Wässer geschmacklich unterscheiden.

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Quelle: dpa

Jamaika, Kuba und einige afrikanische Staaten haben gerade mal ein Mineralwasser im Angebot. Unser Nachbarland Österreich begnügt sich mit rund 30 Sorten. Die USA, wer hätte das gedacht, geben sich mit einer Auswahl an 170 Mineralwassermarken zufrieden und rangieren damit weltweit auf Platz vier. Nur Italien mit seinen etwa 590 Mineralwassermarken übertrifft noch Deutschland, das aufgrund seiner geologischen Voraussetzungen eines der quellenreichsten Länder der Welt ist.

Hierzulande gibt es mehr als 500 verschiedene Mineralwassermarken. Im Gegensatz zu Spaniern, Franzosen und Amerikanern bevorzugen die Deutschen nach wie vor Wasser mit Kohlensäure. Die billigsten Mineralwässer kosten 19 Cent, die teuersten mehrere Euro pro Flasche. Einen Liter Leitungswasser bekommt man dagegen für rund einen halben Cent pro Liter (Quelle: Stiftung Warentest 8/2016).

Bei einer derartigen Vielfalt können Durstige schon einmal den Überblick verlieren – alleine schon bei den Bezeichnungen: Ein Hersteller darf sein Produkt nämlich erst Mineralwasser nennen, wenn es die Vorgaben der Mineral- und Tafelwasserverordnung erfüllt: In dem Regelwerk sind beispielsweise strenge mikrobiologische Grenzwerte für Mineralwasser festgelegt, die regelmäßig überprüft werden müssen. Um die amtliche Anerkennung als „natürliches Mineralwasser“ zu erhalten, muss das Wasser aus unterirdischen Quellen stammen, direkt am Quellort abgefüllt werden und seine wesentlichen Inhaltsstoffe dürfen nicht verändert werden. Vor der amtlichen Anerkennung muss ein Mineralwasser 200 Einzeluntersuchungen bestehen. Von Mineralwasser zu Mineralwasser kann es trotzdem erhebliche Unterschiede geben in Bezug auf die Höhe und Zusammensetzung der natürlichen Mineralisierung.

Was Bürger lieber mögen: Mineral- oder Leitungswasser

Mineralwässer mussten in Deutschland ursprünglich einen Mindestgehalt von 1.000 mg gelösten Mineralstoffen pro Liter bieten. Kohlensäurefreie Mineralwässer sind in der Regel niedriger mineralisiert als Sprudel & Co. Wie viele und welche Mineralstoffe ein Mineralwasser enthält, hängt von der Geologie des Quellgebiets ab. Viele Mineralwässer bieten im Unterschied zum Wasser aus dem Hahn größere Mengen an Mineralien wie Calcium oder Magnesium. Damit trägt es den unterschiedlichen Verbraucherbedürfnissen Rechnung. Mineralwasser ist zum Beispiel eine gute Calciumquelle für Menschen, die keine Milchprodukte mögen oder vertragen. Calcium, Magnesium und Natrium sind wichtig für verschiedene Zielgruppen, sportaffine Menschen oder als natriumarme Variante zur Zubereitung von Babynahrung.

Heilwasser unterliegt, anders als Mineralwasser, dem Arzneimittelgesetz und bedarf der Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es muss nachweisen, dass es aufgrund seiner natürlichen Zusammensetzung an Mineralstoffen vorbeugende, lindernde oder heilende Eigenschaften besitzt. In allen anderen Punkten muss es dieselben Kriterien erfüllen wie Mineralwasser. Anwendungsgebiete und Trinkempfehlungen nennt das Etikett.

Im Gegensatz zu Mineral- und Heilwässern, die in ihren wesentlichen Bestandteilen nicht verändert werden dürfen, wird Tafelwasser technisch hergestellt. Zur Produktion von Tafelwasser darf zum Beispiel auch Meerwasser oder Natursole verwendet werden. Ein Tafelwasser kann also aus verschiedenen Wassern zusammengemischt werden, seine Definition entspricht der von einfachem Trinkwasser. Es muss nicht amtlich anerkannt werden, in der Regel kann es überall hergestellt und abgefüllt werden: Tafelwasser kann sogar ganz einfaches Leitungswasser sein, dem Salze oder Mineralien zugefügt wurden.

Leitungswasser besteht etwa zu zwei Dritteln aus Grundwasser und zu einem Drittel aus Oberflächenwasser, das Seen oder Talsperren entnommen wird. Damit es hygienisch einwandfrei ist, wird es in manchen Fällen aufbereitet. Bevor es ins Versorgungsnetz einfließt, wird es durch verschiedene Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet: Partikel, organische Verschmutzungen und Schadstoffe werden entfernt, Pestizide und Chlorkohlenwasserstoffe herausgefiltert. Nur in Notfällen wird das Wasser mithilfe von Chlor desinfiziert. Bei der Aufbereitung sind etwa 50 chemische Zusatzstoffe zugelassen, die innerhalb bestimmter Grenzwerte liegen müssen. Diese werden gemäß der Trinkwasserverordnung regelmäßig kontrolliert.

Wo das Leitungswasser am saubersten ist

Gesundheitsbewusste machen sich viele Gedanken über ihre Ernährung, nehmen aber selten ihre Trinkgewohnheiten unter die Lupe. Das kann sich aber lohnen, um im Alltag leistungsfähiger zu sein.

Öko-Test hat die Wasserqualität in 69 deutschen Städten untersucht. Das sauberste Leitungswasser haben laut Öko-Test unter anderem die Städte Ingolstadt, Bremen, Dresden und Hannover. München bezieht sein Trinkwasser sogar aus dem Mangfall- und dem Loisachtal in den Voralpen. Das Wasser ist bekannt für seine ausgezeichnete Qualität und kann ohne weitere Aufbereitung direkt in die Haushalte geleitet werden. Das Leitungswasser mit der schlechtesten Qualität findet sich dagegen zum Beispiel in Essen, Nürnberg, Bonn und Münster.

In den Proben wurden zehn verschiedene Arzneimittelrückstände gefunden, am häufigsten fanden sich Rückstände von Schmerzmitteln, Blutdrucksenkern und Anti-Epileptika im Wasser. Auch der Nitrat-Gehalt im Leitungswasser ist in manchen Teilen von Deutschland höher, als die Grenzwerte es erlauben. Er kann schon in kleinen Mengen gesundheitsschädlich sein und wird zum Beispiel in landwirtschaftlichen Regionen durch Düngemittel erzeugt. Forscher fordern daher ein besseres Filtersystem für Leitungswasser, um Nitrat, Arzneimittelreste und andere Verunreinigungen noch effektiver entfernen zu können.

Trotz dieser Mängel ist die Qualität des deutschen Trinkwassers enorm hoch, und zwar bundesweit. „Ob in Flensburg oder München, die zugelassenen Belastungswerte liegen meist weit unter den geforderten Grenzwerten“, bestätigt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Dafür sorgt die Trinkwasserverordnung: Selbst bei lebenslangem Konsum von Trinkwasser darf der Verbraucher keine gesundheitliche Beeinträchtigung erfahren.

Die einwandfreie Qualität des Leitungswassers garantieren die Wasserversorgungsunternehmen allerdings nur bis zur Hausinstallation, also der Wasseruhr. Ab dieser Stelle ist der Hauseigentümer in der Pflicht: Arbeiten an der Trinkwasser-Installation sollten grundsätzlich nur von eingetragenen und zertifizierten Fachfirmen ausgeführt werden. Der Eigentümer muss für einwandfreie Leitungen sorgen, um Schadstoffe wie Blei zu vermeiden. Grundsätzlich gilt ohnehin: Zur Verbesserung der Hygiene sollten man das Leitungswasser erst kurz laufen lassen, bevor man es verwendet, wie das Umweltbundesamt empfiehlt.

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