Rein rechtlich

Was die Haftungsbegrenzung des BGH beim Hauskauf bedeutet

Verkäufer von Immobilien haften nicht unbegrenzt für Mängel des Gebäudes. Ist eine Sanierung erforderlich, kommt der Käufer nur für den Minderwert auf, stellte der Bundesgerichtshof nun klar.

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So schützen sich Immobilienkäufer vor Baumängeln
Häufige BaumängelDie häufigsten Baumängel verbergen sich im Keller, im Dach, bei der Fassade oder bei Strom-, Gas- und Wasserleitungen. Auch bei der Heizung oder den Fenstern steckt oft Pfusch oder veraltete Technik dahinter. Und nicht alle Fehler sind bei einer ersten Begehung mit bloßem Auge erkennbar. Quelle: dpa
SanierungskostenSchätzungen des Verbands privater Bauherren (VPB) zufolge verursachen Häuser, die zwischen 1945 und Anfang der 80er Jahre gebaut wurden - bevor die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat - Zusatzkosten für eine Sanierung von bis zu 50 Prozent. Erst nach dieser Investition wäre das alte Gebäude wieder auf dem aktuellen Stand der Technik und würde heutigen Wohnerfordernissen entsprechen. Bei einer Hausbesichtigung aber alle Sanierungsmaßnahmen und Schritte zu überblicken, dürfte die meisten Immobiliensuchenden überfordern. "In aller Regel unterschätzen Käufer gebrauchter Immobilien den Sanierungsbedarf", bestätigt auch Thomas Penningh, Sachverständiger und Präsident beim Verband privater Bauherren. Quelle: AP
Gutachter bestellenDamit die gebrauchte Immobilie nicht zum finanziellen Desaster wird, sollten Käufer unbedingt einen Sachverständigen hinzuziehen. Ein erfahrener Sachverständiger kann innerhalb von einigen Tagen ein brauchbares Gutachten erstellen. Die Begehung des Wunschobjektes dauert nur zwei bis drei Stunden. Schon im Anschluss kann der Gutachter seine Einschätzung mit dem Kaufinteressenten besprechen und erste Empfehlungen geben. "Wir urteilen in der Regel grob in drei Abstufungen: Empfehlenswert, bedingt empfehlenswert oder nicht empfehlenswert", erklärt Penningh vom Verband privater Bauherren. Quelle: Fotolia
Kosten für das GutachtenDie Begutachtung eines durchschnittlichen Einfamilienhauses kostet grob geschätzt 500 Euro. Innerhalb weniger Tage wird auf Wunsch auch noch eine schriftliche Ausarbeitung der Ergebnisse erstellt. Dafür werden nochmals rund 300 Euro fällig. Fähige Gutachter finden Immobilienkäufer beispielsweise bei der Industrie- und Handelskammer. Quelle: Fotolia
Geringe PreisnachlässeBei der hohen Immobiliennachfrage sind allerdings Verkäufer in aller Regel nicht bereit, deutlich von ihren Preisvorstellungen abzurücken. „Das Gutachten dient vor allem als wichtige Entscheidungsgrundlage für den Kaufinteressenten“, weiß Penningh aus Erfahrung. Dennoch: Wer harte Verhandlungen nicht scheut, sollte zumindest versuchen, den Kaufpreis zu drücken - wenigstens um die Kosten des Gutachtens. Quelle: dpa
Eine Lupe zeigt Baumängel an einem Wohnhaus Quelle: dpa, Montage
Versteckte MängelBesagte verdeckte Baumängel können sich nach Vertragsabschluss schnell zu einem großen Ärgernis entwickeln. Anders als beim Kauf von Neubauten, bei denen Bauunternehmen oder Bauträger noch mindestens fünf Jahre für verdeckte Baumängel haften müssen, kommt es bei gebrauchten Immobilien deswegen nur selten zum Schadenersatz. Denn ähnlich wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens wird eine Gebrauchtimmobilie mitsamt ihrer Mängel gekauft. Eine generelle Mängelhaftung auf Seiten des Verkäufers besteht somit entgegen landläufiger Meinung nicht. In der Regel wird diese vom Verkäufer im Kaufvertrag ohnehin wirksam ausgeschlossen. Quelle: Fotolia

Eine Studentin hatte ein Mietshaus in Berlin geerbt und (weit unter Wert) für 260.000 Euro verkauft. Von einem Gutachter hatte sie sich bescheinigen lassen, dass das Haus in gutem Zustand war. Die Käuferin stellte jedoch fest, dass die Immobilie mit echtem Hausschwamm befallen war, und klagte auf Schadensersatz. Zunächst wurden ihr ca. 90.000 Euro für die Aufwendungen sowie 45.000 Euro als Ausgleich trotz der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts zugesprochen. Die Richter hielten aber fest, dass die Studentin auch für weitergehende, durch den Pilzbefall hervorgerufene Schäden aufkommen müsse. Nach der Sanierung klagte die Käuferin auf weitere ca. 500.000 Euro Schadensersatz und bekam in den Vorinstanzen Recht. Nach Ansicht des Berliner Kammergerichts sei die Haftung in einem solchen Fall nicht begrenzt.

Tanja Nein Quelle: Presse

Der Bundesgerichtshof schob dem nun einen Riegel vor. Bei unverhältnismäßig hohen Kosten für die Mängelbeseitigung sei der Schadensersatzanspruch zum Schutz des Verkäufers auf die mangelbedingte Wertminderung der Kaufsache beschränkt, stellten die Karlsruher Richter klar. Für unverhältnismäßig hohe Kosten zur Beseitigung von Mängeln, die mehr als das Doppelte des Kaufpreises betragen, muss der Verkäufer nicht haften. Der Wert des Hauses betrug laut Kammergericht 600.000 Euro, der wegen des Pilzbefalls verminderte Wert 507.000 Euro. Auf den viel niedrigeren Kaufpreis kam es in diesem Fall nicht an. Übersteigen die Kosten zur Reparatur des Schadens das Doppelte der Wertminderung, also hier 186.000 Euro, sei dies nach Ansicht des BGH dem Verkäufer nicht mehr zuzumuten.

Harald Reitze Quelle: Presse

Die Bundesrichter stärken damit Immobilienverkäufern den Rücken. Das Risiko von Schadensersatzansprüchen nach einem Grundstücksverkauf wird wirksam in der Höhe begrenzt. Das System zur gesetzlichen Gewährleistung bei Immobilienkäufen wird dadurch grundlegend konkretisiert. Zudem ist der Erwerber einer Immobilie nach Ansicht der Richter verpflichtet, bei einer Sanierung wirtschaftlich zu handeln. Explodieren die Kosten, muss er auch prüfen, ob er die Beseitigung der Mängel abbricht.

Allerdings gilt dieses Urteil nur für die Fälle, bei denen eine sonst übliche Haftungsbegrenzung im Kaufvertrag nicht trägt. Normalerweise wird die Haftung für Mängel beim Verkauf einer Immobilie im Kaufvertrag geregelt und begrenzt. Nur bei arglistig verschwiegenen Mängeln gelten die vertraglichen Regeln nicht und der Verkäufer haftet voll. Im vom BGH entschiedenen Fall wurde der Käufer über den Hausschwammbefall nicht informiert. Ein solcher Mangel muss aber ungefragt aufgedeckt werden. Ansonsten kann bereits dieses Vorgehen eine arglistige Täuschung darstellen. Die 'arglistige Täuschung' beginnt nämlich weit früher als man annehmen kann. Ein böser Wille oder ein verwerfliches Ziel sind nicht erforderlich. Bereits Behauptungen ins Blaue – oder wie hier der Hinweis auf ein Gutachten - können genügen. Da der Verkäufer dies versäumt hatte, lief die Haftungsbeschränkung des Kaufvertrags ins Leere.

Nun hat der BGH aber auch für diesen Fall der gesetzlichen Haftung eine Grenze gezogen und die Haftungshöhe beschränkt. Wir meinen: eine gerechte Entscheidung für Käufer und Verkäufer von Immobilien.

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