Ausblick Die russischen Staatsholdings kommen!

Viele Moskauer Analysten sind sich einig: Es kommt das Jahr der Staatskonzerne. Rostechnologij, Atomenergoprom, die Sberbank - sie alle werden von den zusätzlichen Mitteln profitieren, die der Kreml in den kommenden Jahren in die Modernisierung des Landes stecken will. Doch werden so wirklich neue Global Player geschaffen?

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Auch der Energiekonzern Gazprom profitiert von der Finanzspritze der Regierung. Quelle: dpa

MOSKAU. Nach Jahren der Umverteilung sei nun der Punkt gekommen, in die neuen Strukturen zu investieren - so die Erwartung. Tatsächlich liegt die russische Wirtschaft - trotz ihrer Fortschritte bei Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität und Technologie - noch weit hinter dem westeuropäischen Durchschnitt zurück. Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft sieht in den kommenden sieben Jahren allein in der Autoindustrie einen Investitionsbedarf von 50 Mrd. Euro; um die Stromwirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen, dürften bis zu 200 Mrd. Euro fällig werden. Viele Schwachstellen der Wirtschaft werden vom Dollarfluss aus den Ölexporten überdeckt.

Seit Putins Amtsantritt im Jahr 2000 hat Russland 900 Mrd. Dollar mit dem Öl- und Gasexport verdient. Das erklärte Ziel Putins war zwar auch, die Wirtschaft des Landes wettbewerbsfähiger zu machen, doch weniger durch die Förderung freien Unternehmertums als mithilfe staatlicher Eingriffe. Bei allem Optimismus der Analysten: Damit dürfte auch im nächsten Jahr nicht Schluss sein.

Noch kurz vor der Parlamentswahl hat die Regierung einen neuen staatlichen High-Tech-Konzern, Rostechnologij, auf die Schienen gesetzt - an der Spitze steht wiederum ein enger Putin-Vertrauter, Sergej Tschemesow, der bislang den staatlichen Rüstungskonzern Rosoboronexport geleitet hat. Unter dessen Dach sollte auch ein "nationaler Champion" entstehen, unter anderem mit dem maroden Autohersteller Avtovas (Lada). Von einer echten Trendwende ist dieser aber noch meilenweit entfernt. Nun soll der Rüstungskonzern samt Lada in der neuen Holding aufgehen.

Rostechnologij lieferte gleich eine Schlagzeile, die in Moskaus ausländischer Finanzszene leichte Unruhe verursachte: Die Zeitung "Wedomosti" meldete, die Staatsholding wolle verhindern, dass die französische Bank Société Général die Kontrolle bei der Rosbank übernehme.

Kurz darauf erlebte Russland die Geburt eines weiteren Staatsgiganten: Atomenergoprom. Die Korporation im Herzen der Atombehörde Rosatom soll Russlands Aktivitäten im Nuklearsektor bündeln - und Augenhöhe mit Konzernen wie Areva, Siemens oder Toshiba haben.

Der Anteil der Staatskonzerne am Bruttoinlandsprodukt ist in den Putin-Jahren drastisch gestiegen, der kleinerer und mittlerer Unternehmen liegt nur bei rund 15 Prozent. Der Versuch, unter staatlichem Dach im globalen Maßstab wettbewerbsfähige Konzerne zu schmieden, ist nach Ansicht von Sergej Guriew, Rektor der New Economic School in Moskau, zum Scheitern verurteilt: Alles hänge an den Fähigkeiten der federführenden Bürokraten. "Ich bezweifele, dass wir in Russland genug wirtschaftlich kompetente und selbstlose haben", sagt Guriew.

Präsidentschaftskandidat Dmitrij Medwedjew gilt zwar nicht als großer Freund der Staatskorporationen. Ein Ende des Trends ist aber noch nicht in Sicht: Sergej Iwanow, derzeit erster stellvertretender Ministerpräsident, hatte 2007 die Zahl von 40 zu gründenden Holdings ins Spiel gebracht. Beobachter erwarten, dass bis zu den Präsidentschaftswahlen noch weitere Holdings entstehen - auch um die Interessen der verschiedenen Kreml-Clans zu bedienen.

Die Regierung wirtschaftet mit

Staatsholdings: Den Anfang machte der schwierige Zusammenschluss der um ihr Überleben kämpfenden russischen Flugzeughersteller. Beobachter erwarten, dass sich außer der Atomwirtschaft und den in Rostechnologij vereinten Rüstungs- und Autoschmieden bald auch die russischen Schiffbauer unter einem Hut wiederfinden.

Staatskonzerne: Staatlich kontrollierte Großunternehmen wie Gazprom gelten zwar nicht als Hort von Effizienz und gutem Management. Im Gegensatz zu den Mega-Holdings, wo Bürokraten andere Bürokraten kontrollieren, haben sich viele mit dem Verkauf von Aktien aber geöffnet. So gilt Rosneft inzwischen als modernes Unternehmen, das Vergleiche mit der privaten Konkurrenz nicht zu scheuen braucht.

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