Betriebliche Altersversorgung Raus aus der Niedrigzinsfalle

Die anhaltend niedrigen Kapitalmarktzinsen zwingen Manager von Pensionsvermögen zum Umdenken. Verschiedene neue Modelle für die Betriebsvorsorge sollen die Chancen auf höhere Rendite vergrößern.

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Im Schlosspark Pillnitz in Sachsen: Um auch künftig für vertretbare Betriebsrenten zu sorgen, diskutieren Manager von Pensionsvermögen und Anbieter neue Modelle. Quelle: dpa

Frankfurt Drei bis vier Prozent Rendite im Jahr brauchen Manager von Pensionsvermögen in der Regel, um Betriebsrenten zu finanzieren. Doch bei Anleiherenditen von oft unter einem Prozent wird dieses Ertragsziel unerreichbar für viele Geldverwalter, die meist gewichtig auf Zinspapiere setzen. Diskutiert werden daher immer stärker geringere Kapitalgarantien in der Betriebsvorsorge, die eine maßgebliche Ursache für das hohe Gewicht von Anleihen im Portfolio bilden.

Versicherungen als bedeutende Anbieter in der betrieblichen Altersversorgung betonen zwar nach wie vor den großen Bedarf an Garantien: So erklärte Andreas Wimmer, Vorstand der Lebensversicherung des größte europäischen Versicherers Allianz, kürzlich auf einer Handelsblatt-Konferenz, dass einer Umfrage zufolge nur rund ein Viertel der Arbeitnehmer für eine Chance auf höhere Renditen auf Garantien ihrer gezahlten Beiträge verzichten würde. Doch in der neuen Versicherungswelt würden Beiträge statt zuvor ein fester Zins garantiert, sagte Wimmer.

Neu sind etwa bei Direktversicherungen, für die Arbeitnehmer von ihrem Brutto-Gehalt für eine Betriebsrente sparen, Verträge mit reduzierter Kapitalgarantie von 80 Prozent der gezahlten Beiträge. Folglich bleibt ein größerer Teil der Beiträge übrig für freie Kapitalanlage, bei der die Geldmanager stärker auf Rendite setzen können.

Auch im geplanten Gesetz zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung (BAV) will die Bundesregierung eine Betriebsvorsorge über ein neues Modell schaffen. Über Tarifverträge sollen Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften Versorgungseinrichtungen mit dem Pensionsmanagement betrauen. Arbeitgeber werden zudem aus der sonst üblichen Haftung entbunden, was für eine stärkere Verbreiterung der der Betriebsvorsorge vor allem im kleinen und mittelgroßen Firmen und bei Beziehern niedriger Einkommen sorgen soll. Das Risiko geht über auf die Versorgungseinrichtungen der Sozialpartner.

Diese garantieren nach dem neuen Gesetz aber künftig nur noch die Einzahlung der Beiträge, und es kann eine Zielrente vereinbart werden. Der Verzicht einer bisher üblichen Mindestleistung ermöglicht den Anbietern, das Pensionskapital in risiko-, aber auch chancenreichere Anlagen wie Aktien anzulegen.

Der Trend geht zu weniger Garantien

Andere Anbieter suchen einen neuen Mix aus reduzierter Garantie und höheren Renditechancen: „Am Markt gibt es bisher keine Modelle, Risiken auszulagern und attraktive Renditen sicherzustellen“, sagt Matthias Edelmann, Vorstand beim Beratungshaus Lurse. Zusammen mit dem Versicherer Generali und dem Fondsanbieter Fidelity hat Lurse ein Modell entwickelt, das langfristig höhere Renditen als reine Versicherungsprodukte verspricht. Ihr Ziel: Drei bis vier Prozent Rendite pro Jahr.

Kern des Produkts ist eine Teil-Rückdeckung von BAV-Beiträgen über Generali. Der Arbeitgeber kann zwischen zwischen zehn und achtzig Prozent Rückdeckung wählen. Michael Stille, Vorstand bei der Generali Lebensversicherung, hält fünfzig Prozent für „eine realistische Quote“. Generali garantiert dem Arbeitnehmer den gewählten Teil.

Der Rest des Beitrags fließt in einen Fonds, den Fidelity nach Restlaufzeit flexibel in Aktien, Anleihen und Geldmarktprodukte investiert. Je länger der Anlagezeitraum, desto höher der Aktienanteil. Bei einer Laufzeit von 25 Jahren investiert der Fonds ausschließlich in internationale Aktien. Ab 21 Jahren vor Rentenbeginn starte die sukzessive Umschichtung in Anleihen, erklärt Christof Quiring, Leiter Pensionslösungen bei Fidelity. Kurz vor Rentenbeginn fließt zur Stabilisierung des Kapital ein Teil Geldmarktprodukte. Die Wahrscheinlichkeit für eine positive Rendite liege längerfristig bei mindestens 99 Prozent, meint Quiring. Die Kosten betragen vier Prozent, das sei ein in der BAV gängiger Satz. Das Produkt soll vor allem mittelständischen Firmen angeboten werden.

Das Konzept geht nach Aussage der Anbieter konform mit dem Betriebsrentengesetz, das keine Wertgleichheit zwischen Beitrag und Garantie vorschreibe. Bestärkt sehen sie sich von einem Bundesarbeitsgerichtsurteil vom Herbst, nach dem eine Beitragszusage in der betrieblichen Altersversorgung niedriger sein dürfe als der eingezahlte Betrag. Drei Gutachten bestätigen nach Aussage von Lurse-Vorstand Edelmann das Konzept.

Berater finden den Ansatz interessant. Allerdings sei abzuwarten, ob das Finanzamt eine Teil-Garantie akzeptiere oder Firmen nur einen Teil der gezahlten Beiträge steuerlich geltend machen könnten, sagt ein Experte. Edelmann meint, dass die Renten-Anwartschaften nach einigen Jahren höher als die Rückdeckung seien, was der Fiskus anerkennen dürfte. Der Praxistest steht allerdings noch aus.

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