Gamechanger: Eine Pflanze, die den globalen Konflikt ums Wasser entschärft
Der Queller oder Seespargel gedeiht auf Salzwiesen und im Watt
Foto: imago imagesDie Idee
Umweltverschmutzung, Klimawandel und Bevölkerungswachstum verknappen weltweit das Trinkwasser. Verschärft wird die Knappheit durch die Landwirtschaft, die seit Jahrzehnten immer mehr Süßwasser zur Bewässerung einsetzt. Da liegt die Idee nahe, den zweiten, viel größeren Wasservorrat der Welt für die Landwirtschaft zu nutzen: Salzwasser, das 97 Prozent der globalen Wassermenge ausmacht. Gelänge es, mehr Pflanzen, die in Salzwasser gedeihen, sogenannte Halophyten, als Lebensmittel und Rohstoff zu kultivieren, könnte das den globalen Konflikt ums Wasser entschärfen. Welche dieser salzwasserresistenen Pflanzen sich dafür nutzen lassen, ist Inhalt des europäischen Forschungsprojekts Aquacombine.
Die Köpfe
Insgesamt 17 europäische Projektpartner arbeiten seit 2019 an dem von der EU mit insgesamt zwölf Millionen Euro geförderten Vorhaben. Aus Deutschland sind es Teams um die Botanikerin Jutta Pappenbrock von der Universität Hannover, den Verfahrenstechniker Axel Gottschalk von der Hochschule Bremerhaven, den Chemieingenieur Hinrich Uellendahl von der Hochschule Flensburg sowie Projektmanagerin Sabine Höfel von der Bielefelder Food Processing Initiative. „Wir wollen herausfinden, ob es möglich ist, eine Nutzungskette mit hoher Wertschöpfung aufzubauen“, so Forscherin Pappenbrock.
Die Umsetzung
Möglich wäre dies etwa mit dem Queller, auch Meeresspargel genannt. Die Pflanze wächst auf Salzwiesen und im Watt. Bisher galt sie allenfalls als Geheimtipp unter Gourmets. Industriell angebaut wurde sie nicht. Dabei eignet sich der Queller nicht bloß als Lebensmittel; die Pflanze ist reich an Polyphenolen, die auch entzündungshemmend wirken. Zudem kann der Meeresspargel, ebenso wie wie die gleichfalls im Projekt untersuchten salztoleranten Pflanzen Strandaster oder Meeresfenchel, dabei helfen, den Bedarf an nachhaltig erzeugter Biomasse zu decken – etwa als Nahrungsmittel für Tiere oder um daraus Biogas zu erzeugen.
Das Aquacombine-Projekt erforscht unter anderem, welche Gene etwa beim Queller für dessen besondere Salztoleranz verantwortlich sind. Mit diesem Wissen, so die Hoffnung der Forscher, könnten sie in Zukunft möglicherweise andere Pflanzen, zum Beispiel Tomaten, so verändern, dass auch sie auf salzigen Böden gedeihen. Dann ließen sich Flächen, die heute durch jahrelange Bewässerung und Düngung versalzt wurden, wieder für die Lebensmittelproduktion nutzen.
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