Datenmissbrauch Kreditkarten-Rückruf betrifft alle deutschen Banken

So einen massiven Austausch von Kreditkarten hat es in Deutschland noch nicht gegeben: Die Banken ziehen rund 100 000 Karten ein. Es besteht der Verdacht auf Datenklau bei einem Dienstleister in Spanien.

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Quelle: handelsblatt.com

HB DÜSSELDORF. Aus Angst vor Datenmissbrauch haben die Banken die bislang größte Umtauschaktion von Kreditkarten in Deutschland gestartet. Die Rückrufaktion wird nach Angaben des Zentralen Kreditkartenausschusses (ZKA) Kunden sämtlicher Institute betreffen. "Alle Banken sind betroffen", zitierte "Welt Online" am Mittwoch ZKA-Sprecher Steffen Steudel.

Deswegen gebe es ein einheitliches Vorgehen, alle möglichen betroffenen Kunden würden angeschrieben. Hintergrund ist, dass bei einem Dienstleister für Kartenabrechnungen Daten deutscher Urlauber in Spanien abhanden kamen.

Allein die Volks- und Raiffeisenbanken ziehen etwa 60 000 Kreditkarten aus dem Verkehr. "Wir gehen auf Nummer sicher", sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Betroffen sind demnach Visa - und Masterkarten. Man habe von den beiden Unternehmen potenziell verdächtige Kartendaten übermittelt bekommen.

"Wir tauschen nur bei dem leisesten Verdacht die Karten aus. Deswegen sind die Zahlen so hoch", betonte der Sprecher. Die betroffenen Kunden werden derzeit angeschrieben und können sich ihre neue Karte in einer Filiale abholen. Auch bis dahin sollen die meisten Karten gültig bleiben. Insgesamt haben die Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland etwa 2,4 Mio. Kreditkarten ausgegeben.

Bei dem mutmaßlichen Datenklau bei Kreditkarten hat die Postbank bei ihren Kunden erste Unregelmäßigkeiten festgestellt und die Karten ausgetauscht. Es handele sich bisher nur "um ein geringes Maß", sagte Postbank-Sprecher Ralf Palm am Donnerstag in Bonn. Es habe Kundenbeschwerden über Unregelmäßigkeiten und Fehlbeträge gegeben, und auch die Bank selbst habe solche Unregelmäßigkeiten bereits entdeckt. Genaue Zahlen wollte Palm nicht nennen. Die Karten der betroffenen Kunden seien gesperrt und ausgetauscht worden. Dies werde auch geschehen, wenn weitere Unregelmäßigkeiten gefunden oder reklamiert würden.

Nicht nur in Deutschland sorgt das spanische Datenleck für Aufsehen. Auch in Österreich, Schweden und Finnland seien Banken dabei, Karten zu sperren, berichtet die Stuttgarter Zeitung. "Das ist ein großer Fall für europäische Verhältnisse", sagte ein Sprecher der finnischen Op Bank dem Blatt.

Schon mehrere Anbieter räumten in den vergangenen Tagen ein, dass sie Karten sperren. Darunter waren die Karstadt-Quelle-Bank, Barclaycard und die Lufthansa. Insgesamt dürfte die Zahl der ausgetauschten Karten bei über 100 000 liegen.

Der massenhafte Austausch von Kreditkarten beunruhigt Bankkunden in Deutschland. Nach Angaben des Bankgewerbes ist der Einzug und Umtausch der Kreditkarten rein präventiver Natur. Befürchtet wird ein Betrug mit gefälschten Überweisungen. Die deutsche Kreditwirtschaft habe auf eine Warnmeldung von Visa und Mastercard reagiert. Danach sei ein "Angriff bei einem spanischen Unternehmen auf Kreditkartendaten deutscher Kunden" möglich. Die Kunden müssten für eventuelle Schäden nicht haften, hieß es.

Die Karstadt-Quelle Bank hatte bereits im Oktober 15 000 Plastikkarten aus dem Verkehr gezogen. In der Vorwoche gab die Deutschlandtochter von Barclays bekannt, ebenfalls Tausende Karten auszutauschen. Am Wochenende räumte zudem die Lufthansa ein, Tausende ihrer Miles-and-More-Karten mit Bezahlfunktion zurückzunehmen. Auch ein Sprecher der Deutschen Bank bestätigte, dass derzeit mehr Kreditkarten ausgetauscht würden als üblich.

Gefährdet sind nach Medieninformationen nicht nur Karten, die in Spanien genutzt wurden. Betroffen sein könnten auch Kreditkarten, die beim Einkauf in Deutschland eingesetzt wurden, wenn der Handelspartner seinen Zahlungsverkehr über den Dienstleister in Spanien abgewickelt hat. Insbesondere bei Großunternehmen gibt es den Trend, Dienstleistungen wie den Zahlungsverkehr zu zentralisieren.

Nach Angaben des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) von Banken und Sparkassen, müssen nicht alle Reisenden, die in den vergangenen Monaten in Spanien ihre Kreditkarte benutzt haben, diese austauschen. Sprecher Steffen Steudel erläuterte am Dienstag, die Kreditkartenunternehmen Mastercard und Visa hätten den Banken Listen mit den Nummern der gefährdeten Kreditkarten übermittelt. Betroffen sein können Kunden aller deutscher Banken.

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