Finanzkrise FBI verfolgt Hedgefonds-Manager

Vor der Finanzkrise schützen konnte das US-System Anleger nicht. Umso härter werden jetzt Schuldige verfolgt.

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Banker Cioffi: Eigenes Geld Quelle: REUTERS

So lasch – oder liberal – wie die Amerikaner in vielen Regulierungsfragen und vor allem bei der Aufsicht über die Hedgefonds-Branche bisher auch sein mögen, so gnadenlos gehen sie vor, wenn jemand krumme Dinger gedreht haben soll. Dazu gehört auch, Investoren an der Nase herumzuführen, also etwa über die wahre Lage eines Fonds oder dessen Performance zu täuschen.

In der vergangenen Woche wurden die beiden Bear-Stearns-Hedgefonds-Manager Ralph Cioffi und Matthew Tannin in New York festgenommen und nur gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Vorwurf: Wertpapierbetrug. Der Zusammenbruch der beiden Bear-Stearns-Fonds im vergangenen Sommer, der die Investoren rund 1,6 Milliarden Dollar gekostet hat, gilt als Startschuss für die Finanzkrise. Bereits am 22. April 2007 hatte Tannin in einer internen E-Mail an seinen Kollegen kundgetan, der Markt für viele der Finanzinstrumente, in denen die Fonds investiert waren, sei „Toast“ – erledigt.

Doch nur vier Tage später beruhigte Cioffi in einer Telefonkonferenz Hunderte von nervösen Investoren, der Fonds habe genug Cash, liquidierbare Positionen und ausreichende Kreditlinien. Trotzdem wollten viele Anteilseigner aussteigen, zu viele offenbar, denn schon bald sahen sich die Fondsmanager gezwungen, Rückzahlungen temporär auszusetzen. Den Kollaps konnten sie auch damit nicht verhindern, denn Kreditgeber des extrem gehebelten Fonds verlangten entweder zusätzliche Sicherheiten oder ihr Geld zurück. Mittlerweile wurde bekannt, dass Cioffi bereits im März zwei Millionen Dollar seines eigenen Geldes aus dem Fonds abgezogen hatte. Auch das sieht nicht gut aus. Beide Angeklagte plädierten auf nicht schuldig.

Den möglichen Prozess gegen Tannin und Cioffi wird die Finanzszene mit extremer Nervosität beobachten. Im Prinzip geht es darum, wer wann gewusst hat, dass der Markt der verbrieften Schuldverschreibungen den Bach runtergehen würde – und wer den vermeintlichen Schrott trotzdem noch nach außen als lukratives Investment gepriesen hat. Verräterische interne Mails, die Finanzinstitute lange speichern müssen, waren schon bei der Aufarbeitung von Analystenskandalen aus Zeiten der Börsenblase die besten Beweismittel der Anklage.

In New York zittern Investmentbanker und Broker vor dem Tag, an dem Staatsanwälte anrücken und Server, Festplatten und Telefonaufzeichnungen beschlagnahmen. Auch die Hedgefonds-Branche muss sich womöglich auf eine Klagewelle von Investoren einstellen, die sich betrogen fühlen. Bei vielen Fonds, die nicht einer der großen Banken gehören, dürfte aber wenig zu holen sein.

Es gehen sogar Investoren aufeinander los. Wer sein Geld abziehen konnte, kurz bevor ein Fonds geschlossen wurde, muss mit Klagen verbliebener Investoren rechnen, die argumentieren, dass der Rückkaufswert zu hoch gewesen sei.

Das geschieht bereits in einem der größten Betrugsfälle der Branche, dem vor zwei Jahren kollabierten Hedgefonds Bayou. Dessen Gründer Samuel Israeli wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. Vor wenigen Tagen hätte er seine Strafe antreten sollen. Sein Wagen wurde auf einer Brücke über dem Hudson gefunden. „Selbstmord ist schmerzlos“, stand im Staub der Kühlerhaube. Doch den Freitod nimmt ihm niemand ab. Der 48-Jährige gilt als flüchtig. Das FBI sitzt ihm im Nacken.

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