Arcandor, Opel & Co. Koalition streitet um Staatshilfen

Nach Opel will die SPD nun Arcandor retten, in der Koalition ist ein Streit um Staatshilfen entbrannt. Der Wirtschaftsminister warnt vor einem Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler. Doch auch die Union ist sich uneins, wie der Fall Opel zeigt.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: dpa

Nach der mühsamen Verständigung auf Milliarden- Staatshilfen für Opel ist in der großen Koalition heftiger Streit über eine Rettung des Warenhauskonzerns Arcandor entbrannt. Union und SPD gerieten sich am Pfingstwochenende über mögliche Bürgschaften für die Karstadt-Muttergesellschaft in die Haare. In der Union ist die Opel-Lösung nach wie vor umstritten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte das staatliche Rettungspaket für den angeschlagenen Autobauer auch gegen die innerparteiliche Kritik. Eine Festlegung auf ein Ja oder Nein zu Staatshilfen für Arcandor lehnte sie ab. „Ich möchte nicht, dass Opel in den Strudel einer amerikanischen Insolvenz hineingerät, bei der zuletzt die Filetstücke herausgenommen werden“, sagte Merkel am Pfingstmontag in Unterschleißheim bei München.

Steinmeier und Müntefering für Arcandor-Hilfe

Die Bundesregierung habe sich eingeschaltet, weil auf US- Seite ebenfalls der Staat aktiv gewesen sei. Bei der Krisenrunde in der Nacht zum Samstag im Kanzleramt hatte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit Bedenken gegen das staatliche Opel-Rettungskonzept allein gestanden. Er befürwortete eine Insolvenz des Autobauers und soll zeitweise einen Rücktritt erwogen haben.

Die SPD um Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und Parteichef Franz Müntefering machten sich angesichts drohender Jobverluste und verödender Innenstädte dagegen grundsätzlich für staatliche Hilfen für Arcandor (Karstadt, Quelle, Thomas Cook) stark. Die Union warnte dagegen vor voreiligen Versprechungen und Wettbewerbsverzerrungen.

Guttenberg warnt vor Versprechungen

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) verteidigte wie Merkel das Opel-Rettungskonzept: „Ich glaube, dass wir eine richtige Entscheidung getroffen haben“, sagte er in Berlin. Er habe „Vertrauen“ in das industrielle Konzept des Autozulieferers Magna als Opel-Investor. Deshalb sei es vertretbar, den zugesagten Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro zu geben. Magna verdiene Vertrauen, „weil die auch mit eigenem Geld dort hineingehen“.

Guttenberg warnte die SPD vor voreiligen Versprechungen von Staatshilfen. Im Ringen um die Zukunft von Opel hätten solche bereits vor mehreren Wochen getroffenen Aussagen zugunsten des Investors Magna dem Unternehmen geschadet: „Die Heilsversprechen, die damals abgegeben wurden, haben definitiv die Verhandlungsposition von Opel unterminiert und untergraben“, sagte der Minister der „Passauer Neuen Presse“.

Dieser Fehler dürfe sich bei Arcandor nicht wiederholen. „Wer jetzt schon auf Bundesebene Unternehmen Hunderte Millionen in Aussicht stellt, ohne dass überhaupt eine erste fachliche Prüfung abgeschlossen ist, der führt einen Wahlkampf auf dem Rücken der Steuerzahler.“

SPD-Chef Müntefering sprach sich indes für Staatshilfen zur Rettung von Arcandor aus. Es gehe „um viele tausend Arbeitsplätze im wichtigen Dienstleistungssektor - überwiegend von Frauen“, sagte er der „Bild“-Zeitung: „Wir müssen da helfen. Die Bürgschaft, um die es da geht, scheint mir notwendig und zukunftsträchtig.“

Management-Fehler dürften kein Argument gegen eine Staatsbürgschaft sein. „Sollen dafür jetzt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestraft werden? Die können nichts dafür.“

Verbände unterstützen Guttenberg

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß, wies die Kritik Guttenbergs zurück: Der Minister sollle „mit Vorwürfen gegenüber der SPD vorsichtig sein. Er hat bei seiner ersten Bewährungsprobe versagt.“ CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla konterte, die SPD handele „verantwortungslos, wenn sie vorschnell ohne Prüfung der Fakten für weitere Firmen Staatsgelder verlangt“.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) distanzierte sich von Guttenbergs Vorstellungen zu Opel. Eine Insolvenz hätte „den Steuerzahler in ziemlich gleicher Höhe beansprucht“ wie die nun beschlossene Brückenfinanzierung, sagte Koch im ZDF. Die Hoffnung auf eine positive Entwicklung sei mit der nun gefundenen Lösung größer.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans-Heinrich Driftmann, warnte im Deutschlandfunk davor, die Opel-Lösung als Präzendenzfall für Arcandor zu sehen. Für ein „Ausufern“ solcher Maßnahmen habe der Mittelstand kein Verständnis. Industrie-Präsident Hans-Peter Keitel sagte: „Die Wirtschaft gibt Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg volle Rückendeckung.“ Der Verband BDI appellierte, „mit dem Steuergeld der Bürger sorgfältig umzugehen“.

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