Fusionen Warum Zusammenschlüsse von Unternehmen häufig scheitern

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Pepsis Vorzeige-Übernahme von Quaker Oats

Beim Getränkehersteller Pepsi hat das ganz gut geklappt. Schon vor der Brautschau hatte sich der Brausehersteller für Wachstum durch Produktdifferenzierung entschieden. So stand von vornherein fest, welche Kandidaten infrage kamen. Übernommen wurde 2001 der US-Produzent Quaker Oats mit seiner Sport-Getränkemarke Gatorade. „Damit konnte Pepsi sein Produktportfolio erweitern“, sagt Rothenbücher. Gleichzeitig wurden neue Kundensegmente erschlossen. Dass der kalorienarme Fitness-Trunk aus dem gleichen Konzern kommt wie das süße Cola-Gesöff, bekommen die meisten Konsumenten gar nicht mit: „Von Anfang an war klar, dass die beiden Marken unberührt bleiben sollten – harmonisiert wurden nur Prozesse, die für den Kunden nicht sichtbar sind.“

Das war bei der Übernahme der deutschen Einzelhandelsketten Wertkauf und Interspar durch den US-Handelsriesen Wal-Mart anders. Statt auf kulturelle Unterschiede und lokale Marktbesonderheiten zu achten, stülpte Wal-Mart seiner deutschen Tochter das US-Geschäftsmodell über: Die „Morning-Cheer“ genannten Frühappelle in den Supermärkten sollten die Motivation der Angestellten stärken, das Einpacken der Einkaufstüten an den Kassen Kunden begeistern. Die Neuerungen kamen weder bei Kunden noch bei Mitarbeitern an. Dass der Einzelhandel hierzulande vor allem vom Wettbewerb der Discounter geprägt ist, erkannten die Amerikaner zu spät. 2006 verscherbelte Wal-Mart seine Supermärkte an Metro – mit rund einer Milliarde Dollar Verlust.

Solche Pleiten lassen sich vermeiden: Statt auf Mega-Deals mit hohem Risiko zu setzen, sollten die Unternehmen öfter nach kleineren Übernahmekandidaten Ausschau halten. „Vor allem in frühen Lebenszyklusphasen bieten solche Buy-and-build-Strategien mit mehreren kleinen bis mittelgroßen Transaktionen großes Potenzial“, sagt Rothenbücher, „Unternehmen mit dieser Strategie erzielen innerhalb von fünf Jahren im Schnitt jährliche Umsatz- und Gewinnsteigerungen von über 20 Prozent.“

Gute Chancen in stark fragmentierten Branchen

Die Methode ist vor allem bei Private-Equity-Unternehmen beliebt. Die britische Charlemagne Capital etwa erwarb 2000 das polnische Alkoholika-Unternehmen Central European Distribution Corporation. Durch die Übernahme kleinerer nationaler Konkurrenten stieg der Umsatz binnen sechs Jahren von 148 auf 945 Millionen Dollar, der Nettogewinn von einer auf 18 Millionen Dollar. Geeignete Kandidaten für solche Deals gibt es noch in vielen Bereichen: „Die besten Chancen bieten Branchen, die heute noch stark fragmentiert sind“, sagt Rothenbücher. Dazu zählten zum Beispiel die Landwirtschaft, das Speditionsgewerbe, Restaurants oder Verlage.

Noch geringer ist das Risiko bei der ebenfalls eher selten verfolgten „Acquisition Factory“-Strategie – viele kleine Übernahmen mit hoher Frequenz. Der Vorteil: „Der Kapitaleinsatz ist überschaubar, die Zahl der Kandidaten groß und die Integration durch professionelle M&A-Einheiten ist einfacher“, so Rothenbücher. Erfolgreich war damit etwa der dänische Gebäudedienstleister Integrated Service Solutions (ISS). ISS übernahm in den vergangenen zehn Jahren weltweit knapp 400 kleinere Mitbewerber. Bei jährlichen Umsatz- und Gewinnsteigerungen von knapp 19 Prozent kommt ISS auf einen Umsatz von rund 8,5 Milliarden Euro.

Allzu lange warten sollten Unternehmen mit Übernahmeambitionen allerdings nicht – sonst könnten sie selbst zum Übernahmeziel werden. Einer A.T. Kearney- Studie zufolge gehen Unternehmen aus Schwellenländern immer häufiger in den Industrienationen auf Einkaufstour. Zwar wird für 2008 wegen der Finanzkrise mit einem leichten Rückgang des weltweiten M&A-Volumens gerechnet, Interessenten aus Indien, Malaysia, China, Südafrika und Russland lassen sich davon aber nicht bremsen. „Unternehmen aus den Industrienationen sollten schnell Konsequenzen ziehen und bei der Formulierung ihrer M&A-Strategie auch Übernahmen in Schwellenländern ins Kalkül einbeziehen“, rät Rothenbücher, „sonst droht der Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Märkten.“

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