Kursrutsch Taumelnder Euro zieht Goldpreis mit nach unten

Der Goldpreis ist massiv unter Druck geraten, von seinen Höchstständen ist das Edelmetall weit entfernt. Selbst ein Sturz unter die 1 000-Dollar-Marke ist nicht auszuschließen. Experten schließen weitere Verluste nicht aus. Einzig Charttechniker geben sich optimistisch.

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Entwicklung des Goldpreises (in Dollar). Quelle: handelsblatt.com

DÜSSELDORF. Es ist noch gar nicht lange her, da kannte der Goldpreis nur den Vorwärtsgang. Bis Dezember vergangenen Jahres jagte ein Rekord den anderen. Den Gipfel erreichte Gold schließlich bei 1 226 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Seither geht es allerdings deutlich bergab. Allein vergangene Woche hat sich das Edelmetall binnen weniger Tage um mehr als 60 Dollar auf zeitweise nur noch 1050 Dollar verbilligt. So wenig hat Gold zuletzt vor drei Monaten gekostet. Experten schließen nicht aus, dass der Preis noch unter Druck bleiben könnte.

Vor allem der anziehende Kurs der amerikanischen Währung belastet aktuell den Goldpreis. "Die Korrelation von Gold und Dollar wird zurzeit am Markt sehr stark gespielt", sagt Thorsten Proettel, Edelmetallexperte der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Dadurch habe sich eine etwas paradoxe Situation ergeben. Denn die derzeitige Dollar-Stärke ist eigentlich eine Schwäche des Euros, hervorgerufen durch die Sorgen um Griechenland. Die Rolle als "sicherer Hort" in unsicheren Zeiten, die Gold immer wieder zugesprochen wird, komme dagegen nicht zum Tragen, so der LBBW-Experte. Das Edelmetall und die US-Devise entwickeln sich häufig gegenläufig, da institutionelle Investoren Gold als Absicherung gegen Verluste im Dollar-Raum nutzen.

Bei gut 250 Dollar startete 2001 der Aufwärtstrend. Seinen Status als "sicheren Hafen" hat das Edelmetall mittlerweile aber eingebüßt. Im Gegenteil: Fliehen Anleger aus riskanten Anlagen wie Aktien, dann auch aus Gold. Grund dafür ist, dass immer mehr spekulative Investoren Gold als Anlage entdecken.

"Spekulative Finanzinvestoren scheinen nach dem Bruch der psychologisch wichtigen Marke von 1100 Dollar Long-Positionen geschlossen zu haben", heißt es bei der Commerzbank. Auch die Anleger in Exchange Traded Funds (ETF), börsennotierte Fonds, kehrten Gold derzeit den Rücken zu. Der Goldbestand des SPDR Gold Trust sei zuletzt um weitere sechs Tonnen auf den niedrigsten Stand seit Oktober gefallen. "Die physische Nachfrage sollte auf dem niedrigeren Preisniveau jedoch wieder anziehen, wodurch weitere Kursverluste gebremst werden dürften", glauben die Commerzbank-Experten.

Über die weitere Entwicklung am Goldmarkt sind sich die Experten allerdings nicht ganz einig. Die Stärke der amerikanischen Währung wird nach Einschätzung von Analyst Dan Smith von Standard Chartered die Rohstoffpreise auch in den kommenden Tagen belasten. Die nächste Marke beim Goldpreis, auf die man achten sollte, liegt seiner Ansicht nach bei 1020 Dollar, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Thorsten Proettel blickt dagegen vor allem auf die Marke von 1030 Dollar - hier lag das Allzeithoch, bis der Goldpreis Ende Oktober vergangenen Jahres steil nach oben geschossen war. Der Anstieg gipfelte auf dem Rekordhoch von 1226,10 Dollar Anfang Dezember. Seither kostete die Feinunze zwischen 1100 und 1150 Dollar. "Die Unterstützung bei 1030 Dollar hält", glaubt der LBBW-Experte. Zum Jahresende sieht er das Edelmetall sogar wieder bei 1250 Dollar je Feinunze.

Positiv beurteilen Charttechniker die Chancen an den Rohstoffmärkten. Einhelliger Tenor: Der Goldpreis steige weiter, weil sich der Kurs in einem perfekten Aufwärtstrend präsentiert. Gemäß dem simpelsten Motto der technischen Analyse, "the trend is your friend" (frei: folge dem Trend), sollten Anleger Gold solange die Treue halten, bis der Trend kippt. Die Charttechniker beurteilen die jüngste Korrektur von mehr als 100 Dollar als längst überfällig. Bei zuvor steigenden Kursen, ohne jegliche Zwischenkorrektur, sei der Markt vollkommen überhitzt gewesen.

Beim Goldchart sehen Experten den Trend erst in Gefahr, wenn das Edelmetall unter Werte zwischen 1 050 und 1 020 Dollar je Feinunze rutschen sollte. Lange Zeit schien dies unwahrscheinlich. Doch nach der jüngsten Schwäche an den Finanzmärkten, die auch Gold nicht verschonte, ist die Gefahrenzone erreicht.

Nachdem Gold Anfang Dezember 2009 bis auf 1 221,70 Dollar gestiegen war, korrigiert das Edelmetall seit mehreren Wochen rasant. Schon lange hat Gold seinen Nimbus als "sicheren Hafen" verloren. "Anlegern bieten sich in diesem Jahr kaum Anlagealternativen", begründet Klaus Deppermann von der BHF Bank seinen Optimismus. "Die Übertreibungsphase beim Gold nach oben steht erst noch an." Im zweiten Halbjahr sieht er den Preis kräftig steigen und rechnet mit Kursen von bis zu 1 800 Dollar im kommenden Frühjahr. Wieland Staud, Geschäftsführer von Staud Research erwartet im Minimum 1 400 Dollar, im Mittel 1 750 Dollar. Christian Henke, technischer Analyst der WestLB, nennt als Kursziel 1 500 Dollar.

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