Verkehrte (Finanz)welt
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Perspektivwechsel: Entspannter zum finanziellen Erfolg?

Die meisten Anleger konzentrieren ihre Bemühungen darauf, ein Investment mit hohen Renditeversprechungen zu finden. Ein anderer Ansatz ist jedoch erfolgsversprechender – und einfacher umzusetzen.

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Viele Anleger beschäftigen sich vor allem mit einer Frage: Welches Investment und welche Investitionsstrategie versprechen die höchste Rendite? Die Suche nach Antworten auf diese Frage kostet häufig viel Geld, Zeit und auch Nerven. So durchkämmen Anleger zum Beispiel Zeitungen und Zeitschriften nach neuen Informationen, tauschen sich in Internet-Foren zu Kryptowährungen und den besten Handelsplätzen aus oder wälzen dicke Bücher.

Das Problem: Die Ergebnisse faktenbasierter Kapitalmarktforschung deuten darauf hin, dass es weder privaten noch professionellen Investoren gelingt, über längere Zeiträume überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen.

Diese Erkenntnisse haben Anfang der 1970er Jahre zur Einführung der ersten Indexfonds geführt, deren Ziel es ist, Investoren eine am Gesamtmarkt orientierte, durchschnittliche Rendite zu ermöglichen. Anlegern, die sich mit dieser Rendite zufriedengeben, ergeht es über eine Zeitspanne von 20 Jahren im Schnitt besser als 80 Prozent aller anderen Investoren. Börsengehandelte Fonds (ETFs) sind seitdem äußerst populär geworden.

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Dennoch schwächer als Gesamtmarkt?

Allerdings legt die jährliche Quantitative Analysis of Investor Behavior (QAIB)-Studie des amerikanischen Analysehauses Dalbar nahe, dass Anleger auch 50 Jahre nach Auflage der ersten Indexfonds im Ergebnis noch immer circa 1,5 Prozent unterhalb des Gesamtmarktes liegen. Der Grund: Viele Anleger verändern zu häufig die Allokation und schichten zu häufig um. Dies wird zum Performance-Vernichter. Sie orientieren sich an den Renditen der jüngsten Vergangenheit und agieren dabei pro- statt antizyklisch. Sie kaufen eine Aktie, Währung oder auch einen Fonds, wenn das Papier in der zurückliegenden Zeit eine besonders gute Rendite hatte und verkaufen, wenn die Rendite enttäuschend war.

Damit tun sie allerdings nichts anderes als systematisch teuer ein- und billig zu verkaufen. Zum anderen sind Kauf und Verkauf häufig mit Kosten in Form von Provisionen, Gebühren, Ausgabeaufschlägen und Steuern verbunden. Diese schmälern die Rendite noch weiter.

Weniger ist mehr

Was also tun? Zunächst einmal gilt „Weniger ist mehr“: Die meisten Anleger dürften mit einem einzigen, weltweit investierten, kostengünstigen Aktienfonds und einem Anleihenfonds gut bedient sein. Zudem sollten an der Struktur des eigenen Portfolios nur dann Anpassungen vorgenommen werden, wenn sich die eigene Lebenssituation verändert. Der Perspektivwechsel besteht also darin, das Portfolio nicht nach den Eingebungen vermeintlicher Investmentgurus, sondern der persönlichen Lebensrealität auszurichten.

Am Anfang steht dafür ein Check der Einnahmen und Ausgaben: Mit welchen Belastungen ist in den nächsten Jahren zu rechnen? Welche Ereignisse sind zwar nicht wahrscheinlich, bedeuten aber im Falle des Eintritts erhebliche Kosten? In welcher Höhe?

Um sich im nächsten Schritt selbst zu disziplinieren, kann der Anleger gezielt ein in den Verhaltenswissenschaften als „Mental Accounting“ bezeichnetes Vorgehen zunutze machen. Dabei ordnet er Gelder einzelnen Kategorien zu, die jeweils mit unterschiedlichen Zwecken verbunden sind. Ordnet man das zur Verfügung stehende Investitionskapital zum Beispiel den Kategorien kurzfristig, mittelfristig und langfristig zu, erscheinen Wertschwankungen des mittel- und langfristigen Kontos schon weniger bedrohlich. Für die kurz- und mittelfristig erwarteten Ausgaben werden entsprechende Beträge vorgehalten. Dabei wird bewusst in Kauf genommen, dass kurzfristig investierte Gelder im Tagesgeldkonto eine sehr geringe Renditeerwartung haben. Auch mittelfristige Wertpapieranlagen (in einem ausgewogenen Portfolio) müssen keine Performancerekorde brechen.

Damit sind gute Voraussetzungen dafür geschaffen, den Rest des liquiden Vermögens in ein Portfolio mit hoher Aktienquote und guten Renditeaussichten zu investieren.

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Ausblick: Risiken vergüten lassen

Für jeden Anleger kann es folglich hilfreich sein, mit dieser alternativen Perspektive auf das Portfolio zu schauen. Was ihm entgeht, wenn er dies nicht tut, lässt sich auch gut quantifizieren. Meist ist es nicht notwendig, mehr als die Lebenshaltungskosten zweier Jahre als sehr liquide Reserve bereitzuhalten. Mit jeden 100.000 Euro, die man nach Analyse der eigenen Situation zusätzlich in ein Aktienportfolio investieren kann, lassen sich über einen Zeitraum von zehn Jahren bei einer durchschnittlichen Rendite von acht Prozent rund 116.000 Euro verdienen.

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„Richtig“ Investieren bedeutet also, nach Kenntnis der eigenen Lage bewusst Risiken einzugehen, die von Kapitalmärkten vergütet werden. Das gelingt auch ohne vermeintliche Superstar-Fondsmanager oder Daytrading. Dabei ermöglicht dieser Ansatz Investoren nicht nur bessere Renditen, sondern erfordert auch weniger Zeiteinsatz und schont Nerven.

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