US-Präsidentschaftswahl Kampf der Geschlechter

Die USA könnten 2009 erstmals von einer Frau regiert werden - wenn die demokratische Bewerberin Hillary Clinton im Wahlkampf als Mann auftritt. Doch die irrationale Mann/Frau-Debatte überdeckt die wichtigste Frage: Wäre sie eine gute Präsidentin?

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Hillary Clinton will ins Weiße Haus einziehen. Quelle: ap

WASHINGTON. So greifbar nah wie 2008 standen die USA noch nie vor der Wahl einer Frau ins Weiße Haus. Denn die einzige weibliche Bewerberin bei den Demokraten, Hillary Clinton, hat die besten Aussichten, auch als deren Spitzenkandidatin ins Rennen geschickt zu werden. Und hält der Rückenwind, den die Demokraten seit Monaten genießen, bis zum Herbst 2008 an, könnte die New Yorker Senatorin tatsächlich die erste Präsidentin in der Geschichte der USA werden.

Zweimal zuvor gab es ernsthafte Versuche, die Männerdomäne Weißes Haus zu erobern. Zum einen 1984, als Geraldine Ferraro auf dem Ticket des demokratischen Bewerbers Walter Mondale als Vizepräsidentin kandidierte. Mondale und Ferraro, die einen New Yorker Distrikt im Kongress vertrat, fielen jedoch klar gegen Ronald Reagan durch.

Seitdem versuchte nur noch eine Frau, in den Kampf um die US-Präsidentschaft einzugreifen: Elizabeth Dole, Senatorin aus North Carolina, erhob 1999 Ansprüche auf die Nominierung ihrer republikanischen Partei. Doch noch bevor im Jahr 2000 die ersten Vorwahlen stattfanden, gab Liz Dole auf. Zu schleppend flossen die Spenden für ihren Wahlkampf. Dies hatte vor allem damit zu tun, dass die "Grand Old Party" von einem weiblichen Kandidaten nicht überzeugt war.

Ein wirklich hohes Amt in der staatlichen Hierarchie hält seit rund einem Jahr nur Nancy Pelosi als Sprecherin des Repräsentantenhauses. Formal ist sie nach Präsident George W. Bush und dessen Vize Dick Cheney die Nummer drei in der Rangfolge. Allerdings: Pelosi wurde nicht direkt in ihr Amt gewählt, sondern von den Kongressabgeordneten ihrer demokratischen Partei.

Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren daher die Frage diskutiert, ob die USA denn überhaupt reif seien für eine Frau an der Spitze des Staates. An Hillary Clinton entzündet sich diese Debatte diesmal schärfer denn je. Dabei geht es nicht nur darum, dass ihr als Frau die bekannten Vorbehalte begegnen. Mehr noch steht sie in der Kritik, weil ihr zuweilen jene Eigenschaften abgesprochen werden, die man von Frauen üblicherweise erwartet: Emotionen, Wärme, femininer Charme.

Clinton, die im privaten Umgang als durchaus einnehmende Persönlichkeit beschrieben wird, hat in der Tat bislang eine Kampagne geführt, die eher von Nüchternheit und bestenfalls von gut einstudierten Gefühlsausbrüchen geprägt war. In der Sache machte sich Clinton durch diesen Wahlkampfstil bislang wenig angreifbar. Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie spiele die Geschlechterkarte, gibt sich Hillary Clinton im Grunde männlicher, als sie ist.

Angesichts der überwältigenden männlichen Konkurrenz ist dies eine Strategie, die in gewisser Weise verständlich ist. Als sie einmal im Wahlkampf von den "boys" sprach, die auf sie einschlügen, und damit die männlichen demokratischen Bewerber ihrer Partei meinte, wurde ihr dies postwendend vorgehalten. Seither hält sie sich mit Kommentaren zurück, die interpretiert werden könnten, als beanspruche sie für sich einen Frauenbonus. Die Kehrseite aber ist: Hillary Clinton unterdrückt viel von den positiven weiblichen Faktoren, die sie ins Spiel bringen könnte. Aus Selbstschutz tritt die 60-Jährige an wie ein Mann - und beraubt sich vieler Chancen.

Wie bizarr die Mann/Frau-Debatte in den USA zuweilen geführt wird, zeigt ein Blick auf die zahlreichen Einlassungen, die sich dazu in Internet-Foren finden. Die Kritiker beginnen ihre Ablehnung von Hillary Clinton in der Regel damit, dass sie feststellen, grundsätzlich nichts gegen Frauen an sich zu haben. Dann allerdings werden immer wieder Argumente hervorgeholt, die rein gar nichts mit den Inhalten der Clinton´schen Politik zu tun haben.

So argumentiert etwa ein gewisser Ken Taylor auf der Webseite "Die Lügen der Liberalen, die Wahrheit der Konservativen" damit, dass die amerikanische Verfassung stets von "er" oder "ihm" spreche, wenn sie sich auf das Präsidentenamt beziehe. Damit werde deutlich, dass bereits die Verfassungsväter stets einen Mann im Sinn gehabt hätten, als sie die Aufgaben des Präsidenten beschrieben. Durch die Tatsache, dass es zur Zeit der Niederlegung der Verfassung im Jahr 1787 noch nicht einmal ein Frauenwahlrecht gegeben hat, sieht er sich gar noch bestätigt - ohne daraus etwa abzulesen, dass der gesellschaftliche Geist vor 220 Jahren eben ein anderer war.

Umgekehrt allerdings neigen auch manche Hillary-Fans zu eher holzschnittartigen Betrachtungsweisen. Ihre Unterstützer behaupten immer wieder, es sei nun einfach höchste Zeit für eine Frau in diesem Amt - obwohl ein solch geschlechtsspezifisches Merkmal in einer Demokratie wahrlich kein Qualitätsausweis sein dürfte. Doch genau die Irrationalität der Debatte lenkt immer wieder davon ab, worum es eigentlich geht: um die Frage, ob Hillary Clinton eine gute Präsidentin wäre oder nicht.

Termine, Termine

So dicht drängten sich die Termine im Präsidentschaftswahlkampf noch nie:

Anfang Februar werden über die Hälfte der US-Bundesstaaten Vorwahlen abgehalten haben. Damit könnten so früh wie nie zuvor die Spitzenkandidaten der beiden großen Parteien feststehen.

Den Auftakt am 3. Januar macht Iowa, es folgen New Hampshire, Michigan, Nevada, South Carolina und Florida. Am sogenannten "Tsunami-Tuesday", am 5. Februar, stimmen die Parteigänger von Demokraten und Republikanern in über 20 Bundesstaaten ab.

Bei den Vorwahlen geht es darum, möglichst viele Delegierte zu gewinnen, die dann bei der "Convention" im Sommer den Spitzenkandidaten nominieren. Zwar haben Iowa und New Hampshire nicht viele Wahlmänner - doch wer am Anfang vorn liegt, darf für die folgenden Wahlen auf große Dynamik hoffen.

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