BaFin-Pläne Verbote bei Bonitätsanleihen sind überstürzt

Zertifikate, mit denen Anleger auf die Bonität von Unternehmen setzen können, sind der Aufsichtsbehörde ein Dorn im Auge. Ihre Vermarktung an Privatanleger soll verboten werden. Aber das ist übertrieben, mildere Mittel haben Vorrang.

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BaFin Quelle: dpa

Die BaFin plant ein Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von sogenannten Bonitätsanleihen an Privatkunden. Mit diesen Zertifikaten bezogen auf Bonitätsrisiken haben Anleger die Möglichkeit, in die Kreditwürdigkeit eines Referenzunternehmens zu investieren. Zins- und Rückzahlung erfolgen in Abhängigkeit der Kreditwürdigkeit dieses Schuldners.

Zum geplanten Verbot läuft derzeit eine Anhörung durch die BaFin, und schon in etwa drei Wochen könnte das Verbot wirksam werden. Noch vor Inkrafttreten der entsprechenden europäischen Verordnung handelt die Aufsichtsbehörde dabei auf Grundlage des seit Juli 2015 geltenden deutschen Kleinanlegerschutzgesetzes, das viele Regelungen der EU-Verordnung vorweggenommen hat.

Einige der mit diesem Gesetz verbundenen Diskussionen werden nun wieder aufbrechen – über die Sinnhaftigkeit vorgezogener nationaler Alleingänge, die neue Verbraucherschutzrolle der BaFin oder die Bevormundung des mündigen Privatanlegers. Man mag diese Fragen bewerten, wie man will. Fakt ist: Der Gesetzgeber hat der Bundesanstalt ein Recht zum Eingreifen gegeben, hier gilt das Primat der Politik. Insofern ist es folgerichtig, dass die Aufsicht sich mit entsprechenden Themen aktiv beschäftigt. Es ist schlicht Ausdruck einer effektiven Verwaltung.

Fundamentale Verbote für eine ganze Anlageklasse

Aber dem Handeln einer Behörde sind durch Gesetze auch Grenzen gesetzt. Geht es wie bei Bonitätsanleihen um fundamentale Verbote für eine ganze Anlageklasse, die sich nicht zuletzt für einzelne Akteure wie Berufsverbote auswirken können, sind die allgemeinen Grenzen staatlichen Handelns besonders sorgfältig abzustecken.

Dr. Christoph Boschan von dem Bussche Quelle: Pressefoto

Dazu gehört zunächst die vollständige Ermittlung des Sachverhalts, um auf einer gesicherten Tatsachengrundlage zu agieren. Erst die Diagnose, dann die Therapie, würden die Mediziner sagen. Und gerade hier sollte im vorliegenden Fall nachgearbeitet werden.

So moniert die BaFin, dass beim Vertrieb von Bonitätsanleihen mit Zinszahlungen geworben und nicht klargestellt werde, dass der Anleger ein Risiko übernimmt und sich in der Rolle eines Sicherungsgebers befindet. Man mag sich durchaus verwundert die Augen reiben: Was ist ein Zins denn sonst, wenn nicht eine Risikoprämie?

Weiterhin führt die Aufsichtsbehörde an, dass die Funktionsweisen der betreffenden Finanzprodukte nicht ausreichend erläutert werden. Zu dieser Erkenntnis kam man – nach eigenem Bekunden – durch eine Stichprobe, die in der Beratungsdokumentation vorgenommen wurde. Eine gesicherte und umfassende Faktenbasis ist das sicher noch nicht.

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