Das extreme Sodbrennen löste solche Brustschmerzen aus, dass der Mitarbeiter vor dem Bildschirm zusammensackte. Der Vorfall im Juli 2008 hätte beinahe zu einer Katastrophe geführt. Der ausgepowerte Mann war nämlich der einzige Lotse im Flugkontrollzentrum von Reno im US-Bundesstaat Nevada. Nur weil sein Ausfall rechtzeitig bemerkt wurde, konnte Schlimmeres vermieden werden.
Stressbedingte Ausfallerscheinungen wie dieser Extremfall sind gar nicht so selten. Laut dem „Stressreport Deutschland“ der Bundesregierung hat sich „die psychische Belastung auf hohem Niveau eingependelt“. Die Zahl der Burnout-Betroffenen beträgt laut Robert-Koch-Institut vier Prozent der deutschen Erwachsenen – bei etwa 53 Millionen Erwachsenen zwischen 19 und 69 Jahren wären das immerhin gut zwei Millionen Betroffene.
Stress hat viele Ursachen
Die größten Stressfaktoren sind bekannt: starker Termin- und Leistungsdruck, der Zwang zum Multitasking, Störungen und Monotonie bei der Arbeit. Gut die Hälfte der Arbeitnehmer leidet unter diesen Belastungen. Dabei wirken je nach Alter die einzelnen Aspekte unterschiedlich stark. Während junge Arbeitnehmer sich am häufigsten über befristete Arbeitsverhältnisse und monotone Tätigkeiten beklagen und die mittlere Altersgruppe vom Multitasking und Termindruck gestresst wird, vermissen ältere Beschäftigte in ihren letzten Arbeitsjahren häufig Hilfe und Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte.
„Das größte Problem der Angestellten ist die meist sehr lange Zeit körperlicher Inaktivität durch ständiges Sitzen. Dieser Risikofaktor führt in erster Linie zu Rücken- und Schulter-Nackenbeschwerden“, beobachtet Ingo Froböse, Professor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule in Köln. „Häufig sind eine falsche, einseitige Sitzhaltung oder ein nicht ergonomisch eingerichteter Arbeitsplatz der Grund für Muskelverspannungen in den Schultern, die sich dann in den Nackenbereich ausweiten“, sagt Beate König, Sportwissenschaftlerin und Ernährungsberaterin im Münchner Fitnessverbund.
Eine ungesunde Sitzhaltung kann beispielsweise durch einen seitlich zum Sitz aufgestellten PC oder eine zu kleine Schriftgröße verursacht werden. In solchen Fällen lässt sich das Problem durch einfache Handgriffe lösen. Und auch eine auf den Arbeitsplatz abgestimmte Brille kann Kopfschmerzen und Verspannungen entgegenwirken.
Verspannungen an der Schulter sind aber auch oft die Folge des Telefonierens mit gleichzeitigem Protokollieren. Weil die Schreibhand während des Telefonats für die Erstellung von Notizen eingesetzt wird, klemmen viele Angestellte das Telefon während des Gesprächs zwischen Kopf und Schulter. Auch in diesem Fall lässt sich eine Fehlstellung und das damit verbundene Gesundheitsrisiko einfach vermeiden: Mit der Anschaffung und dem Einsatz eines Headsets.
Übungen und Organisation wirken vorbeugend
Andere Stressauslöser wie Zeit- und Arbeitsdruck lassen sich nicht ganz so einfach beseitigen – aber durch vorbeugende Maßnahmen zumindest begrenzen. Dagegen hilft ein konsequentes Zeitmanagement.
Das Eisenhower-Prinzip, benannt nach dem US-Präsidenten, hilft, Aufgaben nach Dringlichkeit und Bedeutung einzuordnen und abzuarbeiten: Dringende und wichtige Aufgaben werden sofort selbst erledigt. Dringende, aber weniger wichtige Aufgaben möglichst an Mitarbeiter delegiert. Und wichtige, aber nicht dringende Aufgaben terminiert und später selbst erledigt. Die restlichen Aufgaben wandern in den Papierkorb. Es gilt: Wer Unangenehmes zuerst wegarbeitet, hat einen angenehmeren Bürotag.
Wenn sich Stress nicht ganz vermeiden lässt, so lässt sich doch die eigene Widerstandskraft stärken. Wer Rauchen und Alkohol meidet, ist weniger anfällig. Oft hilft auch, sich klare Grenzen zu setzen, nach dem Bürotag abzuschalten und nicht mehr an die Arbeit zu denken sowie ausreichend zu schlafen. Vor allem aber sind Mitarbeiter, die regelmäßig Sport treiben, widerstandsfähiger gegen Stress.
Vier Lockerungsübungen für den Arbeitsplatz
Die Schultern beim Einatmen nach vorn nehmen, dann zu den Ohren anheben, nach hinten und weiter nach unten bewegen und dabei ausatmen. Das, mehrfach wiederholt, lockert den Schultergürtel. Dabei sollten die Arme hängen und die Hände entspannt auf den Oberschenkeln liegen. Führt man die Übung im Stand aus, sollte man entspannt und mit leicht gebeugten Knien stehen, die Arme hängen locker seitlich herab.
Der Kopf neigt sich nach rechts zur rechten Schulter. Gleichzeitig wird die linke Schulter sanft nach unten gedrückt. Den idealen Dehnungspunkt findet man, indem man das Kinn leicht dreht, bis man eine angenehme, aber deutliche Dehnung in der Hals- und Nackenmuskulatur verspürt. Diese etwa 20 Sekunden halten, dann den Kopf nach dem gleichen Muster zur linken Seite neigen. Wiederholen!
Der Kopf dreht beim Einatmen nach rechts, der Blick folgt über die rechte Schulter. Der Kopf schwenkt nun über vorn – Kinn senkt sich Richtung Brustkorb – weiter zur linken Schulter. Die Augen folgen der Bewegung und der Atem folgt im eigenen Rhythmus. Der Kopf kreist fünf bis zehn Mal von einer Seite zur anderen Seite.
Die Arme nach oben strecken und wieder senken. Dies mehrfach wiederholen. Danach die Arme lang gestreckt vor sich auf den Schreibtisch legen, mit dem Stuhl zurückrollen. 20 bis 30 Sekunden halten. Schultern und Rücken werden dadurch gedehnt.
„Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, fünfmal die Woche 30 Minuten körperlich aktiv zu sein. Darüber hinaus sollten auch im Alltag verteilt stündlich kleine Bewegungspausen die Inaktivität unterbrechen“, rät Froböse. Auch im Büroalltag helfen Abwechslungen zum ständigen Sitzen. Telefonate etwa lassen sich prima im Stehen führen.