Finanzkrise Warum die Aktienkurse trotzdem steigen

Die Investoren sind zuversichtlich. Mit den Hilfen der Zentralbanken haben die Börsen einen Schub erhalten, auf den sie lange gewartet haben. Die Probleme sind zwar nicht gelöst, doch das macht nichts.

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Der Euro wird von vielen Investoren inzwischen wieder als Chance betrachtet. Quelle: dpa

Es ist noch gar nicht lange her, da sprachen Börsianer vom langweiligsten Sommer seit langem. Wochenlang trat der Dax auf der Stelle, wirkte zeitweise sogar wie gelähmt von der ewigen Diskussion um Staatsschulden, Euro-Krise und Rettungsmaßnahmen. Das Zepter über das tägliche Auf und Ab hielten allein EZB-Chef Mario Draghi und sein Gegenüber aus den USA Ben Bernanke in den Händen. Und da sie es lange Zeit nicht bewegten, kam es beinahe zum Stillstand an den Börsen.

Seitdem sie den Börsen weitere Stützungsmaßnahmen signalisiert haben, ist nicht nur das Vertrauen zurück. Auch die Anleger wenden sich zuhauf wieder der Börse zu. Gerade, weil nun auch die Letzten aus dem Urlaub zurück und die im August noch überschaubaren Handelsumsätze mittlerweile wieder kräftig in die Höhe geschnellt sind.

Kurioserweise positiv ist im Moment zudem, dass keine "Hurra-Stimmung" herrscht, sondern viele noch immer die Anfälligkeit des jüngsten Aufschwungs betonen. "Wir bezweifeln, dass die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen die Wirtschaft und die Märkte langfristig voranbringen werden", sagt deshalb Robert Spector, Portfolio-Manager beim Bostoner Vermögensverwalter MFS.

In der Tat ist mit den Maßnahmen der Notenbanken, die den jüngsten Aufschwung in Dax und Dow Jones ausgelöst haben, keines der Probleme gelöst. Schuldenkrise, Rezession, Arbeitslosigkeit und Inflation sind weiterhin drückende Ängste. Insofern ist eine neuerliche Schwächephase durchaus möglich.

Beispiel: Lanxess

Auf der Gegenseite brauchen Aktienmärkte häufig einen Schub, um nach einer längeren Findungsphase neue Wege einzuschlagen. Das ist den Notenbankern mit den jüngsten Ankündigungen jedenfalls gelungen. So kommt es auch, dass viele Dinge, die gerade noch belastet haben, inzwischen als Chance betrachtet werden. Beispiel Euro-Krise: Seit den jüngsten Stützungsmaßnahmen hat sie etwas von ihrem Schrecken verloren. Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone ist zumindest momentan kein Thema mehr. Und auch in den anderen Krisenländern scheint derzeit vieles nicht mehr so dramatisch wie noch im Hochsommer.

Ins Hintertreffen sind dabei ohnehin die Unternehmen selbst geraten. Zuhauf haben sie mit den Zahlen zum zweiten Quartal ihre weiteren Erwartungen nach unten geschraubt. Jetzt lösen die ersten ihre selbst auferlegte Zurückhaltung und halten höhere Ziele für realistisch.

Kuriose Börsenpannen

Beispiel Lanxess: Der Dax-Aufsteiger hat erst diese Woche seine Prognose für 2015 um ein Jahr vorgezogen. Das ist eine erste Ausnahme, die sicherlich noch lange keine Trendwende darstellt. "Die Gewinnschätzungen für das laufende und das kommende Geschäftsjahr werden per saldo noch nach unten korrigiert", bremst Helaba-Stratege Markus Reinwand. Das Beispiel Lanxess zeigt aber auch, dass das Gegenteil durchaus möglich ist. Spannend wird es deshalb ab Mitte Oktober: Dann legen die ersten Unternehmen Zahlen zum dritten Quartal vor. Und bieten hoffentlich auch positive Überraschungen für die Zukunft.

Wahljahre sind gute Jahre

US-Wahljahre sind gute Börsenjahre - das belegt die Statistik. Seit 1900 gab es 28 Wahljahre, die mit einem durchschnittlichen Gewinn von acht Prozent für den Dow Jones abschlossen. Bislang gab es erst eine Ausnahme, und zwar 2008, das Jahr der Lehman-Pleite. Der Kursverlauf in den Wahljahren unterscheidet sich von den normalen Zyklen. Bis Ende Mai gehen die Kurse meist leicht zurück, dann steigen sie über den Sommer hinweg, bevor sie sich zum Ende des Jahres häufig in der Nähe des Höchststands einpendeln. Die Börsenweisheit "Sell in May" gilt also nicht. Doch dieser positive Effekt ist kein Zufall. Vor der Wahl wollen sich die Kandidaten besonders beliebt machen. Ein bewährtes Instrument dafür ist die Ankurbelung der Wirtschaft, um die Konsumenten bei Laune zu halten.

Wenig überraschend ist dann auch, dass im Jahr nach der Wahl oft ein gegenteiliger Effekt auftritt: Denn dann werden auch die weniger populären Maßnahmen durchgesetzt. Trotzdem: Kurz nach der Wahl geht es mit den Kursen kräftig nach oben - vorausgesetzt, der Amtsinhaber gewinnt. Nach einem erneuten Sieg des Präsidenten legte der Dow Jones im Schnitt 15 Prozent zu. Bei einer Niederlage entstand bislang meist ein Minus. Doch die Chancen stehen gut, dass Obama weiter im Amt bleibt. 46 Tage vor der Wahl führt er mit einem Vorsprung zwischen zwei und fünf Prozent. Die deutschen Märkte reagieren besonders stark auf die Entwicklungen in den USA. So wirken sich auch die Effekte des Wahljahrs auf den Dax aus - seit Jahresbeginn stieg er um rund 18 Prozent. Es gilt also auch für deutsche Anleger: Wahljahre sind gute Börsenjahre.

Der Welthandelsindex wächst

Es war gestern wieder eine solche Meldung, die die Anleger schmerzte. In China weisen Umfragen bei Einkaufsmanagern darauf hin, dass die Produktion erneut fällt. Nun schon den elften Monat in Folge. So zumindest die offizielle Interpretation an den Börsen. Bei genauerer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass der Einkaufsmanagerindex im September sogar leicht angestiegen ist, lediglich der Sub-Index zur Produktion ist gefallen.

Nun machen Börsianer häufig den Fehler, den Welthandel allzu sehr auf China zu beschränken. Bezieht man den gesamten Warenverkehr per Schiff, in der Luft, auf der Straße und per Bahn mit ein, dann zeigt sich sogar ein wachsender Welthandel. Markus Zschaber, Chef der Kölner Vermögensverwaltung Dr. Markus C. Zschaber, glaubt gar, derzeit eine Umkehr von einer Abschwächung zu wieder steigenden Aktivitäten zu erkennen. .

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