Buchtipps der Redaktion Diese Bücher sind einen Blick wert

Von Atlas über Erfahrungsbericht bis hin zu Roman: Die WirtschaftsWoche-Redaktion empfiehlt ihre Lieblingsbücher – als Last-Minute-Geschenk oder zum selber lesen.

Empfehlung von Christina Hollender, Senior-Social-Media-Managerin:Als die Zeitung, bei der sie arbeitet, verkauft wird, nimmt Emily Guendelsberger einen Job in einem Amazon-Versandzentrum in Kentucky an. Dort ziehen sich Mitarbeiter umsonst Schmerzmittel aus Automaten, um ihre Schicht zu überstehen. Im Anschluss arbeitet Guendelsberger in einem Callcenter in North Carolina, in dem sogar Toilettenpausen auf die Sekunde genau aufgezeichnet werden. Schließlich steht sie bei einem McDonald's in San Francisco hinter der Kasse, wo sie von Kunden mit Essen beworfen wird. “On The Clock” ist ein packendes Stück Investigativjournalismus, das aufzeigt, wie sich Niedriglohnjobs (in denen immerhin über ein Drittel der Menschen in den USA derzeit arbeiten) hin zu mehr Produktivität, mehr Effizienz und mehr Profit gewandelt haben. (Achtung: Leser sollten sich nicht an der etwas offensiven Sprache stören.) Emily Guendelsberger: On the Clock. What Low-Wage Work Did to Me and How It Drives America Insane. | Little, Brown and Company 2019, 8,62 Euro (Taschenbuch) Quelle: Little, Brown and Company
Empfehlung von Stephan Knieps, Redakteur Unternehmen und Märtke:Der Debütroman von Benjamin Quaderer, geboren 1989 in Österreich, aufgewachsen in Liechtenstein, bedient sich einer wahren Geschichte: der Fall des ehemaligen Liechtensteiner Bankmitarbeiters Heinrich Kieber, der im Roman Johann Kaiser heißt. Kieber hatte Anfang der 2000er Jahre geheime Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher bei der Liechtensteiner Staatsbank LGT gestohlen und vermutlich dem Bundesnachrichtendienst sowie Behörden weiterer Staaten zugespielt. Im Zuge der Ermittlungen wurde etwa der damalige Deutsche-Post-Chef Klaus Zumwinkel 2009 wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Zumwinkel hatte über eine Stiftung in Liechtenstein Steuern in Höhe von fast einer Million Euro hinterzogen. Dabei ist Protagonist Johann Kaiser selbst ein Trickser und Betrüger. Quaderer gelingt es, dass man als Leser dennoch die ganze Zeit über mit Kaiser sympathisiert, ihm seine grundsätzliche Redlichkeit gerne glauben mag. Das schafft er leichtfertig. Der Roman quillt beinahe über vor Ideen, Einfällen, Referenzen, Fußnoten und sprachlichem Witz. Quaderer zitiert sich selbst, wechselt die Schriftfarbe, schwärzt Zeugenaussagen, springt in Zeitebenen. Auf fast 600 Seiten kann das fast etwas zu viel sein. Aber nur fast. „Für immer die Alpen“ ist allein schon deswegen ein großer Spaß, weil man danach endlich mal Lust hat, nach Liechtenstein zu fahren. Zum Beispiel, um all die schön beschriebenen Dörfer, Wäldchen, Berge, Seen und Liechtensteiner zu besuchen. Aber eher nicht, um dort Geld anzulegen. Benjamin Quaderer: Für immer die Alpen | Luchterhand Literaturverlag 2020; 12 Euro (Taschenbuch) Quelle: Luchterhand Literaturverlag
Empfehlung von Andreas Menn, Redakteur Innovation & Digitales:Über die Globalisierung diskutieren Forscher, Publizisten und Politiker so richtig intensiv erst seit einem Vierteljahrhundert. Doch die weltweiten Verflechtungen in Wirtschaft, Politik und Kultur sind schon viel, viel älter. Besonders anschaulich wird das in dem neuen Band „Die Geschichte der Welt“, der eben die erzählt – in Form von Karten. Mit seinem Atlas der Weltgeschichte zeigt der Historiker Christian Grataloup von der Universität Paris Diderot, wie vor fast 2000 Jahren schon Metalle, Textilien oder Parfums zwischen Pjöngjang im heutigen Nordkorea und Cádiz im Südwesten Spaniens transportiert wurden; wie Rohstoffvorkommen Zivilisationen prägten; wie die Eroberung Amerikas einen Welthandel von Edelmetallen, Nutzpflanzen und anderen Handelsgütern ankurbelte. Ein Buch zum Stöbern und Staunen. Christian Grataloup: Die Geschichte der Welt. Ein Atlas.| C. H. Beck 2022, 39,95 Euro (gebundene Ausgabe) Quelle: C.H. Beck
Empfehlung von Nora Sonnabend, Senior-Social-Media-Redakteurin:„Zeit ist Geld“ heißt es oft. Ebenso wie Geld ist Zeit in unserer Gesellschaft aber ein rares Gut und ungerecht verteilt. Zeit sorgt für Teilhabe. Wer Zeit hat, ist privilegiert. Die Journalistin Teresa Bücker spricht sich in ihrem Buch für eine neue Zeitkultur aus und macht Vorschläge, wie diese aussehen könnte. Sie erklärt, was Zeit mit Geschlechter- und Generationengerechtigkeit zu tun hat und wieso jeder Mensch Zeit für Care-Arbeit braucht, unabhängig davon, ob er Kinder hat oder Angehörige pflegt. Ein Buch für alle, die schon mal das Gefühl hatten, neben ihrem Job zu wenig Zeit zu haben – für ihre Familie, ihre Freunde, ihr Ehrenamt oder ihren Haushalt. Und für alle, die sich fragen, wie sie die Macht über ihre Zeit zurückgewinnen können und anderen Zeit schenken könnten. Teresa Bücker: Alle_Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit | Ullstein Buchverlage 2022, 21,99 Euro (gebundene Ausgabe) Quelle: ullstein
Empfehlung von Angelika Melcher, Online-Redakteurin:„Feminismus ist weniger eine individuelle Entscheidung als vielmehr eine politische Aufgabe.“ Wie hat eine Frau zu sein? Sanft, süß, zart? Das sind die drei Figuren, die Ann-Kristin Tlusty in ihrem Buch „Süss“ beschreibt. Figuren, die historisch gewachsen sind und auch heute noch die inneren und äußeren Zwänge einer Frau prägen. Hierbei handelt es sich aber nicht um ein weiteres Buch, welches den Feminismus als Trend beschreibt. Tlusty kritisiert den „hippen“ Feminismus und macht auf größere Umstände aufmerksam: Zum Beispiel, wie die gesamtgesellschaftliche Krise des Kapitalismus dazu führt, dass Frauen immer noch unterbezahlt sind oder unbezahlte Sorge-Arbeit erledigen. Dabei zitiert sie nicht nur ihre Freundinnen, Netflix-Serien und Cardi B, sondern geht auch auf Werke von Bourdieu bis Beauvoir ein. Ann-Kristin Tlusty: Süß. Eine feministische Kritik.| Carl Hanser Verlag 2021, 18,00 Euro (gebundene Ausgabe) Quelle: Carl Hanser Verlag
Empfehlung von Tobias Gürtler, Redakteur Unternehmen und Märkte:Manch einer mag schon beim Lesen dieses Buchtitels mit den Augen rollen. Umso mehr sei ihm die Lektüre ans Herz gelegt. Denn „Die Mutter der Erfindung“ bietet keinerlei feministischen Zeigefinger, dafür umso mehr Denkanstöße und Perspektiverweiterungen. Die zentrale These des Buchs ist diese: Es war vor allem das jeweils gültige Geschlechterbild, das den technologischen Fortschritt in der Menschheitsgeschichte bestimmte. Und es war allzu oft die Abwertung des vermeintlich „Weiblichen“, die Innovationen verhinderte. Ein besonders plakatives Beispiel: der Rollkoffer, der noch in den 1960er-Jahren als „unmännlich“ galt und deshalb zum Nischenprodukt verkam. „Wir haben uns, wenn es um Innovationen geht, bis heute eine Hand auf den Rücken gebunden“, schreibt die Autorin. „Man stelle sich vor, was wir erreichen könnten, wenn wir diese Fessel kappen.“ Katrine Marçal: Die Mutter der Erfindung. Wie in einer Welt für Männer gute Ideen ignoriert werden. | Rowohlt 2022, 22 Euro (gebundene Ausgabe) Quelle: Rowohlt Verlag
Empfehlung von Michelle Winner, Content-Managerin:Was passiert, wenn antike Gottheiten plötzlich die Politiker, CEOs und Stars dieser Welt sind? "A Touch of Darkness" ist ein modern Re-Telling der griechischen Sage um Hades und Persephone. In einer nach Kriegen von den griechischen Göttern neu aufgebauten Welt leben Gottheiten und Menschen miteinander, wobei erstere das Sagen haben. In der Stadt New Athens sucht Journalistin Persephone ihr Glück, nachdem ihre Mutter Demeter sie jahrelang weggesperrt hat. Die Göttin muss jedoch ihr wahres Ich verstecken, denn sie besitzt keinerlei göttliche Macht. Doch obwohl sie sich ein normales Leben wünscht, lässt sie sich auf eine Wette mit dem mysteriösen Gott der Unterwelt, Hades, ein – über den sie eigentlich einen Enthüllungsbericht schreiben soll. Der Roman macht durch die vielen Anspielungen und Neuinterpretationen antiker Überlieferungen einfach Spaß und nicht nur Fans griechischer Mythologie kommen hier voll auf ihre Kosten. Scarlett St. Clair: A Touch of Darkness | LYX, 14,99€ (Taschenbuch) Quelle: LYX
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