
Das „Fair“ in Darmstadt gilt als Vorzeigeprojekt deutscher Spitzenforschung. In unmittelbarer Nachbarschaft zum GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung entsteht auf rund 20 Hektar derzeit eine neue internationale Teilchenbeschleunigeranlage für die physikalische Grundlagenforschung. Von 2018 an sollen am „Fair“ („Facility for Antiproton and Ion Research“) mehr als 3000 Wissenschaftler aus mehr als 50 Ländern die Grundbausteine der Materie erforschen und die Entwicklung des Universums nachzeichnen. Seit 2012 bauen Unternehmen nun an den besonders intensiven Präzisionsstrahlen, mit denen die Wissenschaftler „höchst seltene Teilchen-Kollisionsprodukte erforschen können“, heißt es auf den Fair-Seiten im Internet.
Doch derzeit kollidiert etwas ganz anderes: nämlich die Plan- mit den Ist-Kosten. „Derzeit ist zudem davon auszugehen, dass die Kosten für das Teilprojekt Bau um 258 Millionen Euro auf dann 830 Millionen Euro (ohne inflationsbedingte Preissteigerungen seit dem Jahr 2009) steigen werden“, heißt es in einem Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) an den Haushaltsausschuss des Bundestages, der der WirtschaftsWoche vorliegt.





2012 ging das zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) noch von 572 Millionen Euro aus. Damit lägen die Baukosten fast die Hälfte über dem Plan.
„Die Bauplanung gestaltete sich von Anfang an schwierig und kam im Laufe des Jahres 2014 nahezu zum Erliegen“, heißt es in dem Bericht der Rechnungsprüfer weiter. „Der bislang für das Jahr 2018 geplante Fertigstellungstermin ist nicht mehr haltbar.“
Weil neben dem Bund als Hauptfinanzier auch das Land Hessen und acht internationale Partnerländer beteiligt seien, müsse nun „nachverhandelt werden, wer sich in welcher Höhe an Kostensteigerungen beteiligt“. Ergebnis der Verhandlungen könnte laut BRH-Bericht sein, „dass 168 Millionen Euro der Mehrkosten auf den Bund entfallen. Die erwarteten Mehrausgaben des Bundes für das Teilprojekt Bau sind im Bundeshaushalt 2015 noch nicht veranschlagt.“
Scharfe Kritik äußern die Rechnungsprüfer deshalb am Forschungsministerium: Das BMBF habe „deutliche Hinweise auf die sich zuspitzenden Kosten- und Terminprobleme des Teilprojekts Bau zu lange unterschätzt“. Nun müsse es klären, „ob und wie das Fair-Projekt fortgesetzt und finanziert werden kann.“ Mit anderen Worten: Die Zukunft des Vorzeigeprojekts deutscher Spitzenforschung steht auf der Kippe.
Eine Alternative zum Abbruch: Das BMBF könnte den Bau-Umfang reduzieren. Doch dann müsste es „erklären, ob ein geringerer wissenschaftlicher Nutzen den Aufwand noch rechtfertigt“.
.