Geldanlage Bankberater: Vertrauen verspielt

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Laut einer Volksbank-Betriebsvereinbarung darf es keine Sanktionen für Mitarbeiter geben, die ihre Ziele verfehlten. Der Druck auf die Minderleister findet deshalb eher unterschwellig statt. Man solle doch mal über eine Versetzung nachdenken oder am besten einen Auflösungsvertrag unterschreiben, hieße es beispielsweise vom Chef. Die Berliner Volksbank teilte hierzu mit, dass es zwischen den Sozialpartnern „abgestimmte Vereinbarungen“ gebe, „die eingehalten werden“. Darüber hinaus wollte sie den Fall nicht kommentieren.

Bei der Commerzbank kommt eine Besonderheit hinzu. Das Institut hat gerade die Dresdner Bank übernommen. Es ist sicher, dass nicht alle Filialen erhalten bleiben. So mancher Filialleiter nutzt das Insidern zufolge, um Mitarbeiter anzutreiben. In einem konkreten Fall soll im November ein Vorgesetzter zu einem seiner Berater, der seine Ziele verfehlt hat, gesagt haben: „Ich habe mich lange genug vor Sie gestellt. Aber jetzt wird es schwierig für Sie. Wenn wir mit der Dresdner zusammengehen, was glauben Sie, wen man dann nimmt – einen Mitarbeiter der Dresdner oder Sie?“ Die Commerzbank erklärte hierzu, dass ein solcher Vorfall nicht der Unternehmenskultur der Commerzbank entspreche.

Bankbetriebsräte berichten, dass einige Filialleiter derzeit versuchten, positiv aufzufallen – indem sie ihre Ziele übererfüllten, während um sie herum das Geschäft einbricht. Deshalb erhöhten sie selbstständig den Druck auf ihre Mitarbeiter. Hans-Jörg Kuttler, Privatkundenexperte der Unternehmensberatung zeb in Münster, sieht das Problem in der Auswahl des Führungspersonals. „Früher wurden Vorgesetzte wie Filialleiter häufig nach ihrer Vertriebsleistung ausgewählt“, sagt er. „So jemand kann dann gut verkaufen, aber nicht führen.“

Die Finanzkrise hat gezeigt, welch fatale Folgen es haben kann, wenn nur noch auf das schnelle Geschäft geschielt wird. Weltweit haben Investmentbanker ihre Arbeitgeber in den Ruin getrieben, weil sie, motiviert durch hohe Bonuszahlungen, zu hohe Risiken eingingen. Doch die Einsicht, dass sich an den Anreizstrukturen in den Banken grundsätzlich etwas ändern muss, ist bislang nicht eingetreten.

Im Privatkundengeschäft verstärkt sich der Trend zur erfolgsabhängigen Vergütung der Bankberater eher noch. Bei den letzten Tarifverhandlungen in der Bankenbranche forderten die Chefs der privaten Banken, dass das 13. Monatsgehalt variabel ausgezahlt werden kann. „Das hätte zur Folge“, sagt ein Sprecher der DBV Gewerkschaft, „dass das Grundgehalt der Mitarbeiter um ein Monatsgehalt jährlich sinken und das 13. Gehalt entsprechend der Vertriebsleistung – ergänzt um eine Komponente, die sich an der Kundenzufriedenheit orientieren sollte – ausgeschüttet wird.“

Es gibt durchaus positive Ansätze

Im Prinzip ist die variable Auszahlung bereits jetzt möglich, doch nur mit Zustimmung der Betriebsräte. Das wollten die Bankchefs ändern. Künftig sollte eine Einigungsstelle, in der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gleichermaßen vertreten sind und der ein neutraler Vermittler vorsitzt, entscheiden.

Das Modell ist nur für kurze Zeit vom Tisch, darauf einigten sich die Arbeitgeber mit den Gewerkschaften. Letztere verzichten im Gegenzug auf einen Großteil ihrer Lohnforderungen. Ausgestanden ist die Sache allerdings nicht. 2010 steht die nächste Tarifrunde an, und dann gehen die Diskussionen weiter.

Dieser Streit zeige, „dass die in den Banken gesetzten perversen Anreize nicht als eine wesentliche Ursache der Krise gesehen werden“, sagt Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen.

Dabei gibt es durchaus positive Ansätze. Bei der Commerzbank etwa beschäftigen sich Führungskräfte und Betriebsräte in der internen Arbeitsgruppe „im Lot“ mit Themen wie Arbeitszufriedenheit und Vertriebsdruck. Fraglich ist allerdings, ob die Commerzbank das Thema ernst nimmt. Vor eineinhalb Jahren wurde die Initiative gegründet, doch Ergebnisse wurden bislang nicht veröffentlicht – und über die inhaltliche Arbeit der Gruppe will die Commerzbank keine Auskunft geben.

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