Technikmesse CES Und ewig misst der Sensor

Ihr Bettnachbar schnarcht? Digitale Technik könnte das Problem lösen. Die Technikmesse CES in Las Vegas zeigt, wie sehr moderne Sensoren unseren Alltag verändern können - auch wenn das nicht jedem Zeitgenossen gefällt.

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Die Highlights der Autohersteller in Las Vegas
BMW i8 Spyder Concept Quelle: BMW
BMW i Vision Quelle: BMW
BMW Quelle: BMW
BMW-Helm mit Head-up-Display Quelle: BMW
Head-up-Display Quelle: BMW
VW BUDD-e Quelle: dpa
Präsentation des VW BUDD-e Quelle: dpa

Auf diese Erfindung haben wohl viele lärmgeplagte Menschen gewartet: Das Start-up Nora hat eine Lösung entwickelt, die notorischen Schnarchern zum entspannten Atmen verhelfen soll. Ein Mikrofon auf dem Nachtisch überwacht den Schlaf. Misst es einen zu hohen Lärmpegel, funkt es ein Kissen an, das sich leicht aufbläst und so den Kopf des Schlafenden in eine andere Position legt. Läuft es so, wie das Unternehmen verspricht, sind die Atemwege wieder frei – zum Wohle aller Anwesenden.

Zu sehen ist dieser Schnarchstopper in dieser Woche auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas. Die Lösung mag kurios erscheinen, doch sie steht für einen großen Trend in der Technologiebranche: Immer mehr Hersteller bauen Sensoren und Funkchips in ihre Produkten ein - vom Strampler fürs Neugeborene über Überwachungssysteme fürs Zuhause bis hin zum Auto, das eines Tages automatisch durch den Stau navigieren soll.

„Wir leben immer noch in einer analogen Welt, in der wir umgeben sind mit digitalen Produkten“, sagte Shawn DuBravac, Chefökonom des CES-Veranstalters CTA. Doch das ändere sich: Alles, was noch analog ist, werde in Zukunft digital und vernetzt. „Wir bewegen uns aus einer Welt, in der Sensoren nur für spezielle Anwendungen genutzt werden, in eine Welt der kontinuierlichen Messung“, ist DuBravac überzeugt. Auf der CES loten die Aussteller aus, was technisch möglich ist – und vielleicht auch kommerziell sinnvoll.

Billigere Sensoren aus Ausgangspunkt für den Trend

Der Trend hat einen Grund, der sich in Dollar und Cent messen lässt: Sensoren werden immer billiger. Ein Beschleunigungssensor, wie er 2007 im ersten iPhone zum Einsatz kam, habe damals sieben Dollar gekostet, heute sei er für weniger als 50 Cent zu haben, sagte DuBravac. „Man kann sie jetzt überall einbauen.“

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Erst damit wird beispielsweise ein Strampelanzug denkbar, der anhand der Bewegungen misst, ob das Baby noch atmet. Und erst damit wird ein Fitness-Tracker, der Schritte oder den Pulsschlag misst, zu einem Gerät für die breite Masse. Auch autonome Autos könnten durch diese Entwicklung in den nächsten Jahren erschwinglich werden.

Die Sensoren werden aber nicht nur billiger, sondern auch leistungsfähiger. So stellte Samsung kurz vor der CES einen Chip vor, der Hauttemperatur, Körperfett und Herzfrequenz messen und gleich verarbeiten kann. Für Hersteller von Fitness-Armbändern und Laufuhren ist das ein gefundenes Fressen, erste Geräte dürften bereits in der ersten Jahreshälfte auf den Markt kommen. Durchaus denkbar sind auch Smartphones mit Thermometer und Luftdrucksensor. Wenn denn jemand dafür zahlen will.

Vom smarten Schnuller bis zum spülenden Rauchmelder


In der Entwicklung der Sensoren sieht Technikoptimist DuBravac die Chance, die Umgebung intelligent zu machen: Wenn beispielsweise der vernetzte Rauchmelder feststellt, dass die Bewohner das Haus verlassen, könnte er das Garagentor schließen und den Geschirrspüler starten. Zumindest theoretisch – es mangelt derzeit an praktikablen Lösungen, um Geräte verschiedener Hersteller zu vernetzen. Und mancher Hausbewohner mag sich vielleicht auch nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Sensoren ihn permanent im Blick haben. Doch für Bedenken ist auf dem Treff der Technologiebranche wenig Platz.

Diese Elektroautos gibt es zu kaufen
Smart fortwo electric drive Quelle: Daimler
VW e-Up! Quelle: Volkswagen
BMW i3BMW ist mit dem i3 einen mutigen Schritt gegangen: Die Münchner haben nicht nur ein futuristisches Design gewagt, sondern auch gleich eine Kohlefaser-Karosserie in Serie gebracht. Alle anderen Elektroautos auf dem Markt basieren auf mehr oder weniger mutig gezeichneten Stahl- und/oder Alu-Karosserien. Deutlich über 2000 i3 sind bereits auf deutschen Straßen unterwegs. Dabei fällt er stärker auf als andere Elektroautos, denn sein extrovertiertes Design polarisiert. Minuspunkt: Beim Laden ist der Elektro-BMW nicht der allerschnellste, da er nicht mit den dafür nötigen Schnelllade-Standard unterstützt. In der Preisliste steht der i3 ab 34.950 Euro.Leistung: 170 PSAkku: 18,8 kWhReichweite: 190 km Quelle: BMW
Nissan Leaf Quelle: Nissan
Volkswagen e-Golf Quelle: Volkswagen
Renault Zoë Quelle: Renault
Mitsubishi EV/Peugeot iOn/Citroën C-Zero Quelle: Mitsubishi

Nutzbar werden die Sensoren durch Big Data – also Technologien zur Auswertung großer Datenmengen. Auch hier gibt es eine exponentielle Entwicklung: Die Spracherkennung etwa war vor einigen Jahren fast unbrauchbar, heute ist die Fehlerrate auf 5 Prozent gesunken. Autonome Autos wären ohne solche Lernsysteme gar undenkbar.

Von diesen Trends profitieren zahlreiche Kategorien, die in dieser Woche auf der CES zu besichtigen sein werden: Autos, die Hindernisse auf der Straße erkennen und den Fahrer warnen oder eigenständig abbremsen; Drohnen, die dem Nutzer folgen und Hindernissen ausweichen; Fitness-Armbänder und medizinische Geräte, die permanent den Herzschlag und zurückgelegte Distanzen messen; und Virtual-Reality-Brillen, die den Nutzer in eine andere Welt versetzen. Auch das Kinderzimmer soll digital werden, wie im Ausstellungsbereich Babytech zu besichtigen sein wird – mit smarten Schnullern und Überwachungsmatratzen fürs Bettchen.

Tech-Triumvirat verliert an Macht

Dieser Wandel soll sich in den nächsten Jahren in den Geschäftszahlen niederschlagen. Bislang dominieren Smartphones, Tablets und PCs. Doch dieses „Technologie-Triumvirat“ werde an Macht verlieren, erklärte Steve Koenig, Marktforscher bei der CTA. Es trägt zwar derzeit 58 Prozent zum globalen Umsatz der Branche bei, wie aus einer aktuellen Prognose des Marktforschers GfK hervorgeht. Doch die Wachstumsaussichten sind vergleichsweise mau.

Der Smartphone-Absatz wird den Marktforschern zufolge in diesem Jahr nur noch einstellig auf 1,4 Milliarden Geräte wachsen, der Durchschnittspreis sinkt um sieben Prozent auf 283 Dollar. „Dieser Preisverfall war extrem wichtig in Schwellenländern wie China oder auch dem Nahen Osten und Afrika“, sagte Koenig – Premiumgeräte für 700 oder 800 Dollar seien dort für die meisten nicht bezahlbar. Gleichzeitig wird aber der Preiskampf immer härter.

Der Umsatz der gesamten Branche wird nach Einschätzung der Experten um zwei Prozent auf 950 Milliarden Dollar sinken. Das ist allerdings zum Teil der Umrechnung geschuldet – der niedrige Kurs der US-Währung macht sich bemerkbar. Kräftiges Wachstum aber werden Smartphones und Tablets nicht bringen. Wearables und Drohnen schon eher – die Sensoren machen es möglich.

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