Portfolio optimieren So bauen Sie sich selbst ein krisenfestes Depot

Ihr Geld richtig auf Aktien, Anleihen und Bares zu verteilen, ist entscheidend für den Erfolg. Diesen Job sollten Sie nicht Ihrem Banker überlassen. Deshalb: Die besten Strategien für Anleger, die sich selbst um ihr Geld kümmern wollen .

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Einsteiger-Depot (zur Großansicht bitte auf die Grafik klicken)

Jakob Fugger, Anfang des 16. Jahrhunderts der reichste Geschäftsmann der Welt, hatte es schon früh begriffen: Die richtige Streuung von Kapital und Risiko mehrt das Vermögen. Der Augsburger, der die Münzen der Päpste prägte und dem Kaiser Geld lieh, begann mit Edelmetall-Handel und wurde schnell selbst Eigner vieler lukrativer Minen. Gewinne verteilte er auf vier Säulen: neue Geschäfte, Anleihen, Immobilien und Liquidität in Gold und Gulden.

„Es ist noch heute ein sinnvoller, einfacher Ansatz, sein Geld wie Fugger zu verteilen“, sagt Robert Arnott, Gründer des US-Finanzanalysehauses Research Affiliates. „Das funktioniert gut – und ist auf jeden Fall besser als das, was 99 Prozent der Privatanleger derzeit mit ihrem Geld machen.“

Auf die richtige Mischung kommt es an

Die angemessene Streuung hat ungleich größeren Einfluss auf Gewinn oder Verlust als die mühsame Wahl von einzelnen Papieren. 90 Prozent des Renditeunterschieds von Depots erklären sich aus der Aufteilung auf verschiedene Anlageklassen, bewies eine noch heute oft zitierte Studie des US-Wissenschaftlers Gary Brinson, die 1986 im angesehenen Fachblatt „Financial Analysts Journal“ erschien und Daten von 91 US-Pensionsfonds auswertete.

Einsteiger-Depot (15.000 Euro). (Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Klar: Wenn eine ganze Anlageklasse – wie Aktien 2008 oder Staatsanleihen Anfang 2009 – in kurzer Zeit stark an Wert verliert, ist es egal, ob man Daimler oder Siemens, deutsche oder französische Staatsanleihen gekauft hat. Worauf es ankommt, ist die Verteilung auf Aktien, Anleihen, Bargeld, Rohstoffe und – für Nicht-Eigenheimbesitzer – Immobilien. Eine simple Rechnung: Wer 2008 nur die Hälfte seines Geldes in Aktien investiert hatte und die andere Hälfte in Staatsanleihen, verlor durch den Aktiencrash nur 20 statt 45 Prozent.

Nicht besser mit der Bank

Die Bank streut nicht. Die Rechnung ist einfach, wird aber zu selten beachtet. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass Bankberater dabei helfen, typische Anleger-Fehler zu vermeiden. „Wie zum Beispiel den, das Geld nicht genug zu streuen und daher zu stark vom Erfolg einzelner Unternehmen abzuhängen“, sagt Michael Haliassos, Professor an der Universität Frankfurt, der zum Thema Vermögensanlage forscht. Seine aktuelle Studie, in der er über einen Zeitraum von fünf Jahren die Depots von 32.751 Kunden analysierte, die teils mit, teils ohne Berater handelten, zeigt: Die Berater-Kunden haben ein höheres Verlustrisiko, geringere Renditen nach Kosten und keine bessere Streuung der Gelder als die selbstständig agierenden Anleger.

Mittleres Depot (zur Großansicht bitte auf die Grafik klicken)

Der Grund liegt auf der Hand: Angestellte einer Bank oder eines Finanzvertriebs verkaufen die Finanzangebote, die ihnen ihr Chef vorgibt. „Der Berater bekommt ein Fax mit dem Fonds der Woche – darunter steht, wie viel Provision er daran verdient“, sagt Bert Flossbach vom Vermögensverwalter Flossbach & von Storch, der Kunden ab zwei Millionen Euro betreut. „Wenn Sie mit einem überschaubaren Betrag zur Bank kommen, können sie nicht erwarten, dass ein Team aus drei Leuten sich einen Tag lang mit Ihnen beschäftigt.“ Entsprechend sind die Ergebnisse: „Bei der Analyse von Depots lässt sich deren Alter meist genau bestimmen – anhand der Mode-Produkte, die Banken in den Vertrieb gedrückt haben“, sagt Tom Friess, Geschäftsführer des VZ Vermögenszentrums in München. „Vor zehn Jahren waren es Aktienfonds der US-Fondsgiganten, vor fünf Jahren fondsgebundene Lebensversicherungen, vor drei Jahren Garantiefonds und heute Riester-Produkte.“

Selber machen

Wer Geld anzulegen hat, sollte zunächst in aller Ruhe eine vernünftige Depotstruktur festlegen, die auf den wichtigsten Anlageklassen basiert. Eine zurzeit angemessene Aufteilung für drei Depots in den Größenklassen von 15.000, 50.000 und 150.000  Euro finden Sie in den Grafiken auf Seite 76. Dafür benötigt man etwas Zeit, vielleicht so viel, wie für den Kauf eines neuen Autos – eine mehr Lust spendende, aber finanziell längst nicht so wichtige Entscheidung.

Die Suche nach Einzelwerten für jede Kategorie ist dann der zweite – weniger wichtige – Schritt. Die einfachste Eigenbau-Lösung ist, das Geld nach einer festen Formel aufzuteilen. Thomas Winderl, Berater für Entwicklungshilfe-Projekte, hat so eine Formel und will an ihr festhalten. Bei seiner Bequem-Strategie setzt er nur auf börsennotierte Indexfonds (ETFs), die es erlauben, günstig in fast jeden Markt der Welt zu investieren.

Mittleres Depot (50.000 Euro). (Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Die WirtschaftsWoche wird in den kommenden Monaten verfolgen, wie sich Winderls Depot im Vergleich mit drei von Profis geführten Mischfonds und den Depots von zwei anderen erfahrenen Privatanlegern schlagen wird. Winderls Wettbewerber aus dem Amateur-Lager wollen ihren Mix je nach Marktlage ausrichten. Das ist schwieriger und kostet Zeit. „Depot einrichten und nach Jahren mal wieder gucken — das ist nicht meine Auffassung“, sagt Henrike von Platen, Unternehmensberaterin aus Berlin. Auch Peter Schöffel, Chef des gleichnamigen bayrischen Sportbekleidungsherstellers, investiert viel Zeit in die private Geldanlage, „im Durchschnitt mindestens eine Stunde am Tag“.

Größeres Depot (zur Großansicht bitte auf die Grafik klicken)

Ein guter Kompromiss zwischen den Ansätzen der Privatanleger ist, das eigene Depot etwa alle drei Monate zu überprüfen. Wenn die Gewichte der einzelnen Anlageklassen zueinander sich erheblich verschoben haben, sollte man nachforschen, woran das lag. Meist steckt ein starker Anstieg oder Einbruch der Aktienmärkte dahinter. „Wenn sich an meiner grundsätzlichen Meinung zu Aktien, Anleihen oder Rohstoffen aber nichts Wesentliches geändert hat, sollte ich die Ausgangsgewichtung wiederherstellen“, rät Friess von VZ.

Detailfragen gelassen angehen

So vermeidet man, sich bei der Verteilung zu sehr von kurzfristigen Stimmungen leiten zu lassen – denn das kostet nachweislich Rendite. „90 Prozent der Anleger bauen ihre Aktienpositionen vor allem gegen Ende langer Hausse-Phasen aus“, beobachtet Andreas Beck, Leiter des Instituts für Vermögensaufbau in München, der 20.000 Depots regelmäßig analysiert. In denen dominieren die Stars der letzten Haussen: Intel, Infineon und Telekom aus den Neunzigern, K+S, Linde oder MAN aus der Zeit bis 2008.

„Man muss gar nicht unbedingt Draufgänger spielen und exakt antizyklisch investieren“, sagt Gerald Kichler, Leiter Portfoliomanagement bei Flossbach & von Storch. „Wer die strategische Aufteilung seines Vermögens in die vier großen Blöcke Aktien, Zinspapiere, Bargeld und Rohstoffe einmal richtig festgelegt hat, hat die entscheidende Schlacht geschlagen und kann die Detailfragen wie die Wahl der konkreten Wertpapiere recht gelassen angehen.“

Wie viel Aktien sind sinnvoll?

Größeres Depot (150.000 Euro). (Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Bis zu 30 Prozent ihres Depots sollten selbst risikoscheue Anleger in Aktien mit solider Bilanz und starker Marktposition investieren. Aber: Aktien sind „ein Langfrist-Investment, im schlimmsten Fall dauern Durststrecken zehn Jahre oder länger, man sollte daher nur Geld einsetzen, das man notfalls jahrelang entbehren kann“, sagt Friess. Aktien bringen auf lange Sicht zwar den Großteil der Rendite, definieren aber auch das Risiko. So hätte ein Depot mit 65 Prozent Aktien 2001 oder 2008 ein Drittel des Vermögens vernichtet. Sind erst einmal 30 Prozent weg, muss man mit dem verbleibenden Restvermögen 43 Prozent Plus machen, um wieder auf null zu kommen. Mit Tagesgeldzinsen ist das in einem Anlegerleben nicht zu schaffen.

Verluste begrenzen

Daher ist Verlustbegrenzung in schlechten Jahren noch wichtiger als eine hohe Rendite in guten. Ein Viertel des Vermögens in Bargeld zu parken, ist trotz der niedrigen Zinsen jetzt sinnvoll. Zumal eine schnelle Erholung der Weltwirtschaft, auf die die Börsen zuletzt gewettet haben, alles andere als sicher ist. Nach einer Untersuchung des Internationalen Währungsfonds von 122 Rezessionen dauert ein von einer Finanzkrise ausgelöster Abschwung besonders lang. Weil nach Finanzkrisen die Banken faule Kredite in ihren Bilanzen bereinigen müssen und kaum neue vergeben, fällt auch der Aufschwung schwächer aus.

Zwar zeigen einige Konjunktur-Frühindikatoren schon seit Wochen nach oben. Aber sie erholen sich von katastrophal niedrigem Niveau. Das Szenario für die nächsten Jahre ist eine schwache Erholung, mit niedrigem einstelligem Wachstum der Unternehmensgewinne. Und das „lässt den meisten Aktien nach der starken Kursrally seit Anfang März nicht mehr so sehr viel Luft nach oben“, sagt Alfred Roelli, Anlagestratege der Privatbank Pictet.

Inflation frisst Tagesgeld

Die richtige Mischung - Die Zutaten sind für ein krisenfestes Depot entscheidend

Dennoch ist es auch jetzt nicht ratsam, auf Aktien ganz zu verzichten und nur auf Tagesgeld zu setzen. Zwar fallen derzeit die offiziellen Inflationsraten. Doch das dürfte sich schnell ändern: Die Notenbanken pumpen Geld wie noch nie. In der Wirtschaft kommt es noch nicht an, weil die Banken es absorbieren, um ihre Bilanz-Löcher zu stopfen. „Aber wenn die Konjunktur anspringt, müssen die Währungshüter schnell reagieren und das viele Geld wieder abschöpfen, sonst droht galoppierende Inflation“, sagt Eberhard Unger, Volkswirt bei Fairesearch. Selbst wenn dieses Kunststück gelingt, rechnen Experten noch mit Inflationsraten von über fünf Prozent in den kommenden Jahren.

Wer sein Geld trotz niedriger Zinsen nur auf dem Konto bunkert, hat keine Chance auf Gewinne und läuft dazu Gefahr, bei hoher Teuerung mit weniger Kaufkraft dazustehen, also Vermögen zu verlieren. „Die Gefahr einer Inflation von großem Ausmaß bleibt, daher muss der Anleger eine Versicherung dagegen besitzen“, schrieb Investor Benjamin Graham schon 1949 – und empfahl Anlegern, ihr Geld je zur Hälfte auf das Bankkonto oder in Anleihen, zur anderen Hälfte aber in Aktien zu stecken. Grahams Ideen werden seit über 50 Jahren getestet – allen voran von seinem Schüler Warren Buffett. Mit 37 Milliarden Dollar ist der heute der zweitreichste Mann der Welt – ein Jakob Fugger der Neuzeit.

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Krisenmetall Gold

Es bringt zwar keine Zinsen, bietet aber den besten Inflationsschutz. Da es im Gegensatz zu Papiergeld nicht vervielfältigt werden kann, behält es – gemessen an seiner realen Kaufkraft – schon seit Jahrhunderten seinen Wert. So konnte man 1890 für den Gegenwert einer Unze, damals etwa 30 Reichsmark, einen guten Anzug kaufen; heute (Gegenwert der Unze knapp 700 Euro) kann man das noch immer. Rund zehn Prozent Gold dürfen Anleger daher als Katastrophenschutz ihrem Depot beimengen.

Welche Aktien?

Öl- und Bergbauwerte sind wegen des starken Einbruchs der Rohstoffpreise seit 2008 derzeit noch günstig zu haben; mit Papieren wie BHP Billiton oder Total haben Anleger einen Fuß in der Tür. Erholt sich die Konjunktur, dürften die Rohstoffpreise anziehen. Von globalen Konjunkturprogrammen, die laut Weltbank ab Mitte 2010 wirken sollen, dürften Anlagenbauer wie Siemens, ABB und Alstom profitieren. Aktien von schuldenfreien Unternehmen mit stabilem Geschäft wie die des Schweizer Nahrungsgiganten Nestlé und des US-Internet-Ausrüsters Cisco stabilisieren das Depot. Denn klar ist auch: Anleger, die jetzt Aktien kaufen, müssen zwischenzeitliche Verluste einkalkulieren. Zwar rechnet niemand mehr mit einer Halbierung der Kurse wie 2008. Doch „im Moment sind die Kurse der konjunkturellen Realität schon wieder etwas davongelaufen; kurzfristig sind noch mal Enttäuschungen drin“, sagt Unger.

Zinsen aus der Industrie

Luca Pesarini

Ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis zwischen Aktien und Bargeld bieten nach wie vor Unternehmensanleihen. Der Investor bekommt Zinsen und am Ende einer festen Laufzeit das investierte Kapital zurück. Zwar sind die Kurse von Firmenanleihen seit dem Tief vom November bereits deutlich gestiegen. Doch mit Anleihen solider Unternehmen wie Linde, Evonik oder ThyssenKrupp lassen sich bei moderatem Risiko noch immer Renditen von bis zu sieben Prozent pro Jahr erwirtschaften – fünf Prozentpunkte mehr als mit Festgeld. Mindestens ein Viertel des Vermögens sollten Anleger in Unternehmensanleihen guter Qualität investieren. Eine Streuung auf etwa zehn Werte ist sinnvoll; denn bei Insolvenz eines Emittenten wäre das investierte Geld teilweise verloren. Die Durchschnittslaufzeit des Anleihedepots sollte fünf Jahre nicht überschreiten; denn wenn die Zinsen mit der Inflation wieder steigen, würden Unternehmen neue Anleihen mit höheren Zinsen anbieten.

Strategie für Nichtstuer

Wer gar nichts tun, aber doch sein Geld nicht auf dem Tagesgeldkonto versauern lassen will, sollte die Anlageaufteilung einem guten Manager überlassen und in Mischfonds investieren. Die WirtschaftsWoche hat drei Profis ausgewählt. Sie haben die Krise gemeistert und mindestens fünf Jahre gute Ergebnisse erzielt. Zudem konnten sie bereits von Kursgewinnen 2009 profitieren. Hauptgrund ihres Erfolgs ist die kluge Anlageaufteilung. Die können sie durchziehen, weil sie unabhängig sind: Anders als Manager großer Fondsgesellschaften fahren sie den Aktienanteil notfalls radikal herunter.

Der optimale Mischfonds mehrt das Vermögen ohne große Wertschwankungen und Kosten — aber auch ohne das Versprechen einer dauerhaft zweistelligen Rendite. „Fünf bis sechs Prozent pro Jahr halte ich jetzt für angemessen, denn dafür muss ich keine unkalkulierbaren Risiken eingehen – und die Anleger können entspannen“, sagt Mischfondsmanager Luca Pesarini.

Entspannen bei der Geldanlage: Für die meisten Anleger klingt das so realistisch wie Spaß an der Steuererklärung. Doch ausgeschlossen ist beides nicht – wenn die Mischung stimmt und später womöglich satte Spekulationsgewinne eingetragen werden können.

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