Intrigen Hinterlistige Machtspiele im Büro

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Ein Komplott kann das eigene Leben zerstören Quelle: Gernot Krautberger/Fotolia

Prominentes Beispiel: Dominique de Villepin. Der französische Ex-Premier habe eine Verleumdungskampagne gegen Nicolas Sarkozy gestartet, hieß es. Villepin wurde 2009 vor Gericht beschuldigt, gefälschte Listen einer Luxemburger Bank weitergegeben zu haben. In diesen Listen tauchten Konten auf, über die Schmiergeld für Rüstungsgeschäfte gezahlt wurde. Angeblicher Profiteur dieser Geschäfte: der derzeitige Premierminister Sarkozy.

Erst galt Villepin als Fälscher dieser Listen, dann nur noch als der, der sie weitergegeben hatte, dann als der, der davon wusste und nichts unternahm. Schließlich wurde er freigesprochen, und Sarkozy, das ursprüngliche Opfer, stand nun im Verdacht, mit dem Prozess Rache an einem Rivalen üben zu wollen. Eine Intrigengeschichte mit Potenzial für viele Fortsetzungen, mindestens bis 2012; denn dann wird der Staatspräsident neu gewählt.

Intriganten sind ganz normale Menschen, allerdings sehr häufig Männer. Statistisch gesehen ist die Intrigenkompetenz bei Frauen geringer. Denn Frauen neigen weniger dazu, strategisch vorzugehen; sie spekulieren weniger auf einen zukünftigen Nutzen. Außerdem haben Frauen mehr moralische Skrupel, was ihre Lust, Intrigen zu spinnen, eindämmt.

Nicht, dass Frauen die besseren Menschen wären. Ihre Machtstrategien sind nur meist andere als die von Männern: Machtstrategien, die weniger Planung benötigen, aber mehr Emotionen. „Listen der Ohnmacht“ nannten Claudia Honegger und Bettina Heintz ihr Buch und die Strategien der Frauen. Das macht sie möglicherweise aber auch zu leichteren Opfern: Wer weniger geübt ist, strategisch zu planen, wird in der Gegenwehr Nachteile haben.

Intriganten sind eher strategisch denkende Menschen

Generell sind Intriganten eher strategisch denkende Menschen. Intrigen erfordern eine komplexe Strategie. Intriganten schauen dabei nicht nur sachlich auf die Fakten, sondern auch auf die emotionale Seite. Sie haben eine hohe soziale Kompetenz, das heißt, sie beherrschen die entsprechenden Techniken. Denn um Intrigen zu schmieden, muss man sich in andere hineinversetzen können, ihre möglichen Motive, Gefühle und Gedanken entschlüsseln – die der Opfer wie die der möglichen Verbündeten. Und Letztere muss man überzeugen, dass sie mitmachen.

Die meisten Intriganten haben daher eine ausgeprägte Fähigkeit, die Figuren in ihrem Spiel klug auszuwählen, die Rolle des Opfers und der Verbündeten optimal zu besetzen. Kein Mafiaboss macht die Drecksarbeit selbst, auch der Graf von Monte Christo griff nicht selbst zum Dolch.

Zwar sind Auftragskiller bei Intrigen selten, aber Aufträge werden durchaus vergeben – an Verbündete, an Menschen, die mit am selben Strang ziehen. Die sind verlässlicher, weil es ihnen nicht nur um das Geld geht und sie im Zweifelsfall nicht untertauchen können. Fernab jeder Funktion treffen sich hier häufig Menschen auf Augenhöhe, mit dem einzigen Unterschied, dass einer der Anzettelnde ist. So wie in einer weiteren Intrige, die HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher anstieß – gegen seinen ungeliebten Vorstandskollegen Frank Roth, der als Maulwurf enttarnt werden sollte.

Gemeinsam mit dem Chefjustiziar stellt ihm Nonnenmacher im Februar 2009 eine Falle: Sie verschicken als vertraulich gekennzeichnete Unterlagen an jedes Vorstandsmitglied. Die Dokumente sind jedoch individuell präpariert. Tauchen sie außerhalb der Bank wieder auf, lässt sich das Leck eindeutig identifizieren. Tatsächlich landet wenig später ein anonymer Umschlag aus London, angeblich aus der Redaktion des „Guardian“, wieder bei der Bank – es ist die Kopie der ersten Seite des Dokuments, das Nonnenmacher seinem Kollegen Roth gab. Drei Wochen später stellt die Bank Strafanzeige gegen Roth, im April schickt sie ihm die außerordentliche Kündigung.

Doch die Staatsanwälte macht die „auffällige Häufung der belastenden Indiztatsachen“ ebenso stutzig wie die Umstände, unter denen das Papier zur Bank zurückkam. „Bemerkenswert“ erschien den Anwälten, dass ausgerechnet das für Roth markierte Papier auftauchte. Das Fazit der Strafverfolger: Roth sei „nach der Methode des Spurenlegens Opfer einer Falschbezichtigung geworden“.

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