Verkehrte (Finanz-)Welt
Quelle: imago images

Die Zukunft gestrandeter Immobilien in Zeiten des Klimawandels

Immobilien sind von den EU-Klimaplänen erheblich betroffen. Erfüllen sie die regulatorischen Anforderungen nicht, können sie zu sogenannten „Stranded Assets“ werden. Was ist darunter genau zu verstehen? Eine Kolumne.

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Direkte Immobilieninvestments sind grundsätzlich illiquide sowie intransparent und managementintensiv. Dennoch: Sie sind eine begehrte alternative Assetklasse für langfristig orientierte Anleger, bieten sie doch potenziell Inflationsschutz sowie eine relativ stabile Einkommensquelle durch Mieteinnahmen und haben Wertsteigerungspotenzial. Im Portfoliokontext tragen sie zur Diversifikation bei.

Gegenwärtig sind Immobilien allerdings – wie nahezu alle Vermögenswerte – stärker denn je von Klimarisiken betroffen. Damit sind nicht allein negative Effekte auf den Immobilienwert durch das physische Risiko von Extremwetterereignissen gemeint. Signifikant sind zudem die sogenannten transitorischen Risiken, die entlang des politisch angestoßenen Übergangs zur Dekarbonisierung bis 2050 entstehen. Immobilen, die aufgrund ihres hohen CO2-Ausstoßes die regulatorischen Anforderungen künftig nicht erfüllen, werden schwerer vermietbar und verkäuflich. Dies ist mit „Stranded Assets“ gemeint. Diese Objekte werden stark an Wert verlieren.

Handlungsdruck

Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen der Immobiliensektor steht, um die in der EU (Green Deal) und Deutschland (Klimaschutzplan 2050) aufgelegten CO2-Ziele und Fristen einzuhalten. Der Betrieb von Gebäuden verursacht mehr als ein Drittel (36 %) der gesamten Treibhausgasemissionen in Europa. Dies ist kaum überraschend, denn drei von vier Immobilen (75 %) im EU-Raum sind nicht energieeffizient. Die meisten davon (circa 85 bis 95 %) werden voraussichtlich im Jahr 2050 noch genutzt.

Umso näher die Termine für die regulatorischen Vorgaben rücken, desto weniger Rendite werden energieineffiziente Gebäude erzielen, denn

  1. ihr Verkehrswert sinkt und der sogenannte „Brown Discount“ steigt
  2. die Energiekosten für den Verbrauch immer teurerer fossiler Quellen klettern
  3. die Kosten für Vermieter an der CO2-Steuer könnten bald bis zu 95 Prozent betragen
  4. die Opportunitätskosten (durch entgangene Mieteinnahmen bei schwer vermietbaren gestrandeten Objekten) werden immer höher
  5. bei bestehender Fremdfinanzierung werden finanzielle Kennzahlen („covenants“) gerissen und etwaige Anschlussfinanzierungen teurer oder unmöglich
Gute Hausverwalter sind schwer zu finden. Eigentümer und Vermieter können alternativ digitale Angebote nutzen. Die aber haben auch ihre Tücken. Vom Service bis zu den Kosten – das müssen Sie jetzt wissen.
von Niklas Hoyer

Chancen gestrandeter Immobilien

Was können Privatinvestoren tun, um ihre Portfolien vor „gestrandeten Immobilien“ zu schützen? Im ersten Schritt sollten Eigentümer den klimaspezifischen Status Quo ihres Immobilienbestands auf Einzelobjektbasis ermitteln. Die Quantifizierung des Energieverbrauchs und des daraus resultierenden CO2-Ausstoßes ermöglicht eine transparente Einschätzung des „Stranding“-Risikos. Investoren können das auf EU-Ebene entwickelte Tool CREEM (www.crrem.eu) verwenden, um den Dekarbonisierungspfad und den voraussichtlichen „Stranding“-Zeitpunkt eines Gebäudes zu berechnen. In diesem Zuge können Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen chronologisch erfasst sowie Kosten unter Berücksichtigung verfügbarer Förderprogramme sowie grüner Finanzierungsmöglichkeiten dokumentiert werden. Die gesammelten Erkenntnisse erhöhen die Transparenz und helfen bei den Investitionsentscheidungen.

Auf Portfolioebene folgt eine Priorisierung der Einzelobjekte: Sind Modernisierungsmaßnahmen nicht wirtschaftlich umsetzbar, können Exit-Strategien erarbeitet werden. Bei wirtschaftlich umsetzbaren Projekten können etwa der Energieverbrauch aus fossilen Quellen und klimaschädliche Kühlungen durch intelligente Gebäudetechnik auf das Notwendigste reduziert werden. Durch die Integration kosteneffizienter erneuerbaren Energien wie Solar- und Windenergie oder Geothermie (überwiegend aus lokalen Quellen) können klimabezogene transitorische Risiken im Immobilienportfolio weitgehend vermieden werden. PV-Dachanlagen sowie entsprechende Wärme- und Kälteversorgung tragen ebenfalls zur Dekarbonisierung bei.

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Ausblick

Für die nachhaltige Optimierung gestrandeter Immobilien gibt es keine Standardlösung. Der Prozess ist komplex, zeit- und ressourcenintensiv. Er bedingt Erfahrung. Mit einer frühzeitig durchdachten Strategie, innovativen Lösungen und gegebenenfalls professioneller Begleitung können direkte Immobilieninvestments wirtschaftlich dekarbonisiert werden. Eine neutral bis positive Kapitalrendite kann erreicht werden, indem das Wertsteigerungspotenzial (durch grüne Prämie, höhere Nachfrage) und die Energie- und Steuerersparnisse langfristig das eingesetzte Kapital übersteigen. Im Rahmen der klimafreundlichen Optimierung bieten sich auch Chancen, um geänderte Nutzeranforderungen in die ganzheitlichen Überlegungen einzubeziehen. Nicht zuletzt sollten – neben der Umwelt – wir auch gesamtgesellschaftlich davon profitieren.

Die Kolumne „Verkehrte Finanzwelt“ entsteht in Zusammenarbeit mit der CFA Society Germany.

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