Der Teamleiter sitzt in München, ein Teil seiner Mitarbeiter in London und Tokio, weitere arbeiten vorübergehend an einem Auftrag in Rio. Solche Konstellationen gehören heute zum Alltag globaler Unternehmen. Wer ein solches multikulturelles Team leitet, kann aus dem Vollen schöpfen: ein weites Spektrum von Sichtweisen, Kenntnisse und Fähigkeiten bereichern jede Arbeit an gemeinsamen Projekten. Ebendiese Vielfalt kann aber auch die Kommunikation untereinander erschweren und den sozialen Zusammenhalt untergraben. Entstehen erst einmal Spannungen, verhindern die schnell, dass ein Team sein volles Potenzial und das gewünschte Ziel erreicht. Kulturelle Vielfalt kann sich als Segen, aber auch als Fluch erweisen.
Eine Führungskraft in einem multikulturellen Team sollte bestimmte kritische Eckpunkte beachten, um Mitarbeiter erfolgreich durch fordernde Situationen lenken zu können.
1. Als Team Leader fällt Ihnen eine doppelte Verantwortung zu: Sie sollen jedes Projekt erfolgreich zum Ziel begleiten und gleichzeitig sicherstellen, dass sich jeder Mitarbeiter in seiner Aufgabe wiederfindet. Neben der Projektplanung sollten sie daher auch eine klare Agenda dafür haben, wie Sie Ihr Team entwickeln wollen.
2. Entscheidend ist, dass sich alle Teammitglieder kennen. Wenn sie in einem virtuellen Team arbeiten, also an unterschiedlichen Standorten und womöglich auch noch in unterschiedlichen Zeitzonen, hilft ein persönliches Auftakt-Meeting enorm. Für eine persönliche Begegnung aller Mitarbeiter gibt es keinen Ersatz. Die Anknüpfungspunkte die hier entstehen, bereichern alle späteren Kontakte. Denn nur wenn sie sich gegenseitig vertrauen, sind Teamkollegen auch bereit, ihr Wissen miteinander zu teilen. Fehlt dieser Austausch, entsteht schnell ein giftiger Cocktail von vorschnellen Fehlinterpretationen, Missverständnisse und Konflikten. Falsche Erwartungen an die Kollegen torpedieren das gemeinsame Ziel.
3. Erst wenn Sie als Führungskraft einen Rahmen schaffen, in dem alle Mitarbeiter den Wert jedes Teammitglieds erkennen, zahlen die Kompetenzen der Einzelnen auf das Gesamtergebnis ein. Aus den individuellen Beiträgen entsteht ein gemeinsamer "Wissens-Pool", der nun beständig wächst. Das Team als Ganzes entwickelt darüber hinaus eine eigene, neue Kompetenz: Das Wissen darüber, wer im Team was genau kann bzw. weiß, erhält ein eigenes Momentum. Wenn Sie diese drei Wissensquellen gut managen, wachsen Ihrem Projekt Flügel.
4. Behalten Sie die Machtdynamik im Auge! Gehört zu dem Team beispielsweise eine größere Gruppe mit ähnlichem kulturellen Hintergrund, die deshalb die gemeinsame Arbeit dominiert? Achten Sie auch darauf, welche unausgesprochenen Wertevorstellungen und Annahmen bei den einzelnen Mitgliedern bestehen – z.B. subjektive Vorstellungen von Überlegenheit und Unterlegenheit aufgrund der Wirtschaftskraft einer Herkunftsregion.
Kulturelle Intelligenz schärfen
5. In allen Phasen der Zusammenarbeit stellt Kommunikation den Schlüssel dar. Da aber Kommunikationsformen und -stile sehr variieren können, muss die Führungskraft zunächst vorsichtig moderieren, um Fehlinterpretationen von kulturellen Gepflogenheiten vorzubeugen. So äußern etwa Menschen aus individualistischen Kulturen (z.B. USA oder Niederlande) eher ihre eigene Meinung als Menschen aus kollektivistischen Kulturen (z.B. China oder Mexiko). Auch die Furcht vor Gesichtsverlust ist in kollektivistischen Gesellschaften stärker ausgeprägt.
Sorgen Sie dafür, dass alle im Team diese kulturellen Unterschiede verstehen und somit wissen, dass ein "befremdlicher Kommunikationsstil" nichts mit persönlichen Charakterzügen des Einzelnen zu tun haben muss.
6. Als Führungskraft sind Sie auch für Konflikte und Emotionen im Team verantwortlich. Diese Aufgabe fordert Sie heraus, insbesondere in virtuellen Teams. Menschen aus unterschiedlichen Kulturen reagieren nämlich nicht auf dieselben Reize emotional und auch nicht in derselben Vehemenz. Auch zeigen sie ihre Emotionen unterschiedlich. Japaner beispielsweise, lächeln oft auch dann, wenn sie wütend sind. Wappnen Sie sich mit dem notwendigen kulturellen Wissen und öffnen Sie die Kommunikationskanäle, damit Sie mitbekommen, wenn Emotionen im Team eine negative Dynamik entwickeln.
7. Jedes Projekt braucht ein ausgefeiltes System von Kontrolle und Rückmeldung, damit das Team auf Kurs bleibt. Insbesondere bei Teams, die auf unterschiedliche Standorte verteilt sind, besteht immer die Gefahr, dass sich einzelne Mitarbeiter entziehen. Dies beschädigt das Vertrauen untereinander und schwächt die Gesamtleistung des Teams. Deshalb hilft es allen, wenn Sie als Führungskraft verstehen, welche Art von Feedback wen motiviert. Menschen aus individualistischen Gesellschaften z.B. bevorzugen persönliche Rückmeldungen, während Menschen aus kollektivistischen Kulturen Feedback lieber in der Gruppe entgegennehmen.
8. Sie sollten einen Führungsstil entwickeln, der dem ganzen Team gerecht wird. Fahren Sie zweigleisig: Führen Sie jedes einzelne Teammitglied und erstellen Sie gleichzeitig klare Regeln für das gesamte Team.
9. Arbeiten Sie an Ihrer kulturellen Intelligenz! Je besser Sie die Gepflogenheiten und Besonderheiten verschiedener Kulturen kennen, desto leichter erkennen Sie, welche Probleme im Team durch seine kulturelle Vielfalt entstehen.
10. Eine verbindliches Rezept für den Umgang mit multikulturellen Teams gibt es leider nicht, denn jedes Team ist in seiner Konstellation einzigartig. Gestehen Sie sich deshalb zu, dass Sie in Ihrer Position flexibel reagieren und jeden Tag neu dazu lernen müssen. Mit Offenheit und Lernbereitschaft führen Sie Ihr Team schneller zu nachhaltigen Erfolgen.