Kündigungswelle von Hochzinsverträgen So verklagen Sie Ihre Bausparkasse

Mehr als 200.000 Bausparverträge haben die Bausparkassen schon gekündigt. Knapp tausend Klagen haben Sparer dagegen eingereicht. Wie Kunden sich wehren können – und was sie beachten sollten.

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Gut tausend Sparer verklagen ihre Bausparkassen, ein höchstrichterliches Urteil steht noch aus. Quelle: Getty Images

Die niedrigen Zinsen lasten auf den Bausparkassen. Sie haben Sparern vor einigen Jahren relativ hohe Sätze zugesagt, am Kapitalmarkt fällt es ihnen nun schwer, das nötige Geld für ihr Versprechen zu verdienen. Deshalb kündigen die Bauparkassen reihenweise Verträge. Insgesamt haben die Bausparkassen mehr als 200.000 Bausparverträge gekündigt. Die Kündigungen treffen Kunden aller großen Institute - von Landesbausparkassen, der BHW, Schwäbisch Hall und Wüstenrot.

Dabei geht es um Verträge, die seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif waren. Die Kunden hätten ein Darlehen also längst in Anspruch nehmen können, haben das aber nicht getan. Ein Vertrag ist zuteilungsreif, wenn die vereinbarte Mindestansparsumme erreicht wurde und eine ausreichende Bewertungszahl vorliegt. Das hängt vom gewählten Tarif ab.

Diese Bausparkassen sollten Sie lieber meiden

Viele Kunden lassen sich das aber nicht gefallen. Sie klagen. In etwa 1.000 Fällen sind Sparer bereits vor Gericht gezogen. Der Verband der Privaten Bausparkassen nannte die Zahl von 970 Verfahren gegenüber dem Handelsblatt.
Wie sollten Kunden, deren Verträge gekündigt wurden, am besten vorgehen?

Wichtig ist, dass man zunächst prüft, welchen Grund die Bausparkasse für die Kündigung nennt. Ist die Bausparsumme in voller Höhe angespart, seien in der Regel die gesetzlichen Regelungen aus dem Darlehensrecht anwendbar, so die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Ein Rechtsstreit gilt in diesem Fall als wenig aussichtsreich.

Die Tücken beim Immobilienkauf
Trotz kräftig gestiegener Wohnungspreise in vielen Großstädten ist in Deutschland nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) derzeit keine gefährliche Immobilienblase in Sicht. Bis jetzt seien Eigentumswohnungen nicht überbewertet, heißt es in der am 11. März in Köln vorgelegten Untersuchung. Die Studie habe gezeigt, dass in der jüngeren Vergangenheit vor allem Nachholeffekte die Preise für Wohnimmobilien in die Höhe getrieben hätten. Auch regional betrachtet sei der deutsche Wohnungsmarkt weitgehend gesund, hieß es. Besonders deutlich waren die Preise für Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2014 in München, Berlin und Hamburg gestiegen. Auf den weiteren Plätzen rangierten Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt und Köln.Worauf Immobilienkäufer dennoch achten sollten: Quelle: dpa
Nebenkosten Quelle: dpa
echenübungenUm das Thema Immobilienkauf auf einer realistischen Basis angehen zu können, muss zunächst genau gerechnet werden. Wie viel Einkommen ist vorhanden, wie groß ist der Spielraum für die Investition? Denn auch wenn Immobilienkredite derzeit besonders günstig sind: eine Komplettfinanzierung ist nicht ratsam. Experten raten, mindestens 20 Prozent der Kosten mit Eigenkapital zu finanzieren. Je mehr, desto besser. Wer weiß, wie viel Eigenkapital er aufbringen kann, der weiß auch, in welcher Preisklasse er sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie machen kann. Quelle: dpa
ObjektbesichtigungNiemand sollte ein Gebäude kaufen, dass er nicht persönlich in Augenschein genommen hat. Selbst bei geplanten Neubauten – zum Beispiel vom Bauträger – ist die Besichtigung des Grundstücks und eines Vergleichsgebäudes (Musterhaus) zwingend. Bei bereits fertiggestellten Häusern und Gebrauchtimmobilien sind mehrere Besichtigungstermine Pflicht. Zum Beispiel kann dem Interessenten bei einer Besichtigung am Wochenende schnell der laute Schulhof ein paar Häuser weiter oder die stark befahrene Straße hinter dem Haus entgehen. Auch ein längerer Spaziergang durch die nähere Umgebung und Gespräche mit den Nachbarn helfen, ein Objekt realistisch einzuschätzen. Quelle: ZBSP
Lage, Bebauungspläne, BaugenehmigungenSpätestens mit der Besichtigung sollten sich Hauskäufer Gedanken über die Güte der Wohnlage machen. Kein Kriterium entscheidet später deutlicher über den Werterhalt einer Immobilie. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Wie sind Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Freizeitangebot und Umweltverschmutzung der Umgebung? Auch Wirtschaftskraft, Arbeitsplatzangebot und Qualität der Nachbarschaft sind Faktoren, die den Immobilienwert beeinflussen können. Außerdem sollten sich Interessenten über Bebauungspläne in unmittelbarer Nachbarschaft beim örtlichen Bauamt erkundigen. Dort gibt es auch Auskunft zu vorliegenden Baugenehmigungen und Hinweise auf Bergbauschäden, Hochwasserrisiken und ähnliches. Quelle: dpa
Beginnen Sie Ihren Rundgang im KellerNachdem die Nachbarschaft durchlaufen wurde, geht es an die Besichtigung im Inneren des Hauses. Dort sollten Sie nicht im Wohnzimmer starten, dass könnte die Stimmung positiv beeinflussen und den Blick fürs wesentliche nehmen. Ein realistischeres Bild vom Wert des Hauses bekommen Sie im Keller. Achten Sie darauf, ob er feucht ist oder es muffig riecht. Beides deutet auf Schimmel hin und könnte hohe Folgekosten haben. Auch die Heizungsanlage sollten Sie eines Blickes würdigen. Wie alt ist das Gerät, ist es eine Gasheizung? Von Nachtstromgeräten raten Experten ab. Quelle: dpa
SachverständigengutachtenInsbesondere bei einer Gebrauchtimmobilie verstecken sich die Tücken im Detail. Verdeckte Gebäudemängel sind keine Seltenheit, oftmals sind sie selbst dem Verkäufer nicht alle bekannt. Eine feuchte Dachisolierung, handwerklich verpfuschte Einbauten oder marode Gebäudesubstanz sind für den Laien nicht unbedingt erkennbar. Daher empfiehlt sich in solchen Fällen die Einschaltung eines Sachverständigen, der das Objekt genau unter die Lupe nimmt. An den Kosten dafür (mehrere hundert Euro) sollte sich der Verkäufer möglichst beteiligen. Das ist zum einen Vertrauensbeweis und hilft dem Verkäufer außerdem, sollte ein Interessent abspringen, bei den weiteren Verkaufsgesprächen Quelle: dpa

Anders ist das, wenn die Verträge seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif waren. Bekommt der Kunden ein Schreiben von der Bausparkasse mit einem Auftrag auf Guthabenauszahlung, sollte er den nicht unterschreiben und zurückschicken – sondern besser seinem Unmut Luft machen, wie die Verbraucherzentrale empfiehlt. Zum Beispiel durch einen Brief an die Bausparkasse. Im Zweifelfall kann man sich an eine Verbraucherzentrale wenden.

Der Kunde ist entschlossen zu klagen. Aber wie?

Der erste Schritt sollte sein, sich einen guten Anwalt zu suchen. Beispielsweise einen Juristen, der auf Anlegerrecht oder Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist.

Wie sieht die Rechtsprechung bisher aus?

Der Verband der Privaten Bausparkassen hat bisher 89 Urteile registriert – 79 zugunsten der Bausparkasse und zehn zugunsten der klagenden Kunden. Vor Gericht geht es vor allem um die Frage, ob sich die Bausparkassen auf Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) berufen können.

Welche Bausparer gute Chancen haben

Der Vorschrift zufolge darf ein Darlehensnehmer einen Kreditvertrag nach zehn Jahren kündigen. Strittig ist, ob das, wenn der Vertrag seit zehn Jahren zuteilungsreif ist, auch für eine Bausparkasse, die in der Ansparphase Darlehensnehmer ist, gilt.
Die Bausparkassen meinen: ja. „Der gesetzliche Zweck eines Bausparvertrages ist es, dass der Bausparer nach Einzahlung seiner Bausparraten einen Anspruch auf ein Bauspardarlehen erlangt.

Teure Fallen in der Baufinanzierung

Dieser Zweck ist mit Zuteilung erreicht, auch wenn die Option besteht, das Darlehen nicht sofort abzurufen“, sagt Johannes Meinhardt, Partner der Wirtschaftskanzlei Meinhardt, Gieseler & Partner. Er vertritt Bausparkassen. „Die Zuteilung ist die wesentliche Zäsur im Bausparvertrag. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Zehn-Jahresfrist, nach deren Ablauf die Kündigung zulässig ist.“

Ein Urteil eines Oberlandesgerichts (OLG) gibt es bisher noch nicht, aber einen Beschluss des OLG Hamm (Az. I-31 U 182/15), der die Entscheidung der Landgerichts Münster bestätigt: Es gibt der Bausparkasse Recht.

Welche Chancen haben Klagen dann?

Experten gehen davon aus, dass letztlich ohnehin der Bundesgerichtshof über die Frage entscheidet. Bis dahin dürften die Kündigungen also umstritten bleiben. Ein Urteil, das Bausparern Recht gab, kam vom Landgericht Karlsruhe (Az. 7 O126 15).
In dem Fall hat die Deutsche Bausparkasse Badenia den Bausparvertrag im Februar gekündigt. Der Vertrag aus dem Jahr 1991 war seit 2002 zuteilungsreif, die Kunden, ein Ehepaar, hat das Darlehen aber nicht abgerufen. Das Landgericht stellte fest: Der Beklagten, also Badenia, „steht kein Kündigungsrecht zu“.

Laut dem Urteil kann sich die Bausparkasse nicht auf Paragraf 489 BGB berufen - und auch nicht auf den Kollektivcharakter des Bausparens. Vielmehr müsste sie im Zweifelsfall versuchen, die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge zu ändern, etwa die Verzinsung der Guthaben zu senken. Dem habe die Finanzaufsicht Bafin bisher aber nicht zugestimmt.

Das ließe darauf schließen, „dass eine Gefährdung der Belange des Bausparkollektivs derzeit nicht vorliegt“. Auch das Landgericht Stuttgart gab kürzlich einer Bausparerin Recht. Sie hatte gegen die Kündigung des Bausparvertrags durch Wüstenrot geklagt. „Da es sich um die allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Standardvertrages handelt, gibt es viele vergleichbare Fälle“, meint der Marburger Anwalt Thomas Basten, der die Kundin vertritt.


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