Akten vernichtet US-Börsenaufsicht droht Vertuschungsskandal

Die US-Börsenaufsicht SEC hat nach Aussage eines Angestellten widerrechtlich in großem Stil Dokumente vernichtet. Es fehlen rund 9000 Akten über Vorermittlungen gegen Wall-Street-Banken, darunter die Deutsche Bank.

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Das Logo der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC). Quelle: handelsblatt.com

Die US-Börsenaufsicht SEC droht von einen Skandal in den eigenen Reihen erschüttert zu werden. Darcy Flynn, ein Anwalt der Behörde, wirft dem Amt vor, seit 1993 systematisch und widerrechtlich Unterlagen über Voruntersuchungen vernichtet zuhaben, wenn keine offiziellen Ermittlungen eingeleitet worden waren.

Ein Anwalt des SEC-Angestellten Flynn sagte dem „Wall Street Journal“ am Mittwoch, dabei habe es sich unter anderem um 3000 Untersuchungen gegen Goldman Sachs, die Deutsche Bank und Lehman Brothers gehandelt.

Flynn wirft der Behörde vor, sie hätte diese Unterlagen nach amerikanischem Recht aufbewahren müssen. Die Entscheidung über ihre Vernichtung hätte dem zentralen Archivdienst überlassen werden müssen. Ein Sprecher der Behörde wollte die Vorwürfe gegenüber dem Handelsblatt nicht kommentieren. Nicht jedes Dokument, das in den Besitz des Amtes gelange, müsse auch wirklich dauerhaft aufbewahrt werden, fügte er hinzu.

US-Senator Charles Grassley, an den sich Flynn gewandt hatte, verlangte am Mittwoch in einem Brief Aufklärung von SEC-Chefin Mary Schapiro. „Soweit ich das sehen kann, wirkt es so, als könnte die SEC die Zerstörung von Dokumenten zugelassen haben”, teilte er mit.

Der Generalinspekteur der SEC David Kotz kündigte interne Ermittlungen und einen Bericht bis Ende September an.

Die SEC steht spätestens seit dem Madoff-Skandal öffentlich massiv in der Kritik. Der einstige Wall-Street-Star und Vermögensverwalter Bernard Madoff hatte Kunden über Jahrzehnte um viele Milliarden Dollar betrogen, ohne dass es der SEC bei verschiedenen Betriebsprüfungen aufgefallen wäre. Erst als sein Schneeballsystem Ende 2008 in sich zusammenfiel und Madoff sich selbst stellte, wurde der Betrug öffentlich. Seither muss sich die SEC Vorwürfe gefallen lassen, sie gehe mit den Finanzinstitutionen in New York nicht hart genug ins Gericht.

Auch die Deutsche Bank könnte ins Zwielicht geraten

Flynn wirft der SEC Medienberichten zufolge unter anderem vor, Akten über die Voruntersuchungen wegen Marktmanipulation durch die Deutsche Bank unter anderem im Vorfeld der Übernahme der US-Bank Bankers Trust im Jahr 1998 widerrechtlich vernichtet zu haben. Dabei soll es um eine Äußerungen des damaligen Vorstandschefs Rolf Breuer gegangen sein, der in einem Spiegel-Interview im Herbst 1998 behauptet hatte, es gebe keine Übernahmegespräche mit dem Institut. Wenig später wurde die Übernahme bekannt gegeben.

Die Voruntersuchungen waren sämtlich eingestellt worden, ohne dass offizielle Ermittlungen aufgenommen wurden. Der für die Vorermittlungen zuständige SEC-Anwalt wechselte später zur Deutschen Bank.

Der SEC-Sprecher wollte sich nicht dazu äußern, ob die Untersuchungen gegen die Deutsche Bank nun wieder aufgerollt würden. Ein Sprecher der Deutschen Bank in New York sagte lediglich, man äußere sich prinzipiell nicht zu aufsichtsrechtlichen Vorgängen und tue dies schon gar nicht, wenn diese bereits seit langem geschlossen seien.

Das US-Magazin „Rolling Stone“ hatte am Mittwoch als erstes über die Vorwürfe gegen die SEC berichtet.

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