Ab dem 1. Oktober ändert sich einiges im deutschen Vertragsrecht. Ab diesem Stichtag tritt die Änderung des Paragraphen 309 Nr. 13 BGB in Kraft: Kündigung von Verbraucherverträgen nur in Textform. Das heißt: Wer künftig seinem Strom-, Handy- oder Gas-Anbieter kündigen will, muss kein Schreiben mehr aufsetzen, dieses unterschreiben und per Post verschicken, er kann einfach eine E-Mail schreiben: "Hiermit kündige ich zum nächstmöglichen Termin meinen Vertrag mit Ihnen."
Das gilt jedoch nicht nur für Verbraucher-, sondern auch für Arbeitsverträge. Für Arbeitgeber bedeutet das eine entsprechende Änderung der vorformulierten Arbeitsverträge. Während die bisher nur wirksam waren, wenn Mitarbeiter und Arbeitgeber sie beide unterschrieben haben, also die sogenannte Schriftform vorlag, darf der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern jetzt nur noch Erklärungen "in Textform" verlangen. Das heißt: eine E-Mail oder ein Fax genügen.
Aber Achtung: Für Kündigungen gilt dies nicht. Damit Kündigungserklärungen und Auflösungsverträge wirksam sind, müssen sie die Parteien sie auch nach dem 1. Oktober 2016 im Original unterzeichnen.
Trotzdem müssen Arbeitgeber ihre Standard-Arbeitsverträge daraufhin prüfen, an welchen Stellen sie "schriftliche Erklärungen" in den Vertragsklauseln verlangen und den Text gegebenenfalls entsprechend anpassen.
Zu den Personen
Martina Hidalgo ist Partnerin und Dr. Christoph Ceelen Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle. Sie beraten Unternehmen in allen Angelegenheiten des Individual- und Kollektivarbeitsrechts.
Insbesondere folgende Ausschlussfristen und Verfallklauseln können von der Änderung betroffen sein:
Diese zielen darauf ab, möglichst zügig Rechtssicherheit zu schaffen. Arbeitgeber und Mitarbeiter müssen deshalb ihre Ansprüche – zum Beispiel auf die Abgeltung von Überstunden, Freizeitausgleich oder etwa variable Vergütung - innerhalb einer gewissen Frist beim Vertragspartner "schriftlich" geltend machen. Wer die Frist überschreitet, verliert seine Ansprüche.
Wegen der gesetzlichen Neuregelung darf die Geltendmachung von Ansprüchen nur noch in Textform verlangt werden; die Verpflichtung zur "schriftlichen" Geltendmachung führt ab dem 1. Oktober zur Unwirksamkeit dieser Klausel. Dies hat zur Folge, dass der Mitarbeiter seine Ansprüche bis zur Grenze der Verjährung geltend machen und einklagen kann.
Darauf sollten Sie im Arbeitsvertrag achten
Die meisten Arbeitgeber sträuben sich dagegen, Aufgaben vertraglich festzuhalten, weiß Arbeitsrechtsexperte Marc Repey: „Wenn der Arbeitgeber sich flexibel halten will, wird er das nicht definieren wollen.“ Oder er setzt eine allgemeine Formulierung durch, die ihm viel Spielraum lässt. Ansonsten hilft dem Arbeitgeber auch die sogenannte Versetzungsklausel, um dem Mitarbeiter trotzdem neue Funktionen zuzuweisen oder alte zu entziehen.
Um die Funktion oder den Einsatzort von Mitarbeitern zu ändern, braucht es die Versetzungsklausel. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Marc Repey, empfiehlt, diese weder zu verändern noch sie aus dem Vertrag streichen zu lassen. Denn eine individuelle Änderung der Verlagsklausel erschwert es Arbeitnehmern, erfolgreich vor Gericht gegen eine Versetzung vorzugehen. Nach einer beidseitigen Aushandlung gelten schließlich nicht mehr die gesetzlichen Regelungen für allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Arbeitnehmern in der Regel in die Hände spielen. Eine Streichung der Versetzungsklausel durchzusetzen, ist jedoch auch keine Lösung, da sich das bei betriebsbedingten Kündigungen rächen kann. „Die Arbeitgeber muss die Versetzung dann als milderndes Mittel einsetzen, bevor es zur Kündigung kommt“, erklärt Repey. Eine andere Stelle ist schließlich besser, als seinen Job zu verlieren.
Sonderzahlungen sind immer ein großes Streitthema, weiß Arbeitsrechtsexperte Marc Repey. Diese werden in Verträgen in einer Klausel über das Fixgehalt, sowie einer zusätzlichen variablen Vergütung, festgehalten. Damit keine Unklarheiten entstehen, sollten Arbeitgeber und Angestellte zu Beginn jeden Jahres eine Zielvereinbarung treffen. „Dabei sollte sich niemand auf eine mündliche Zusage verlassen, sondern die Zielvereinbarung schriftlich festhalten“, rät Repey. Darin sollten beide Seiten auch bestimmen, wie hoch die Prämie jeweils ausfällt, wenn der Mitarbeiter einen gewissen Prozentsatz des Ziels erreicht hat. Manche Chefs schieben diese Zielvereinbarung jedoch gerne auf die lange Bank und lassen sie unter den Tisch fallen. Dann müssen Mitarbeiter dran bleiben und ihr Nachhaken schriftlich festhalten, rät Rechtsanwalt Sebastian Frahm von der Stuttgarter Kanzlei Naegele: „Sollte es am Ende trotzdem nicht zur Zielvereinbarung kommen, bekommen die Mitarbeiter dann 100 Prozent der Prämie.“
Jeder Mitarbeiter hat einen Anspruch auf eine betriebliche Altersvorsorge. Diese sollte er auch wahrnehmen, sagt Anwalt Marc Repey. „Indem der Arbeitgeber einen Teil des Gehalts für die Altersvorsorge zurück behält sinkt, das Bruttogehalt und somit auch die Steuern, die darauf zu zahlen sind“, erklärt Repey. Zwar werden die eingesparten Steuern später bei der Auszahlung im Rentenalter fällig - allerdings fallen sie dann niedriger aus. „Der Vorteil liegt darin, dass Pensionäre niedriger besteuert werden.“
Der gesetzliche Kündigungsschutz gilt erst nach sechs Monaten – ob eine Probezeit vereinbart wird, ist dabei egal. „Das ist vielen Menschen nicht klar“, sagt Rechtsanwalt Marc Repey. In den ersten sechs Monaten beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen, nach sechs Monaten sind es vier Wochen. Anders sieht es aus, wenn Firma und Arbeitnehmer vertraglich andere Fristen vereinbart haben.
Wer vor Dienstantritt seinen Job verliert, steht mit leeren Händen da. „Wir empfehlen unseren Mandanten das vertraglich auszuschließen“, sagt Marc Repey von der Kanzlei Abeln. Ein Schlupfloch haben Arbeitgeber dann allerdings trotzdem noch, um frisch eingestellte schnell wieder los zu werden: Sie können Mitarbeitern schlichtweg am ersten Tag kündigen, mit der jeweiligen Kündigungsfrist.
Das Wettbewerbsverbot besagt, dass ein Arbeitnehmer nicht auch bei einem Konkurrenten arbeiten darf. Solange der Arbeitsvertrag läuft, unterliegt jeder Angestellter gesetzlich automatisch diesem Regelung. In manchen Verträgen schreiben Arbeitgeber auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor. „Das bedeutet jedoch eine starke Einschränkung für den Arbeitnehmer und ist an viele gesetzliche Auflagen geknüpft“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Marc Repey. So darf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot höchstens zwei Jahre gelten und der Arbeitgeber muss seinem Ex-Angestellten solange monatlich eine sogenannte Karenzentschädigung zahlen. Diese beträgt die Hälfte der alten Vergütung.
Die Freistellungklausel besagt, dass der Chef den Mitarbeiter nach Hause schicken kann und das Gehalt weiter zahlt. Das geschieht meist, nachdem der Chef eine Kündigung ausgesprochen hat, sagt der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht, Sebastian Frahm: „Die meisten Arbeitgeber möchten, dass Mitarbeiter ihre Urlaubsansprüche in der Freistellungsphase abbauen.“ Wenn Chefs ihre Mitarbeiter ohne Kündigung freistellen, dann meist um sie schlichtweg aus dem Unternehmen zu ekeln. Dann hält der Berliner Rechtsanwalt Marc Repey die Freistellungsklausel für unwirksam: „Jeder hat das Recht, außer Geld zu verdienen, auch zu arbeiten und sich selbst zu verwirklichen.“ Schließlich bewirbt sich niemand in einem Unternehmen um letztlich gar nichts zu machen. Zudem schädigen Freistellungen den Ruf bei Kollegen und Kunden. „Jemand muss sich schon wie die Axt im Walde benommen haben, um eine Freistellung zu rechtfertigen“, sagt Repey.
Eine Ausschlussfrist besagt, dass Mitarbeiter ihre Ansprüche aus einem ausgelaufenen Vertrag ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr geltend machen können - sie also ausgeschlossen sind. Wem also nach einer Kündigung noch Geld zusteht, sollte die Ausschlussfristen im Blick haben.
Die Verschärfung erfasst allerdings nur Vertragsabschlüsse, die nach dem 30. September 2016 entstehen (Art. 229 § 37 EGBGB nF). Arbeitsverträge, die bis zu diesem Datum geschlossen sind, muss der Arbeitgeber deshalb grundsätzlich nicht überarbeiten.
Offen ist allerdings, ob die Rechtsprechung nachträgliche Änderungen bestehender Arbeitsverträge nicht auch als neu entstandene Arbeitsverhältnisse wertet. Zur Sicherheit sollte der Arbeitgeber deshalb jede vertragliche Änderung ab dem 1. Oktober 2016 wie einen Neuabschluss behandeln und versuchen, notwendige Änderungen der Formvorschriften gleichzeitig mit der Vertragsänderung umzusetzen.