Corona-Teststationen gab es zwischenzeitlich fast an jeder Imbissbude. Nun laufen die kostenlosen Schnelltests aus. Für die meisten heißt es künftig: den Test selbst bezahlen oder zumindest einen Teil davon. Die wichtigsten Antworten:
Was ändert sich bei Corona-Tests ab 30. Juni 2022?
Bisher hatte jeder – auch ohne Corona-Symptome oder konkreten Anlass – Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Schnelltest pro Woche durch geschultes Personal inklusive Testbescheid, der meist direkt aufs Smartphone kommt und als Nachweis genutzt werden kann. Das kostenlose Angebot wird jetzt, bis auf Ausnahmen, „ausgesetzt“, wie es im Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für die neue Corona-Testverordnung heißt, der vergangene Woche bekannt wurde. Die überarbeitete Verordnung und die neuen Regeln sollen laut Ministerium am Donnerstag in Kraft treten.
Wer bekommt noch Gratis-Corona-Tests?
Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Das sind zum Beispiel Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel. Auch Haushaltsangehörige von Infizierten, Kinder bis fünf Jahre und Bewohner und Besucher von Pflegeheimen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und Kliniken sollen sich weiterhin kostenlos testen lassen können. Das gilt dem Entwurf zufolge ebenso für Menschen, die nach einer Corona-Infektion einen Beleg dafür brauchen, dass sie wieder negativ sind, damit sie etwa zurück zur Arbeit können.
Corona-Variante BA.5
Die zunehmenden Corona-Infektionszahlen haben laut Experten mehrere Gründe:
Zum einen ist da der Omikron-Subtyp BA.5, der in Deutschland stetig zulegt. „Die Untervariante BA.5 ist noch ansteckungsfähiger als alle Varianten zuvor, kann sich also auch unter den für das Virus widrigen Bedingungen im Sommer verbreiten“, erklärt Epidemiologe Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. Zudem könne BA.5 nach derzeitigem Kenntnisstand dem Immunsystem entwischen, selbst wenn es schon Kontakt zu Omikron-Varianten hatte, mahnt er. Auch vollständig Geimpfte seien nicht vor einer Infektion gefeit.
Auf der anderen Seite steht ein verändertes Verhalten der Menschen. Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen verweist vor dem Hintergrund gefallener Corona-Beschränkungen auf höhere Mobilität und mehr Kontakte – und das bei deutlich geringerem Schutzverhalten wie Maskentragen. Auch die nun bei vielen länger zurückliegende Impfung spiele eine Rolle: „Die Immunität hat im Schnitt abgenommen“, so Zeeb.
Auch wenn die Zahlen Wachsamkeit erfordern, einen Grund zur Panik sehen die Fachleute nicht. Intensivmediziner Stefan Kluge vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf spricht momentan von einem „moderaten“ Anstieg der Infektionszahlen. Dennoch gelte es, besonders vulnerable Menschen weiterhin konsequent zu schützen.
Zeeb sagt, es werde zwar absehbar mehr Infektionen geben, da aber BA.5 nach aktuellem Kenntnisstand klinisch ähnlich verlaufe wie vorherige Omikron-Varianten, dürfte es meist bei milden Verläufen bleiben. In der Summe könne es wieder etwas mehr Hospitalisierungen und auch Todesfälle geben, wenn die Infektionszahlen deutlich ansteigen, denkt er – eine Überlastung des Gesundheitswesens steht aus seiner Sicht aber nicht bevor.
Auch Kluge befindet mit Blick auf Normal- und Intensivstationen, wegen der wohl eher milden Verläufe durch Omikron-Sublinien sei eine deutliche Belastung des Gesundheitssystems durch sie im Sommer eher unwahrscheinlich. Dennoch bedeute eine hohe Anzahl von positiven Patientinnen und Patienten auch für Normalstationen eine deutliche Mehrbelastung – insbesondere für die Pflegenden. Watzl verweist auch auf mögliche Ausfälle bei Firmen durch viele leichte Infektionen.
Mit Blick auf das individuelle Verhalten appellieren die Experten jetzt wieder an die Selbstverantwortung. In den kommenden Wochen erwartet Zeeb ein Auf und Ab der Infektionszahlen, ab Herbst und Winter aber dann auch wieder einen Anstieg der Infektionen. So müsse klar sein, „dass Corona unter uns ist, es gibt da keine Sicherheit“, betont Zeeb. Da umfassende Regulierungen weitgehend wegfielen, müsse nun jede und jeder selbst in Situationen mit vielen Menschen, insbesondere in Innenräumen und in öffentlichen Verkehrsmitteln, an Schutz mit Masken denken und auch den Impfschutz aktuell halten. Ulrichs befindet: „Ein bisschen mehr Vorsicht wäre hilfreich.“
Und wer muss drei Euro zuzahlen?
Die Drei-Euro-Tests sind für Besucher von Familienfeiern, Konzerten oder einer anderen „Veranstaltung in einem Innenraum“ am selben Tag gedacht. Das soll dabei helfen, sogenannte Super-Spreader-Events zu verhindern, bei denen sich viele Menschen auf einmal anstecken. Einen Drei-Euro-Test soll auch bekommen, wer eine rote Corona-Warnapp hat oder wer vorhat, andere Menschen ab 60 oder mit Vorerkrankung zu treffen.
Da kann ja jeder behaupten, „ich will meine kranke Oma besuchen“. Wie soll das kontrolliert werden?
Dazu heißt es in der Begründung zum Verordnungsentwurf, solche Besuche müssten „glaubhaft“ gemacht werden. Beim Drei-Euro-Test muss zum Beispiel grundsätzlich unterschrieben werden, dass der Test wegen eines geplanten Konzertbesuchs, einer Familienfeier oder eines Besuchs bei einem vorerkrankten Angehörigen gemacht wird.
Ob das potenzielle Betrüger ausreichend abschreckt, wird sich zeigen. Als Beleg kann zusätzlich auch ein Konzertticket vorgezeigt werden. Beim Angehörigenbesuch oder der Familienfeier wird es mit Belegen naturgemäß schwierig.
Welche Nachweise werden noch verlangt?
Wie bisher muss ein „amtlicher Lichtbildausweis“ vorgelegt werden. Nur haben viele Kinder bis fünf - für die es weiterhin Gratistests gibt - noch gar keinen Ausweis oder Kinderreisepass, kritisiert etwa die Kassenärztliche Bundesvereinigung. In der Praxis dürfte es so laufen, wie vom Gesundheitsministerium bisher schon empfohlen: Für Kinder ohne Ausweis reicht es, wenn die Erziehungsberechtigten ihren Ausweis vorlegen. Schwangere können den Mutterpass als Nachweis für einen Gratistest verwenden. Haushaltsangehörige von Infizierten zeigen deren Testergebnis vor.
Warum wird das Testangebot überhaupt eingeschränkt?
Weil es zu teuer wurde. Die kostenlosen Tests hatten nach Angaben Lauterbachs zuletzt eine Milliarde Euro pro Monat verschlungen. Es gibt sie - mit kurzer Unterbrechung im vergangenen Herbst - seit dem Frühjahr 2021. „Es kann nicht alles auf Dauer vom Bund gezahlt werden, weil unsere Möglichkeiten an Grenzen gekommen sind“, hatte Finanzminister Lindner den Schritt begründet. Lauterbach zufolge sieht das neue Konzept noch Kosten von 2,7 Milliarden Euro bis Jahresende vor. Würde die derzeitige Praxis beibehalten, wäre es 5 Milliarden.
Übernehmen die Länder den Drei-Euro-Anteil?
Lauterbach hatte auf die Möglichkeit verwiesen, dass die Bundesländer die drei Euro für die Bürger übernehmen könnten. Die Länder haben dafür aber nach letztem Stand keine Pläne. Die drei Euro ersetze man nicht „und zwar in keinem der Länder“, hatte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Dienstag gesagt.