Musterdepots Erste Investoren kaufen britische Aktien

Musterdepotstratege Alexander Kovalenko glaubt mit Blick auf die Anleihenrenditen, dass Aktien im aktuellen Umfeld aus dem Blickwinkel eines langfristigen Vermögensaufbaus ein besseres Chance-/Risikoprofil bieten.

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Daniel Hupfer

Frankfurt Mit dem ziemlich mauen Arbeitsmarktbericht für den Monat Mai spricht auch noch das letzte und wichtigste Konjunkturbarometer in den USA gegen eine Zinserhöhung der Fed am heutigen Tag. Während die Verbraucherpreise und das Verbrauchervertrauen leicht rückläufig sind und die regionale Stimmung in der Industrie sehr unbeständig ist, hatte bis zuletzt zumindest der US-Arbeitsmarkt Zinserhöhungsbefürwortern eine gute Argumentationsbasis geliefert.

Doch nun fiel der Stellenaufbau im jüngsten Bericht mit 38.000 Jobs so niedrig aus wie seit über fünf Jahren nicht mehr. Trotz seiner erheblichen Bedeutung ist der US-Arbeitsmarkt für viele Analysten ein Buch mit sieben Siegeln. Da es aufgrund einer fehlenden staatlichen Sozialversicherung im Gegensatz zu Deutschland und vielen anderen Industrieländern keine Vollerhebung der Beschäftigung in Echtzeit gibt, ist man in den USA auf Stichproben angewiesen, um sich zeitnah ein Bild von der Entwicklung des Arbeitsmarktes zu machen.

Im Zentrum steht hier eine monatliche Beschäftigungsstatistik, die auf einer Stichprobe von Unternehmen beruht. Als Gegencheck existiert eine Stichprobe, bei der nur Haushalte befragt werden. Nicht selten fallen die Ergebnisse beider Stichproben Monat für Monat eklatant auseinander, was das Vertrauen in die Daten nicht gerade erhöht.

Da zudem langzeitarbeitslose Personen nach einer gewissen Zeit automatisch aus der Arbeitslosenstatistik verschwinden, kann die Arbeitslosenquote sogar fallen, obwohl sich die Lage am Arbeitsmarkt nicht substantiell verbessert hat. Dies ist auch aktuell der Fall, da die Arbeitslosenquote trotz eines extrem schwachen Stellenaufbaus, sinkenden wöchentlichen Arbeitsstunden und stagnierenden Stundenlöhnen von zuvor 5,0 Prozent auf 4,7 Prozent gesunken ist. Da sich die Fed dieser Probleme bewusst ist, aber trotzdem ihre Entscheidungen auch auf Basis der Arbeitsmarktentwicklung treffen muss, hat sie vor einigen Jahren einen eigenen Indikator entwickelt, der 19 arbeitsmarktrelevante Indikatoren zu einem Gesamtindex verdichtet.

Dieser Index ist nun im Mai mit -4,8 Punkten auf den niedrigsten Wert seit 2009 gefallen. Zwar können wir nicht abschließend einschätzen, wie hoch die Bedeutung des Index für die Fed bei konkreten Entscheidungen tatsächlich ist, jedoch fällt auf, dass dieser Index – gewollt oder nicht – eine sehr hohe Relevanz bezüglich der konjunkturellen Entwicklung aufweist. Stärkere Rückgänge waren bisher immer ein klares konjunkturelles Warnsignal und sprechen zusammen mit den insgesamt sehr durchwachsenen amerikanischen Konjunkturdaten gegen eine Zinserhöhung in diesem Sommer.


Ungutes Gefühl mit Blick auf den Rentenmarkt

Die deutschen zehnjährigen Bundesanleihen haben gestern zum ersten Mal eine negative Rendite aufgewiesen. Die gigantischen geldpolitischen Maßnahmen seitens der EZB treiben seit Monaten die Kurse der Staatspapiere nach oben.

Die Brexit-Ängste und die Suche nach einer vermeintlichen Sicherheit haben nun den finalen Impuls zu diesem historischen Ereignis gegeben. Bei der Betrachtung des aktuellen Rentenmarktzustandes bekommt man ein richtig ungemütliches Gefühl.

Zum einen wurde eine wichtige Basis des Kapitalmarktes – ein risikofreier Zins – durch die Politik der Notenbanken faktisch eliminiert. Zum anderen werfen die Investment-Grade Unternehmensanleihen sowie die Papiere einiger Staaten, wie zum Beispiel Frankreich oder Italien, nur eine minimale Rendite ab, die in keiner wirtschaftlichen und logischen Relation zum eingegangenen Risiko steht. Die Aussage ist fast banal geworden, man erhält jedoch tatsächlich bei vielen Papieren ein „zinsloses Risiko“ ins Portfolio.

Bei all den gigantischen Geldspritzen ist die Europäische Zentralbank ironischerweise derzeit vom Erreichen ihrer Ziele – einer Inflationsrate von rund zwei Prozent per annum sowie der nachhaltigen Belebung der Konjunktur der Eurozone – meilenweit entfernt. Wohin die Reise auf dem Rentenmarkt genau führt, kann aktuell wohl keiner sagen.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Aktien im aktuellen Umfeld aus dem Blickwinkel eines langfristigen Vermögensaufbaus ein besseres Chance- / Risikoprofil als die festverzinslichen Papiere haben. Die Aktien können die Anleihen nie komplett ersetzen bzw. verdrängen, da sie einfach eine komplett andere Struktur haben und anders funktionieren. Die geldpolitischen Experimente der Zentralbanken haben jedoch dazu geführt, dass aktuell keine nennenswerte und risikoadäquate Rendite mit den Anleihen guter Bonität zu erzielen ist.


Britische Aktien im Visier

Derzeit herrscht für kurzfristige Anleger die wohl spannendste Börsenphase des gesamten Jahres. Die Märkte preisen immer mehr einen Brexit ein, ein Verlassen von Großbritannien aus der Euro-Zone aus.  Der Dax hat als Reaktion innerhalb von fünf Handelstagen mehr als sechs Prozent an Wert verloren. Im Vergleich zum deutschen Börsenbarometer hat interessanterweise in den vergangenen Tagen der britische Auswahlindex FTSE 100 weniger eingebüßt.

Die Frage, die sich viele Trader nun stellen: Ab welchen Kursständen haben die Märkte den Brexit eingepreist? Offensichtlich schon einiges, denn die ersten Investoren melden sich zu Wort, die mittlerweile wieder den Kauf von britischen Aktien erwägen.

So setzt Harald Sporleder, bei der Allianz  zuständig für fünf europäische Aktienfonds mit einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Dollar, wieder  auf britische Aktien. Er betrachte die mit dem Referendum in Großbritannien am 23. Juni einhergehende Unsicherheit als Kaufgelegenheit.  Denn auch wenn die Briten sich für ein Verlassen der EU entschieden - was zu höherer Volatilität am Aktienmarkt führen sollte - blieben die Fundamentaldaten der Unternehmen die gleichen, argumentiert er.

Neben der Allianz favorisieren auch andere Investoren britische Aktien. JP Morgan schrieb am Montag in einer Studie, dass die Bank weiterhin britische Aktien übergewichte, da diese „regelrecht billig“ gehandelt würden.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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