Während der Vorbereitung auf eine dieser Auktionen kam er 2013 auf die Idee, eine Online-Plattform aufzubauen, auf der ausgewählte Auktionshäuser und Galerien sorgfältig selektierte Kunstobjekte anbieten können – mit Informationen zu den Künstlern und Interviews mit Sammlern. „Wir wollen den Kunden transparent machen, welche etablierten Sammler welche Künstler kaufen“, erläutert Seldeneck, „dieses Prinzip nennen wir Curated Collecting – kuratiertes Sammeln.“
Seine Frau Alice, die ebenfalls bei Lempertz arbeitet, war sofort Feuer und Flamme. Also gründeten die beiden im vergangenen Jahr das Unternehmen Jay Art und gaben noch kurz vor Weihnachten mit einer großen Party den Startschuss für die Kunst-Plattform Artusiast.
„Job und Startup gleichzeitig ist natürlich eine Herausforderung“, sagen die Seldenecks, Eltern zweier Kleinkinder. Deshalb stellte er früh einen Geschäftsführer ein, der sich um das operative Geschäft kümmert. Das blühte schnell auf: Inzwischen finden sich rund 300 Objekte auf der Plattform, darunter Raritäten wie ein vergoldeter Deckelhumpen aus dem Jahr 1705 für 9.150 Euro oder ein Tee-Set des Künstlers Roy Lichtenstein für 13.000 Euro. „Uns war immer klar, dass wir das Startup nur nebenbei machen, auch wenn es gut läuft“, sagt Seldeneck, „zumal unser Arbeitgeber von unseren Erfahrungen im Netz profitiert und die Plattform selbst nutzen kann.“
Nicht alle Arbeitgeber reagieren allerdings so entspannt, wenn ihre Angestellten neben dem Job ein eigenes Unternehmen aufbauen wollen – insbesondere dann, wenn Mitarbeiter mit einer eigenen Geschäftsidee in Konkurrenz zu ihrem Unternehmen treten. „Jeder Arbeitnehmer hat Treuepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber“, sagt Katharina Müller, Expertin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Osborne Clarke in Köln. „Dazu gehört beispielsweise, Wettbewerb im laufenden Arbeitsverhältnis zu unterlassen. Wer dagegen verstößt, riskiert eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung.“
Tipps
Arbeitgeber dürfen den Gründergeist ihrer Angestellten nicht nach Belieben bremsen: Wer hauptberuflich einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungnachgeht, darf sich nebenher selbstständig machen, wenn er auf Folgendes achtet: „Wenn Interessen des Arbeitgebers berührt werden oder es im Arbeitsvertrag vereinbart ist, muss er grundsätzlich über die Nebentätigkeit informiert werden“, sagt Arbeitsrechtlerin Katharina Müller von der Kanzlei Osborne Clarke. Allerdings kann der Arbeitgeber die Genehmigung nur aus „dringenden betrieblichen Gründen“ untersagen. Etwa wenn die Arbeit unter der Selbstständigkeit merklich leidet oder die gesetzliche Arbeitszeit von täglich acht beziehungsweise 48 Stunden wöchentlich dauerhaft überschritten wird.
Müller rät grundsätzlich dazu, die Nebentätigkeit mit dem Arbeitgeber abzusprechen – auch dann, wenn das nicht explizit im Arbeitsvertrag vorgeschrieben ist (siehe oben). „Wer die Nebentätigkeit anzeigt, vermeidet Streit“, sagt die Arbeitsrechtlerin. Und hat womöglich auch bessere Karten, wenn er später seine Arbeitszeit reduzieren will, um mehr Zeit für das eigene Unternehmen zu haben.
Den Chef einweihen
Für Cevahir Ejder hat es sich ausgezahlt, seinen Chef von Anfang auf dem Laufenden zu halten. Als er vor drei Jahren sein eigenes Unternehmen in Angriff nahm, arbeitete er als Art Director in einer Bonner Agentur, die sich auf die Gestaltung und den Versand von Newslettern spezialisiert hat – tagsüber. Abends und nachts saß er an einem kleinen Schreibtisch in der Ecke seines Schlafzimmers und feilte an seinem Unternehmen: eine Online-Plattform namens Rankseller.