Brain-Chef Jürgen Eck "Die Zeit ist reif für Bio-Ökonomie"

Das hessische Biotechnik-Unternehmen und Bio-Ökonomie-Pionier Brain aus Zwingenberg geht an die Frankfurter Börse. CEO Jürgen Eck spricht im Interview über die Chancen für Biotechnik-Unternehmen in Deutschland.

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DNA Quelle: dpa
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Ein früher Vorfahr der Indianer Quelle: ARTE France
Psychologe Brian Nosek Quelle: Nature
Homo naledi (Sternen-Mensch) Quelle: dpa
Magma Quelle: REUTERS
Ebola-Impfstoff Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Eck, warum wollen Sie mit Ihrem Unternehmen ausgerechnet jetzt - 20 Jahre nach der Gründung - an die Börse?

Jürgen Eck: Weil wir den Rückenwind, den die Bio-Ökonomie gerade verspürt, nutzen wollen. Die Zeit ist reif, um den Werkzeugkasten der Natur, den wir in Form von Biokatalysatoren – den Enzymen – im Angebot haben, nun auch in großem Stil zu vermarkten.

Zur Person

Woran machen Sie das fest? Ihr stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, der Brain-Gründer und Bio-Ökonomierat Holger Zinke, beklagt doch seit Jahren, dass es nicht schnell genug voran gehe mit der Biologisierung der Industrie.

Es hat wirklich ziemlich lange gedauert, bis sich der Gedanke durchgesetzt hat. Aber zum einen wollen die Menschen heute natürliche Produkte und Lebensmittel – ohne chemische Inhaltsstoffe. Sie sollen gut schmecken, aber trotzdem weniger Salz und Zucker enthalten. Mit unseren natürlichen, aus Mikroorganismen gewonnen Salz- und Süß-Verstärkern bieten wir genau solche biologische Alternativen an. Und mit Kunststoffen, die wir aus dem Rohstoff Kohlendioxid herstellen, lösen wir gleich zwei Probleme: Erstens tun wir etwas fürs Klima, weil wir nicht CO2 ausstoßen, sondern reduzieren. Und zweitens verbrauchen wir weder fossile, endliche Rohstoffe wie Öl, noch nutzen wir landwirtschaftliche Rohstoffe wie Maisstärke oder Zucker, die dann bei der Ernährung fehlen.

Dr. Jürgen Eck, der Vorstandsvorsitzende der BRAIN AG, im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Luise Böttcher, Archiv BRAIN AG

Sind all diese Produkte schon auf dem Markt?

Teilweise, aber nicht unter unserem Namen. Denn wir haben in der Vergangenheit viele Produkte in über 100 Kooperationen gemeinsam für oder mit Partnern wie BASF, Bayer, Clariant, DSM Nutritional Products, Evonik, Fuchs Europe, Henkel, Nutrinova, RWE, Südzucker oder Symrise entwickelt. Aber inzwischen haben wir auch eine eigene, prall gefüllte Pipeline mit 15 unterschiedlichen Produktlinien, von denen viele jetzt zur Vermarktung anstehen. Pro Jahr wollen wir zwei davon auf den Markt bringen. Und dazu brauchen wir etwas mehr Kapital und wollen deshalb durch den Börsengang einen deutlich zweistelligen Millionen-Euro-Betrag herein holen.

Werden Sie dann eine eigene Vertriebsmannschaft aufbauen?

Nein. Zwar soll die Stamm-Mannschaft der Brain-Gruppe von jetzt 224 Mitarbeitern pro Jahr um etwa zehn Prozent wachsen. Aber wir werden uns weiterhin auf Forschung und Entwicklung konzentrieren – wir wollen die DNA des Unternehmens nicht verändern. Um die Produkte zu vermarkten wollen wir Firmen kaufen, die in diesem Marktsegment schon zu Hause sind. So wie im Bereich Kosmetik, da hat das schon sehr gut funktioniert. Seit wir 2012 Monteil Cosmetics International mehrheitlich übernommen haben, sind unsere hautstraffenden Inhaltsstoffe in zahlreichen Kosmetikprodukten enthalten, zum Beispiel auch unter dem Label Mye-Kosmetik. 2015 haben wir in diesem Bereich bereits 13,5 Millionen Euro umgesetzt.

Sie gehen also auf Einkaufstour?

Das könnte wohl sein. Im vorigen Jahr haben wir ja bereits mit der WeissBioTech in Ascheberg ein Unternehmen akquiriert, dass im Bereich Enzyme und Lebensmittel bestens auf dem Markt eingeführt ist und das in Paris einen eigenen Produktionsstandort besitzt.

Ist die Frankfurter Börse denn nicht ein bisschen klein, wenn Sie so große Pläne haben?

Tatsächlich sind wir seit zehn Jahren zwar das erste deutsche Biotechnik-Unternehmen, das dort seinen Börsengang macht. Aber die Frankfurter Wertpapierbörse ist in anderen Marktbereichen sehr erfolgreich. Wir glauben, dass sie eine sehr gute Plattform für uns ist. Und außerdem ist die Bio-Ökonomie ein deutsches, ein europäisches Thema. Wir halten es deshalb für einen guten Schachzug, hier auf den Markt zu gehen.

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