Verkehrte (Finanz)Welt
Anleger, die dem Klima helfen wollen, können auf Waldinvestments setzen. Quelle: imago images

Wie Sie mit Investments die CO2-Menge senken

Das Thema Nachhaltigkeit ist präsenter denn je, auch bei Anlegern steigt das Interesse. Lässt sich mit nachhaltigen Investments ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz leisten? Was Anleger tun können.

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Die Finanzwirtschaft bietet eine Reihe von Lösungen an, um Anlegern das „grüne“ Investieren zu ermöglichen, etwa „Green Bonds“ oder Fonds nach sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance). Der Fokus liegt dabei meist auf der Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen (Emissionsbegrenzung), etwa durch Investitionen in erneuerbare Energien. Das Problem: Inwieweit dadurch fossile Energieträger ersetzt und ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden, ist für Privatanleger nur schwer nachvollziehbar. Eine gesetzliche Offenlegungspflicht für die Emittenten solcher Produkte gibt es derzeit nicht – in einigen Fällen bleibt es daher lediglich beim „grünen“ Anstrich.

Doch gibt es Alternativen? Sinnvoll erscheint es, sich bei der nachhaltigen Geldanlage mit der aktiven Senkung und langfristigen Bindung von CO2 zu befassen.

Wald als nachwachsender Rohstoff

Standardisierte Anlagemöglichkeiten, die gezielt den Zweck der CO2-Bindung verfolgen, sind begrenzt - insbesondere für Privatanleger. Eine Option bieten Investments in Wald. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V. (AGDW) befindet sich die Hälfte aller Waldflächen in Deutschland, dies sind rund fünf Millionen Hektar, in Privateigentum. Nachhaltigkeitsmotive und wirtschaftlich-renditebezogene Motive lassen sich bei einer Wald-Anlage grundsätzlich in Einklang bringen. Wald dient effektiv als aktiver CO2-Senker, gleichzeitig erwerbe ich als Anleger Sachwerte mit langfristiger Wertsteigerung und generiere Erträge durch die Vermarktung des nachwachsenden Rohstoffes Holz.

Allerdings gibt es auch Risiken, etwa Kollateralschäden durch Schädlingsbefall, Unwetter oder Waldbrand. Zudem sind Forst-Anlageformen vergleichsweise illiquide. Die Wirtschaftlichkeit der Holzernte ist meist erst bei größeren Flächen gegeben und muss im Zusammenspiel mit den Kommunen oder Dienstleistern organisiert werden.

Vor der Entscheidung eines Wald-Grundstückskaufs muss sich ein Anleger daher intensiv mit dem gesamten Prozess von der Pflanzung über die Bewirtschaftung bis zur Ernte auseinandersetzen. Dem stehen jedoch signifikante Potenziale gegenüber. Zahlen des TFZ Bayern legen nahe, dass der durchschnittliche jährliche Holzzuwachs von zwölf Festmetern Holz pro Hektar (ca. 6.000 kg) rund 2.450 Litern Heizöl entspricht. Bei einem angenommenen Preis von 70 Cent je Liter Heizöl wäre dies ein jährlicher Bruttoertrag von rund 1.700 Euro je Hektar.

Schnell wachsende Pflanzenarten

Unter Kurzumtriebsplantagen (KUP) versteht man systematisch auf Ackerflächen angelegte Pflanzungen von schnell wachsenden Pflanzenarten. Durch die hohe Wuchsleistung kann die Ernte bereits ein bis zwei Jahre nach Start erfolgen – und danach in weiteren kurzen Zyklen. So kann relativ viel Biomasse – zum Beispiel als Festbrennstoff für Heizanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder für die Biogasherstellung – in kurzer Zeit gewonnen werden. Im Vergleich zur klassischen Forstwirtschaft lässt sich die Bewirtschaftung mit konventioneller Landtechnik mechanisieren und damit einfacher skalieren. Zudem können auch Standorte mit geringerer Bodenqualität einbezogen werden.

KUPs sind in Teilen Deutschlands genehmigungspflichtig, aber auch förderfähig. Da lange Transportwege die Wirtschaftlichkeit und CO2-Bilanz dieser Anlage verschlechtern können, sollten Fragen nach der Bewirtschaftung und regionalen Vermarktung im Vorfeld gründlich geklärt werden. Es bleibt zudem abzuwarten, ob die Nachfrage nach KUP-Sorten (Pappel, Paulownia), die derzeit eher als Nischen-Industriehölzer gelten, weiter zunehmen wird. Auswertungen des TFZ Bayern deuten darauf hin, dass jährliche Trockenmasseerträge von 10 bis 15 Tonnen (in einigen Fällen sogar über 20 Tonnen) pro Hektar erzielt werden können. Dies entspräche einem Heizöläquivalent von mindestens 4.000 Litern.

Indirekte Anlageformen

Neben den genannten direkten Anlageformen zur CO2-Bindung existieren auch indirekte Beteiligungsmodelle, meist in Form geschlossener Fonds. Diese wurden von zahlreichen Marktteilnehmern (Beispiel: Stiftung Warentest) zuletzt eher kritisch betrachtet. Einerseits aufgrund fehlender Transparenz und hoher Risiken inklusive Gefahren des Totalverlusts. Andererseits ist auch der ökologische Mehrwert im Sinne einer gesamthaften CO2-Bilanz zu hinterfragen, wenn Forstflächen in Schwellenländern für den Export nach Europa bewirtschaftet werden. Es gibt jedoch auch positive Beispiele, etwa Kiribaum-Plantagen, an denen Anleger indirekt über Anleihen partizipieren können.

Ausblick: Mehr als Aktionismus

Anlegern den Zugriff auf Investments mit dem Ziel der CO2-Bindung zu erleichtern, wäre wünschenswert und mehr als reiner Klima-Aktionismus. Projekte zur aktiven Senkung von CO2 könnten Geldanlagen ergänzen, die der Emissionsbegrenzung dienen und auf denen der Schwerpunkt von Politik, Regulierung und Finanzbranche derzeit (noch) liegt. Erforderlich dafür ist ein konzertiertes Agieren von Behörden und Wirtschaft. Beispielsweise könnten finanzielle Anreize für Gründer beziehungsweise Unternehmen geschaffen werden, die in KUP investieren, indem der Ankauf der Biomasse garantiert oder eine der produzierten Biomasse entsprechende Menge von CO2-Zertifikaten gutgeschrieben wird. Es gäbe zahlreiche Ansatzpunkte, die Nutzung regional nachwachsender Rohstoffe zu fördern und deren Bewirtschaftung zu unterstützen.

Der Aufbau eines wirtschaftlichen „Ökosystems“ zur CO2-Bindung wäre nicht nur im Interesse der Anleger, die in Zeiten von Niedrigzinsen auf der Suche nach alternativen Assets sind. Es wäre auch für den Kampf gegen den Klimawandel ein essenzieller Faktor.

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