Geldanlage Was Zertifikate in der Krise taugen

Discount, Bonus oder Express? Wie Anleger mit den wichtigsten Zertifikatetypen durch turbulente Börsenzeiten kommen.

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Händler an der Wall Street Quelle: dpa

Rolf Hunck ist Aufsichtsrat der Deutschen Bank, berät hauptberuflich vermögende Privatkunden wie etwa Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt – und der gestandene Hamburger Banker ist ein Freund von Zertifikaten. Das zeigte er am 25. Februar: Da kaufte Hunck für 126.280 Euro 2000 Discountzertifikate auf die Aktie der Deutschen Bank, herausgegeben – klar – von der Deutschen Bank.

Das Papier ist gut gewählt: Die Gewinngrenze des Discounts (DE000DB1NYA4) liegt bei 76 Euro. Das entspricht fast genau den Kursen, zu denen die Aktie der Deutschen Bank zum Kaufzeitpunkt gehandelt wurde. Dafür aber zahlte Hunck nur 63,14 Euro pro Stück, gegenüber der Aktie ein Rabatt von fast 17 Prozent. Diese 17 Prozent sind der Puffer des ganzen Investments, denn soweit könnte die Aktie sinken, und noch immer entstünde Hunck kein Verlust.

Andererseits: Höher als 76 Euro kann der Discount nicht steigen, hier begrenzt eine obere Schwelle (Cap) die Gewinne. Doch erstens wäre auch das ein Plus von 20 Prozent gegenüber dem Einstandskurs. Und zweitens würde Hunck die 20 Prozent auch dann kassieren, wenn die Aktie lediglich auf der Stelle tritt und am Ende der Laufzeit bei 76 Euro landete. Das wären dann zur Fälligkeit im März 2009, 13 Monate nach Kaufzeitpunkt – steuerfreie 20 Prozent. Ins Minus gerät Hunck nur, wenn die Deutsche-Bank-Aktie dauerhaft unter den Einstiegspreis von 63,14 Euro fallen würde.

Discountzertifikate sind bei Profis beliebt, weil sie einen entscheidenden Vorteil haben: Schon beim Kauf gibt es den Rabatt, und den muss keiner mehr hergeben. Nach Berechnungen der Ratingagentur Scope verloren klassische Discounts auf den Dax im Januar vier Prozent, gerade mal ein Viertel der Indexverluste.

Was ist zu beachten?

Wer jetzt neu einsteigen will, kann mit Laufzeiten bis Juni 2009 noch immer aussichtsreiche und steuerfreie Investments aufbauen. Wichtig dabei: Erstens sollte die Basisaktie auch in einer unsicheren Börsenphase eine vergleichsweise stabile Grundrichtung einschlagen. Zweitens erhöhen kurzfristige Schwankungen (Volatilität) und dicke Dividenden den anfänglichen Rabatt. Und drittens ist es sicherer, die Gewinngrenze (Cap) etwas tiefer anzusetzen. Damit lassen sich die Gewinne auch dann einfahren, wenn die Kurse auf der Stelle treten oder leicht nachgeben.

Bonuszertifikate sind schon problematischer. Auf den ersten Blick sieht ihr Profil vielversprechend aus: Hält sich eine Aktie während der Laufzeit des Zertifikats über einer bestimmten Grenze, gibt es bei Fälligkeit eine feste Rendite. Steigt die Aktie, begrenzt kein Cap die Gewinne; sollte die Aktie sinken und die untere Barriere reißen, geht das feste Renditeversprechen (der Bonus) zwar verloren, aber das Zertifikat löst sich nicht in Luft auf, sondern verliert auch nur im Gleichschritt mit der Aktie.

Im Gegensatz zum Discount sind mit Bonuszertifikaten unbegrenzte Gewinne möglich – ein Vorteil, den diese Papiere in der Hausse ausspielen können. „Doch die meisten Anleger achten zu wenig auf das Risiko, dass der Bonus verloren gehen könnte“, warnt Michael Hinz, Vermögensverwalter aus Wuppertal. Im Januar-Crash büßten mehr als zehn Prozent der Bonuspapiere ihr festes Renditeversprechen ein.

Wer Bonuspapiere einsetzt, muss vorsichtig sein. „Wir setzen vor allem Bonuszertifikate auf Indizes ein und nicht auf Einzelwerte“, sagt Vermögensverwalter Hinz. Da ist das Risiko massiver Kursverluste nicht ganz so hoch. Die Papiere sollten eine Restlaufzeit von etwa neun Monaten und einen Puffer von mindestens 30 Prozent haben. „Und wenn sich die Kurse doch anders als erwartet entwickeln, verkaufen wir die Position, wenn der Puffer kleiner als 15 Prozent werden sollte“, so Hinz.

Ein Beispiel dafür wäre ein Bonuszertifikat auf den Aktienindex Euro Stoxx 50 mit einer Untergrenze bei 2500 und einer Bonusrückzahlung von 53 Euro. Bei einem Indexstand von 3700 kostet das Zertifikat 46,50 Euro (DE000BN1GW84). Bis zum Dezember gibt es 53 Euro zurück, wenn der Index über 2500 bleibt. Das wäre ein Plus von knapp 14 Prozent. Der Abstand zur Barriere beträgt 32 Prozent, das sind genug Reserven. Sollte sich der Puffer halbieren, schützt der Verkauf vor größeren Verlusten.

Expresszertifikate sind noch trickreicher. Während Discounts ihren Vorteil behalten und Bonuszertifikate unbegrenzte Gewinnmöglichkeiten mit einem Teilschutz kombinieren, haben Expresszertifikate zwei Nachteile. „Einerseits ist die Rendite dieser Papiere nur auf einen einstelligen Prozentbetrag festgelegt, andererseits gehen Anleger vergleichsweise hohe Risiken ein“, kritisiert Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Eine begrenzte Gewinnchance wird durch unbegrenzte Verlustrisiken erkauft – kein Profi-Händler würde eine solche Wette eingehen. Das ist umso heikler, da durch die festen Renditen auch ganz normale Anleihekäufer angesprochen werden. Doch mit einem Expresszertifikat haben Anleger ein Papier, das letztlich am Aktienmarkt hängt.

Knifflig: Expresszertifikat

Schon das Grundprinzip ist knifflig. Expresszertifikate werfen eine feste Rendite ab, wenn der Basiswert (Index, Aktie) zu einem Stichtag über einer Untergrenze notiert. Wenn ja, wird der Einsatz plus Rendite automatisch ausgezahlt – deshalb der Name. Sollte der Basiswert nicht mitspielen, geht es in die nächste Runde bis zum nächsten Stichtag und es wird wieder geprüft, ob die Kurse hoch genug sind. Immerhin, im Erfolgsfall gibt es dann mehr, oft sogar die doppelte Rendite. Insgesamt kann es bis zu vier oder fünf Versuche geben, bis das Zertifikat ausläuft. Kritisch wird es, wenn auch der letzte Versuch scheitert. Dann verfällt nicht nur das Renditeversprechen; dann kann es bei starken Kursrückgängen im Basiswert zu den gleichen Verlusten im Zertifikat kommen.

Wer dennoch Expresszertifikate einsetzten will, sollte auf ein höheres Renditeversprechen verzichten, dafür aber mithilfe weiterer Features das Investment sicherer aufziehen. So gibt es gibt Expresszertifikate, bei denen die Bewertungshürden tiefer gestaffelt sind. Damit lassen sich auch Börsenphasen überleben, in denen die Aktien längere Zeit nachgeben. Eine zweite Sicherung ist am Ende der Laufzeit möglich. Hier kann eine zusätzliche Schwelle eingebaut sein, oberhalb der es immer 100 Prozent des Nominalwerts zurückgibt.

Beispiel: Ein Expresspapier auf den Euro Stoxx 50 (DE000DB0JVT0) hat als ersten Bewertungstag den 22. Januar 2009. Die Tilgungsschwelle liegt hier zunächst bei 3653,77 Euro. Das heißt: Erreicht der Index an diesem Tag mindestens dieses Niveau, gibt es 113 Euro zurück. Bei Kaufkursen um 95 Euro wären das fast 19 Prozent Gewinn. Spielt der Aktienindex nicht mit, findet der nächste Test am 22. Januar 2010 statt. Hier genügen 3450,78 Punkte, zurück gäbe es 119,50 Euro. Am 24. Januar 2011 geht es bei 3247,79 Punkte um 126 Euro; der letzte Test findet am 23. Januar 2012 statt. Das Minimum sind hier 3044,81 Punkte, für die es 132,50 Euro gibt.

Sollte der Index auch das nicht schaffen, schützt noch einmal eine letzte Barriere. Sie liegt bei 2435,84 Punkten, gut ein Drittel unter dem aktuellen Indexstand. Steht der Euro Stoxx mindestens so hoch, gibt es 100 Euro zurück. Sollte er auch nur einen hundertstel Punkt darunter rutschen, kracht das Zertifikat auf 60 Euro. Um dieses Risiko wenn möglich zu vermeiden, sollte vorher schon via Stoppkurs die Reißleine gezogen werden. Möglich wäre das etwa bei 2800 Punkten im Index.

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