Musterdepots Europa steht im Gegenwind

Die ersten frischen Konjunkturdaten nach dem Brexit-Votum sind da – und sie verheißen nichts Gutes. Zwar bieten sie keine Grundlage für Untergangsszenarien, doch der Optimismus der vergangenen Monate dürfte vorbei sein.

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Daniel Hupfer

Noch im Juni hatten wir von einer überraschend starken Verbesserung des ZEW-Index berichtet. Dies hat sich, einen Monat später und nach dem Brexit-Votum, in ein extremes Gegenteil gekehrt: Der Index fiel um 26 Punkte und steht nun bei minus 6,8 – dem niedrigsten Stand seit der Euro-Krise 2012. Wir hatten im vergangenen Monat schon gemutmaßt, dass der Index sich nur deshalb noch einmal deutlich verbessert hatte, da die für den ZEW-Index befragten Finanzmarktexperten einem Brexit als Ergebnis des Referendums eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit beigemessen hatten.

Die Mehrheit der Finanzbrache wurde von dem letztendlichen Wahlausgang auf dem völlig falschen Fuß erwischt, da für sie die ökonomischen und nicht die emotionalen Vor- und Nachteile eines Brexits im Vordergrund standen. Auch wenn sich nüchtern betrachtet auf Sechs-Monats-Sicht an den Konjunkturperspektiven für Deutschland erst einmal wenig geändert hat, so ist der im Juni noch vorherrschende Konjunkturoptimismus der vom ZEW befragten 220 Finanzmarktexperten gänzlich verschwunden.

Und auch die Bewertung der aktuellen konjunkturellen Lage in Deutschland verschlechterte sich, wenn auch nicht so dramatisch, von 54,5 auf 49,8 Punkte. Während die Ausprägungen der Rückgänge in den ZEW-Befragungen sicherlich eine Übertreibung durch den „Brexit-Schock“ darstellen, zeigt die Wirkungsrichtung jedoch, dass die befragten institutionellen Anleger in der Zukunft durchaus mit konjunkturellem Gegenwind rechnen.

Die ZEW-Daten waren die ersten Frühindikatoren, deren Befragung nach dem Ausgang des Referendums stattgefunden hat. In den kommenden Tagen werden die anderen Frühindikatoren, wie zum Beispiel der ifo-Index, der GfK-Index oder die Einkaufsmanagerindizes, folgen. Wahrscheinlich wird auch hier der Juli eine Übertreibung nach unten darstellen.

Daher bleibt es vor allem wichtig zu beobachten, wie sich die Indizes in den kommenden Monaten entwickeln werden, wenn der erste Schreck verdaut und die konjunkturellen Konsequenzen des Brexits etwas besser einschätzbar geworden sind.


Der Brexit wirft seinen Schatten

In Großbritannien zeigen sich nun die ersten wirtschaftlichen Folgen des Brexit-Referendums. Der Einkaufsmanager-Index für Industrie und Dienstleister ist im Juli auf 47,7 Punkte abgestürzt. Im Vormonat verzeichnete der Index noch 52,4 Zähler. Ein Stand von 50 Punkten bedeutet bei diesem breit beachteten Barometer eine Wachstumsgrenze.

Der Index weist somit den schlechtesten Wert seit April 2009. Für den Chefvolkswirt des Forschungsinstitutes Markit Chris Williamson deutet dies darauf hin, dass die konjunkturelle Lage in Großbritannien sich drastisch verschlechtert hat. In seinem Interview sprach er über Auftragsstornierungen, weniger Neugeschäft sowie verschobene oder beendete Projekte. Ob die Lage tatsächlich so schlecht ist, werden die nächsten Monate zeigen.

Der Einkaufsmanager-Index basiert auf einer Umfrage und der Brexit-Shock liegt noch zu nah, was die Reaktion der befragten Manager beeinflussen konnte. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die Bank of England beim realen Bedarf die Wirtschaft kräftig unterstützen wird. Bei ihrer letzten Sitzung haben die Notenbanker den Leitzins nicht gesenkt, was eher überraschend war. Die neue britische Regierung hat ebenfalls zugesichert, dass sie die britische Wirtschaft stimulieren wird.


Cash aus Reverse-Zertifikaten

Ein Teil der Reverse-Zertifikate, die sich auf den Dax beziehen, hat sein Laufzeitende erreicht und wurde am Freitag durch die Emissionsbank zum Höchstkurs zurückgezahlt (WKN: PS77MY). Diese Absicherungsinstrumente haben dazu beigetragen, dass sich das Musterportfolio deutlich stabiler entwickelt als Europas Aktienbörsen.

Solche Anlageprodukte federn in Abwärtsphasen Verluste anderer Depotpositionen ab. Gegen den Trend wurde damit seit November eine zweistellige Rendite generiert: Während der Dax knapp ein Zehntel verloren hat, legten die Papiere seitdem über 16 Prozent an Wert zu.

Eine weitere Position an Dax-Reverse-Bonuszertifikaten hatte ich unmittelbar vor dem Brexit-Crash Ende Juni aufgebaut (WKN: DL05MU). Auch diese Papiere notieren inzwischen bereits deutlich im Plus - mit einem Wertzuwachs von über acht Prozent seit dem Kauf.

Diese Derivate können maximal ein Plus von knapp 20 Prozent erreichen - und zwar selbst dann, wenn der deutsche Aktienmarkt bis zum Laufzeitende im kommenden März abstürzt oder nur noch seitwärts läuft. Einzige Bedingung: Der Dax darf bis dahin nie an der Marke von 11.800 Zählern kratzen, andernfalls drohen hier Verluste.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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