Schröder Ehrengast bei Jubiläumsparty eines Hedge-Fonds „Danke, Herr Bundeskanzler“

In der Wiener Hofburg feierte der Hedge-Fonds-Manager Christian Baha das zehnjährige Bestehen des Superfund. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigte keine Hemmungen, als Ehrengast an den Feierlichkeiten einer „Heuschrecke" teilzunehmen.

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Superfund-Gründer Christian Baha (li.) und der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder. Foto

WIEN. Ob es an den Genossen in Berlin, die an ihren ehemaligen Kanzler und Vorsitzenden Gerhard Schröder dachten, am Mittwochabend wie dem Pferd auf der Wiener Ringstraße erging? Der Gaul, der vor einen Fiaker gespannt war, stieß mit einem Auto zusammen und verabschiedete sich in eine lang anhaltende Ohnmacht. Schröder saß im Stau dahinter und schaffte es gerade noch rechtzeitig zur Vorspeise in die Hofburg, wohin ihn Österreichs populärster Hedge-Fonds-Manager, Christian Baha, eingeladen hatte. Der Sozialdemokrat als Stargast bei einer Feier einer „Heuschrecke“ – den Berliner Genossen wird schon seit Montag schwummerig vor Augen, seit das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ genüsslich auf den Termin hingewiesen hatte. Wie wird er sich schlagen? Bei Thai-Rindercarpaccio, gebeiztem Lachs mit Pommerysenf und geräucherter Entenbrust auf rotem Linsensalat diskutieren die geladenen Hofräte, Magister und Doktoren vor allem dieses Thema. Ein grauhaariger Herr im Smoking erinnert an den vergangenen April. Ganz genau kann er die Worte des damaligen SPD-Chefs Franz Müntefering über Finanzinvestoren wiedergeben. Er hat sie sich aufgeschrieben: „Die verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten – sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter.“ Wochenlang beschäftigte darauf die „Heuschrecken-Debatte“ die Republik. „Der Schröder“, bemerkt die Tischnachbarin im langen Ballkleid, während sie an ihrem erlesenen Veltliner süffelt, „hat sich dabei aber zurückgehalten.“ Den Österreichern, die die großen Diskussionen im Nachbarland stets zum eigenen Vergnügen nachvollziehen, fiel damals gleich der Baha Christian ein. Das liegt daran, dass kein Landsmann an ihm vorbeikommt. Einen Fußballverein hat sich der smarte 37-Jährige zugelegt. Irgendwie muss er schließlich das Geld investieren, das seine Superfund-Investmentgruppe abwirft. Später bastelte er an einem Restaurantkonzept mit Himalaya-Küche. Sein „Investmentcenter“ in Wien sieht aus wie eine Parfümerie, die Geburtstag feiert. Im Schaufenster blinken Angebote: „25 Prozent Jubiläumsrabatt“, steht auf grünen Geschenkkartons. Den Rabatt gibt es, weil Superfund zehn Jahre alt wird. Schröder ist ja auch deswegen da. Und weil er im Internet mittlerweile auch für Leute wie Baha buchbar ist. Die US-Agentur Harry Walker preist den Altkanzler als einen Mann an, der sich hochgearbeitet hat: „Born into a struggling working class family.“

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Ganz so wie Baha, der ehemalige Streifenpolizist. An ihn und sein Unternehmen dachten die Wiener bei der Heuschrecken-Debatte auch deswegen, weil sich Superfund im Jahr 2005 nicht ganz so entwickelt hatte wie erhofft. Baha, der seine Fonds Kleinanlegern mit 100 Euro im Monat anbietet, musste peinliche Fragen nach der Performance beantworten. Einer seiner Geschäftsführer räumte ein: „Die Privatkunden laufen uns nicht panisch die Türen ein“, würden aber lieber eine positive Entwicklung sehen. Aber bei Langfristinvestments gebe es halt immer wieder Durststecken. Die Wiener stellten fest: Superfund war in die klassische Falle jener Hedge-Fonds geraten, die auf langfristige Trends bei Gold, bei Schweinehälften oder bei Währungen setzen. Baha und seine Mitarbeiter treffen Investmententscheidungen mit Hilfe von Computerprogrammen, die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen. Diese Methode funktioniert vor allem bei Entwicklungen, die einige Monate anhalten. Bewegen sich die Märkte jedoch seitwärts oder drehen sehr schnell, dann führt das häufig zu Anlageentscheidungen, die mit Verlusten verbunden sind. Die Folge: Das Ziel, Ende 2006 zwei Milliarden Euro zu verwalten, musste Baha nach unten korrigieren. Auffallend häufig wiesen Superfund-Manager auf ihre Geschäftsbedingungen hin, wo vor einem möglichen Totalverlust des Investments gewarnt wird. Baha war es schließlich selbst, der vergangenes Jahr den Spieß umdrehte. Er stellte sich an die Spitze der Kritiker und forderte klare Richtlinien für Hedge-Fonds. Mag sein, dass den deutschen Altkanzler dieser politische Schachzug imponiert hat. Mag sein, dass Schröder sich auch dachte: Die 50 000 Investoren, die Baha zu seinen Kunden zählt, können nicht irren. Vielleicht hat er auch ans Rednerhonorar gedacht. Er ließ sich jedenfalls buchen, weswegen am Mittwochabend um kurz vor acht alle Augen auf ihn gerichtet sind. Popsängerin Lisa Stansfield zupft nicht vorhandene Falten aus ihrem schwarzen Kleid. Ex-RTL-Chef Helmut Thoma verfällt vom Reden ins Zuhören. Thomas Pichlmann, Mittelstürmer beim Superfund-Verein SV Pasching, denkt nicht länger darüber nach, wie er an Jürgen Klinsmanns Stelle handeln würde. Schröder nähert sich staatsmännisch dem heißen Eisen: Die Entwicklung der Hedge-Fonds sei für stabile Finanzmärkte „ein wichtiges Thema“. Er habe immer auf die geschimpft, die Unternehmen aufkaufen und zerschlagen: „Diese Kritik hat Wirkung gehabt, weil es jetzt ein selbstkritisches Hinterfragen gibt.“ Aber Bahas Fonds gehörte nicht zu denen, die man angeprangert habe. So weit habe er sich schlau gemacht. In diesem Moment weiß der Baha Christian in seinem dunklen Anzug ganz vorn in Reihe eins, dass sich das Investment in Schröder rechnet. Beglückt betritt er die Bühne: „Danke, Herr Bundeskanzler. Ich hoffe, Sie bleiben noch zur Party.“ „Aber klar doch“, sagt der Schröder Gerd. Mögen die Genossen in Berlin doch denken, was sie wollen.

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