Die Mitte hat es – gesellschaftspolitisch betrachtet – derzeit schwer. Niemand mag mehr eine Mehrheitsmeinung haben, viel beliebter ist ein Schwenk nach links oder rechts. Ähnlich verhielt es sich lange mit der Mitte unseres Körpers. Stets überstrahlt von oben oder unten, durch Oberteil, Hose oder Rock, wurde der Taille in der Frauenmode zuletzt in den Fünfzigerjahren volle Aufmerksamkeit geschenkt. Bei den Männern ist die Mitte durch das obligatorische Hemd-in-den-Hosenbund-Stopfen zwar stets präsent, aber nicht geliebt. Und: stark reglementiert.
In der vergangenen Woche zum Beispiel stürmte ein Kollege morgens ins Büro, verkündete, er habe ganz furchtbar schlechte Laune und zeigte erst auf Schuh, dann auf Gürtel. An seinen Füßen: dunkelbraunes Glattleder, in der Körpermitte: schwarzes Veloursleder. Das Baby hatte noch geschlafen, es war dunkel im Schlafzimmer, schon war das Malheur passiert.
Mit passendem Gürtel zum Schuh liegt man immer richtig
Aber war der Anlass zur Sorge überhaupt noch berechtigt? Oder gehört die farbliche Synchronisation von Gürtel und Schuh nicht in längst vergangene Zeiten, in denen zu einem korrekten Outfit auch noch der Hut gehörte? Heute sind Sneaker im Büro kein Problem mehr, und die Aktentasche musste längst dem Rucksack weichen. Hatte doch unlängst sogar der Daimler-Chef verkündet, keine Krawatten mehr zu mögen. Sollte es da nicht auch in Ordnung sein, wenn der Gürtel nicht zum Schuh passt? Die Antwort – ein beherztes Jein.
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Wer sich selbst zu den modischen Draufgängern zählt, kann dieses Experiment wagen. Aber: Ein schwarzer Veloursledergürtel zum dunkelbraunen Glattlederschuh ist nicht mutig, sondern wirkt wie ein Versehen. Anders verhält es sich, wenn zum genannten Schuh ein zitronengelber Hosenhalter kombiniert wird – das muss Absicht sein. Wer die Sicherheit liebt, bleibt jedoch den gängigen Regeln treu: feiner Gürtel zum feinen Schuh, Veloursleder zu Veloursleder, Braun zu Braun, silberne Schnalle zur silbernen Uhr, Cowboy-Schnalle zum gleichnamigen Stiefel.
Eine weitere heikle Frage: Logo – ja oder nein? Der Hermès-Gürtel mit H-Schnalle ist zwar ein Klassiker, aber mit Ansage. Er schreit der Welt ins Gesicht, Stil und Geld zu besitzen. Wem das zu laut ist, der verzichtet besser auf solche Devotionalien des Luxus. Man wird sein Geld auch anders los. Zum Beispiel für einen aus mehrfarbigem Leder geflochtenen Gürtel der Marke Anderson. Frauen werden bei Tomas Maier, Isabel Marant, Barbara Bui oder bei Aigner fündig. Obwohl: Vielleicht vergessen Sie Letzteres gleich wieder. Der Frühling ist eine gute Zeit, um eine buntere, extravagante Mitte zu begründen – dann muss auch niemand mehr nach oben oder unten, links oder rechts abwandern.
Geht gut: aus azurblauem Wildleder, in Zitronengelb, Grasgrün oder Feuerrot.
Geht gar nicht: allzu schmale, langweilige Modelle aus schwarzem Glattleder.