Neue alte Lira

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Morgen bekommen die Türken neues Geld - schon wieder.

Manche hatten sich gerade erst an die neuen Banknoten und Münzen gewöhnt, da werden sie schon wieder eingezogen und durch neues Geld ersetzt: Am 1. Januar kehrt die Türkei zur Türkischen Lira (TL) zurück. Sie löst die Anfang 2005 eingeführte Neue Türkische Lira (YTL) ab. Umgetauscht wird eins zu eins, am Wert des Gel-des ändert sich mit der Umstellung auf die neuen Scheine und Münzen daher nichts: eine Lira entspricht morgen, wie heute, etwa 46 Eurocent. Wer vom letzten Türkei-Urlaub noch YTL in der Schublade hat, braucht sich vorerst nicht zu sorgen: bis Ende 2009 ist die alte Währung, parallel zu dem neuen Geld, gültiges Zahlungsmittel. Bei der türkischen Zentralbank kann man das alte Geld sogar noch bis 2018 umtauschen.

Die neuen Scheine weisen einige Besonderheiten auf. Dank neuer Sicherheitsmerkmale wie Wasserzeichen, aufwendigeren Druckverfahren und holografischer Elemente wird Fälschern das Handwerk wesentlich erschwert. Wie bisher ziert das Konterfei des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk die türkischen Banknoten - auf den neuen Scheinen blickt er allerdings nicht mehr so streng wie bisher sondern mit einem leichten Lächeln:

Neu ist: auf der Rückseite der neuen Bankboten werden prominente türkische Wissenschaftler, Künstler und Literaten abgebildet. Auf dem Zehnliraschein etwa ist der Mathematiker Cahit Arf (1910-1997) abgebildet, auf dem Zwanziger der Architekt Kemalettin Bey (1870-1927) und auf der Fünfzigliranote Fatma Aliye (1862-1936), die als bedeutendste türkische Roman-Schriftstellerin ihrer Zeit gilt. Dass nun erstmals eine Frau auf einem türkischen Geldschein abgebildet wird, feiern viele Feministinnen als symbolischen Erfolg im Kampf für Frauenrechte.

Mit der Umstellung auf das neue Geld vollendet die türkische Zentralbank eine vor vier Jahren begonnene Währungsreform. Anfang 2005 strich die Notenbank sechs Nullen der seit Jahrzehnten inflationsgeplagten Lira. Aus der Türkischen Lira (TL) wurde die Neue Türkische Lira (YTL). Für die Menschen bedeutete das eine völlig andere Dimension: bis dahin waren alle Türken Multimilliardäre. Selbst der Mindestlohn betrug 20 Millionen Lira - pro Tag. Ein Laib Brot kostete damals 300 000 Lira, für eine Straßenbahnfahrkarte musste man eine Million hinblättern. Seit den 1970er Jahren hatte die Hyperinflation die Kaufkraft der Lira immer weiter aufgezehrt. 1981 hatte die größte türkische Banknote einen Nennwert von 5 000 Lira. Zehn Jahre darauf gab die Zentralbank bereits 100 000-Lirascheine aus. Ende 2004, vor der Einführung der Neuen Lira, war der Zwanzigmillionenschein die größte Banknote - Ge-genwert: gerade mal elf Euro.

Möglich wurde die vor vier Jahren eingeleitete Währungsreform durch die Erfolge der Regierung und der Zentralbank bei der Inflationsbekämpfung. Von rund 80 Prozent im Krisenjahr 2001 ging die Teuerung 2005 auf 7,7 Prozent zurück. Erreicht wurde diese beachtliche Inflationssenkung vor allem durch eine strikte Sparpolitik im Staatshaushalt und einen entschlossenen Abbau der Verschuldung. Hinsichtlich Haushaltsdefizit und Gesamtverschuldung erfüllt die Türkei inzwischen die Vorgaben des EU-Stabilitätspaktes und steht besser da als so manches Land der Eurozone. Mit der Geldwertstabilität hapert es aber gerade in jüngster Zeit wieder: die Inflationsrate liegt bei zwölf Prozent, und wegen der Finanzkrise kam die Lira in den vergangenen Monaten auf den Finanzmärkten unter wachsenden Druck: bekamen die Türken Anfang des Jahres noch für 1,70 Lira einen Euro, müssen sie jetzt 2,14 Lira bezahlen. Ein Indiz dafür, dass die Türkei vom Ziel der Preis- und Währungsstabilität noch weit entfernt ist, gibt es auch anlässlich der Umstellung: bis heute war der Hundertliraschein die größte im Umlauf befindliche Banknote. Ab morgen wird es auch einen Zweihunderter geben:

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