Folgen von Corona für den Biorhythmus „Mehr Schlaf heißt nicht besserer Schlaf“

Quelle: obs

Immer mehr Angestellte pendeln wieder täglich ins Büro - und müssen entsprechend früher aufstehen als im Corona-Lockdown. Auf die Schlafqualität aber hat das positive Auswirkungen - außer bei zwei Gruppen. 

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Homeoffice, das heißt Jogginghose statt Business-Outfit, keine Pendelei ins Büro: Während der Hochphase der Corona-Pandemie konnten die meisten Deutschen morgens deutlich länger schlafen. Damit ist es nun aber vorbei, spätestens seit Ende Juni 2021die Homeoffice-Pflicht entfallen ist, arbeiten wieder deutlich mehr Menschen im Büro, nur noch gut ein Viertel ist nach einer Schätzung des ifo-Instituts zumindest teilweise zuhause. „Die Menschen suchen wieder häufiger den persönlichen Kontakt im Büro“, sagt Jean-Victor Alipour, Experte für Homeoffice beim ifo-Institut.

Auf das Schlafverhalten der Deutschen hat diese Umstellung jedoch positive Auswirkungen. Den Grund kennt Schlafforscher Jürgen Zulley: „Mehr Schlaf bedeutet nicht unbedingt besserer Schlaf“ – im Gegenteil. Wir könnten zwölf Stunden schlafen, aber diese zwölf Stunden führen dazu, dass wir am Tag total müde seien. „Es kommt auf die Schlafqualität an“, erklärt Zulley.

Und die war in der Hochphase der Corona-Pandemie bei den meisten Menschen deutlich schlechter. Nach einer Studie der mhplus Krankenkasse aus dem Frühjahr 2021 berichten 64 Prozent der Deutschen, dass sich ihr Schlafverhalten coronabedingt verändert hat. Mehr als jeder Zweite habe laut der Studie abends Probleme einzuschlafen und wache morgens wie gerädert auf.

Mehr Schlafstörungen während Corona

Das hat auch Schlafforscher Zulley beobachtet: „Während der Corona-Lockdowns kam es bei den Menschen vermehrt zu Schlafstörungen“. Zum einen, weil die Menschen tagsüber nicht mehr die Möglichkeit hatten, so aktiv zu sein und so viele soziale Kontakte zu treffen wie noch vor den Lockdowns. Dadurch sei die Aktivität drastisch eingeschränkt worden, die jedoch besonders wichtig ist für einen erholsamen Schlaf.

Zum anderen, weil wir uns viel mehr Sorgen gemacht haben. Da wirkt die enorme Ungewissheit, was die Pandemie, aber auch sein eigenes berufliches oder privates Umfeld betreffe. „Und durch diese Gedanken kamen wir nur schwer zur Ruhe“, sagt Zulley.

Doch mit der steigenden Impfquote, der Rückkehr in die Büros und zunehmenden sozialen Kontakten schwinden diese Sorgen immer weiter und der Schlafrhythmus verbessert sich wieder – allmählich. Denn da Menschen Gewohnheitstiere sind und diesen veränderten Schlafrhythmus über mehr als ein Jahr lang innehatten – lange wachbleiben und länger ausschlafen konnten – dauert es nun einige Zeit, bis wir diesen wieder umgestellt haben. Wenn wir die alte Balance überhaupt wieder finden. So profitieren laut Neurowissenschaftler und Schlafforscher Christian Benedict zwar die meisten Menschen von der Rückkehr in den normalen Alltagsmodus. „Es gibt aber auch Gruppen, die unter der aktuellen Umstellung wieder hin zum frühen Aufstehen leiden“, so Benedict. Dazu gehörten vor allem Schüler, ältere Jugendliche und Menschen, die abends ohnehin schlecht einschlafen konnten, weil sie mehr Zeit brauchen, um herunterzufahren. Die hätten sich über viele Monate auf den anderen Rhythmus eingestellt und ihre Verhaltensmuster angepasst.

„Diese Gruppen werden jetzt große Nachteile haben“, sagt Benedict. Der Neurowissenschaftler sieht die Gefahr, dass die Betroffenen unter der Woche zu wenig schlafen und dann am Wochenende versuchen das Ganze wieder aufzufangen. Doch das funktioniere auf Dauer nicht. „Wir brauchen erholsamen und ausreichenden Schlaf, um leistungsfähig zu sein.“

Die Pandemie habe gezeigt, dass sich einige Zeitmuster in der Gesellschaft etabliert haben, die für unseren Schlaf nicht förderlich seien, sagt Benedict. „Daraus müssen wir jetzt lernen.“


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