
Seit mehr als zwölf Jahren sitzt Gerhard Cromme mittlerweile im Aufsichtsrat von Siemens. Geht es nach der Corporate-Governance-Kommission der Bundesregierung soll ein derartiges Dauermandat, wie es der einst mächtige Chef der Stahlikone ThyssenKrupp innehat, künftig nicht mehr möglich sein. Die Organisation, die über die Einhaltung von rechtlichen und ethischen Standards in börsennotierten Unternehmen wacht, fordert die Einführung einer Höchstdauer, die Amtszeit von Aufsichtsräten zeitlich begrenzt.
„Wir haben in den Aufsichtsräten tendenziell eine Altersstruktur, die nicht sehr wünschenswert ist“, sagt Manfred Gentz, Vorsitzender der Corporate-Governance-Kommission. Zwar steigt die Expertise eines Aufsehers an, je länger er im Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzt. Aber: „Eine Begrenzung der Amtszeit von Aufsichtsräten bringt frische Blickwinkel und neue Impulse ins Unternehmen“, sagt Gentz. Derzeit stünden langdienende Aufsichtsräte der stetig notwendigen Erneuerung der Gremien im Weg.





Anhäufung von Ämtern soll unterbunden werden
Die pauschale Festlegung einer Höchstdauer lehnt die Corporate-Governance-Kommission aber ab. Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft soll demnach selbst definieren, wie lange ein Aufseher maximal sein Amt ausüben darf. Diese Regelung habe den Vorteil, dass sie die unterschiedliche Komplexität der Unternehmen berücksichtigt, argumentiert die Regierungskommission, der Vertreter von Dax-Unternehmen, Gewerkschaften, Wirtschaftsprüfern, Investoren und Privatanlegern angehören.





Aufgrund der steigenden Anforderungen soll der Aufsichtsrat potenziellen Kandidaten für die Wahl in das Kontrollgremium zudem vorab mitteilen, wie viel Zeit sie aufwenden müssen, um das Mandat wahrzunehmen. Dadurch soll nicht zuletzt die Anhäufung von Ämtern unterbunden werden. Denn Aufsichtsratsmandate sind begehrt. Im Schnitt verdient ein ordentliches Mitglied in einem Kontrollgremium eines Dax-Konzerns mehr als 100.000 Euro im Jahr – Top-Aufsichtsräte sogar deutlich mehr.
Regeln sind rechtlich nicht bindend
Immer wieder stellt sich die Frage, ob sich Multiaufsichtsräte, wie Ulrich Lehner, der mit rund 2,2 Millionen Euro Jahresgehalt höchstdotierte Aufsichtsrat Deutschlands, verzetteln, wenn sie so viele Aufgaben wahrnehmen. Lehner leitet immerhin die Kontrollgremien von Deutscher Telekom und ThyssenKrupp, gehört dem Gesellschafterausschuss von Henkel an und hat noch Mandate beim Energieriesen E.On und dem Sportwagenbauer Porsche.
Um das Phänomen Multiaufsichtsräte einzudämmen, fordert die Corporate-Governance-Kommission zudem Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften öffentlich zu brandmarken, wenn sie mehr als die Hälfte der Aufsichtsratssitzungen schwänzen. Konkret soll im Bericht des Aufsichtsrats festgehalten werden, wenn ein Aufsichtsratsmitglied die zeitlichen Erwartungen nicht erfüllt.
Eine Mandats-Obergrenze will die Kommission aber nicht vorgeben. Es gelte weiterhin die Empfehlung, dass zumindest aktive Vorstände nicht mehr als drei Aufsichtsratsmandate wahrnehmen sollten.
Anfang Mai will die Kommission entscheiden, ob die angedachten Vorschläge umgesetzt werden. Die Regeln des Corporate Governance Kodex sind rechtlich nicht bindend. Aber sollten Aktiengesellschaften einzelne Punkte nicht einhalten, müssen sie dies begründen.