Wohnen in Metropolen Immobilienpreise entkoppeln sich von Einkommen

Zwei neue Untersuchungen zeigen, wie eng der Wohnungsmarkt in den Metropolen ist: Die Immobilienpreise entkoppeln sich von der Einkommensentwicklung. Und die Mietpreisbremse wirkt nicht. Abkühlung ist nicht in Sicht.

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Der Immobilienboom setzt sich fort – der Markt wird immer enger. Quelle: dpa

Düsseldorf Der deutsche Immobilienmarkt boomt – auf dem Land wie in den Städten. Wie hart die Zeiten für Kaufwillige und Mieter mit kleinem Einkommen sind, zeigen zwei neue Untersuchungen. Wie eine Studie des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zeigt, hat die Preisdynamik 2016 weiter zugelegt – und den Wohnungskauf zunehmend verteuert.

In den Metropolen haben sich die Preise von Wohneigentum von den verfügbaren Einkommen der Bürger demnach „signifikant abgekoppelt“: Die Kaufpreise in den sechs größten deutschen Städten – Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt und Stuttgart – sind seit 2007 im Schnitt um mehr als 50 Prozent gestiegen. „Nach unserer Einschätzung sind die Preise damit in den vergangenen zehn Jahren um rund 45 Prozentpunkte stärker gestiegen als die verfügbaren Einkommen der Stadtbewohner“, erklärt BVR-Vorstand Andreas Martin. Auch die meisten anderen städtischen und ländlichen Regionen Deutschlands erlebten einen deutlichen Preisanstieg.

Der BVR sieht die Politik in der Pflicht, etwas gegen die Immobilienpreisrallye zu unternehmen. Der Verband schlägt einen Dreiklang an Maßnahmen vor: Städte sollten mehr Bauland ausweisen, preistreibende Bauauflagen sollten nicht zu streng ausgelegt und die Mietpreisbremse sollte nicht weiter verschärft werden.

Auch der Deutsche Mieterbund (DMB) diagnostiziert eine Preisrallye in den Metropolen – kommt aber zu einem ganz anderen Schluss bei der Frage, was politisch zu tun ist. Der DMB beruft sich auf ein aktuelles Gutachten für die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Demnach zahlen Mieter in Deutschland 310 Millionen Euro pro Jahr zu viel an ihre Vermieter. Auf diese Zahl summierten sich die Überschreitungen der seit zwei Jahren geltenden Mietpreisbremse.

„Die Mietpreisbremse funktioniert nicht. Gutachten und die Erfahrungen der örtlichen Mietervereine belegen, die Auswirkungen gesetzlichen Regelung sind praktisch gleich null“, kritisiert Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten. Vor allem bei der Wiedervermietung langten Vermieter kräftig zu: „Ein Großteil hält sich nicht an die gesetzlichen Regelungen. Mieter können die komplizierten und intransparenten gesetzlichen Regelungen mit vielen Ausnahmetatbeständen kaum nutzen.“ Bundesweit würde die Mietpreisbremse bei 44 Prozent der Neuvermietungen verletzt. Fast jedes zweite Wohnungsangebot sieht demnach eine überhöhte Miete vor. „Der Gesetzgeber muss endlich handeln. Er darf nicht weiter tatenlos zusehen, wie ein Gesetz auf breiter Front ignoriert und verletzt wird und wirkungslos verpufft“, fordert Siebenkotten.

Die Bremse sieht vor, dass die ortsübliche Vergleichsmiete bei Neuvermietungen maximal um zehn Prozent überschritten werden darf. Für Vermieter, die sich nicht an die Obergrenze halten, fordert der Mieterbund Sanktionen. Ausnahmen müssten gestrichen werden, mindestens sollten bei Vertragsabschluss Angaben zur Vormiete, zu Modernisierungsarbeiten und Möblierungszuschlägen Pflicht sein.

Ob Mieter dann Überschreitungen auf breiter Front anzeigen würden, ist allerdings fraglich. Gerade in den Metropolen dürften viele froh sein, nach langer Suche überhaupt eine Wohnung gefunden zu haben. Mit einer Abkühlung der Preise ist laut dem genossenschaftlichen Bankenverband sowieso nicht zu rechnen: Selbst für die heißen Metropolen-Märkte seien keine starken Rückschläge zu erwarten, diagnostiziert der BVR. Zu stark seien der Nachfrageüberhang und der weiter stabile Zuzug von Neubürgern, kurz: die anhaltende Attraktivität der Metropolen.

Auch in kleineren Städten und auf dem Land rechnet der BVR nicht mit einem Preiseinbruch. Anders als in den Metropolen hätten sich die Preise hier aber nicht von der Einkommensentwicklung entkoppelt. „Vielmehr haben sich die Preise für Wohneigentum in den vergangenen zehn Jahren weitestgehend im Einklang mit ihren wichtigsten Fundamentaldaten, den Einkommen und den Mieten, entwickelt“, sagt Vorstand Andreas Martin. Der deutsche Immobilienboom dürfte damit weitergehen.

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