Gesunde Lebensmittel sind teurer Gute Ernährung ist eine Frage des Geldes

Seite 2/3

Arm, fehlernährt und krank

Im Laufe der Zeit wurde gesunde Ernährung also vor allem für Menschen mit geringem Einkommen immer unerschwinglicher. Dies führt zu sozialer Ungleichheit bei der Gesundheit der Bürger, warnen die Forscher. Zwar muss man auch sehen, dass der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel an den Konsumausgaben in keinem anderen europäischen Land so niedrig ist, wie im Vereinigten Königreich.

Laut Statistischem Bundesamt geben die Briten nur 9,1 Prozent ihrer gesamten Konsumausgaben für Lebensmittel aus. In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild: die Bundesbürger geben 11,2 Prozent der gesamten Konsumausgaben für Lebensmittel aus.

Doch durch die starken Preisunterschiede besteht trotzdem die Gefahr, dass die Menschen verstärkt zu ungesünderen Lebensmitteln greifen. Das hat negative Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung, warnen die Experten. Denn viele Krankheiten, etwa Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sind eng mit der Ernährung verbunden. Und je mehr minderwertige Lebensmittel mit viel Zucker und Fett und wenig Vitaminen und anderen Vitalstoffen wir in uns hinein schaufeln, umso größer das Risiko für Übergewicht und all seine negativen Folgen.

Die zehn größten Bio-Mythen
Mythos 1: Bioprodukte sind gesünderZwar gibt es Studien, die belegen, dass ökologische Lebensmittel mehr Vitamine und Nährstoffe enthalten – doch andere Untersuchungen widersprechen hier. Daher gibt es keinen eindeutigen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Bio mit „gesünder“ gleichzusetzen ist. Anders sieht das bei der Pestizidbelastung aus: Hier schneiden Bio-Lebensmittel in der Regel wesentlich besser ab.  Quelle: Welt.de Quelle: dpa
Mythos 2: Bioprodukte sind teurerDer Mehraufwand, etwa für artgerechte Tierhaltung, muss bezahlt werden: 30 bis 100 Prozent kosten Bio-Produkte im Durchschnitt mehr. Doch in vielen Bereichen ist der Preisunterschied zwischen Produkten aus ökologischer und denen aus konventioneller Landwirtschaft kaum noch spürbar – erst recht, seitdem es auch immer mehr Bio-Ware in den Discountern gibt. Bei Obst und Gemüse, etwa bei Karotten oder Äpfeln,  ist der Preisunterschied oft schon verschwunden. Deutlich spürbar bleibt er jedoch bei Fleisch. Quelle: dpa
Mythos 3: Bio-Produkte sind transparentDas stimmt so nicht. Die Vielzahl an unterschiedlichen Siegeln, vom deutschen über das europäische Bio-Siegel bis zu Demeter oder Bioland, ist für Verbraucher kaum zu überschauen – zumal bei allen Kennzeichnungen unterschiedliche Richtlinien gelten. Anbauverbände wie Demeter stellen in der Regel die strengsten Anforderungen, das europäische Bio-Siegel bietet hingegen nur den Mindeststandard.    Quelle: dpa
Mythos 4: Bio ist ein NischenproduktDas galt nur in den Anfangsjahren. 2013 kletterten die Umsätze der Bio-Branche um stattliche 7,2 Prozent auf 7,55 Milliarden Euro, meldet der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Im Öko-Barometer des Bundesernährungsministeriums heißt es, dass inzwischen drei von vier Verbrauchern beim Lebensmitteleinkauf auch nach ökologisch hergestellter Ware greifen. Dabei sind die Konsumenten vor allem junge Verbraucher unter 30 Jahren. Für Gerald Herrmann, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Organic Services, keine Überraschung: „Die jungen Generationen sind vielfach damit aufgewachsen, für sie ist Bio selbstverständlich geworden." Quelle: dpa
Mythos 5: Bio ist bei Bauern beliebtLandwirte, die Bio-Landbau betreiben wollen, haben mit vielen Hürden zu kämpfen. Zum Beispiel mit dem Flächenproblem: Durch die Subventionierung von Energiemais für Biogasanlagen, die durch das EEG festgelegt ist, können sich viele Öko-Betriebe die teuren Pachtpreise nicht mehr leisten. Zudem gibt es Umstellungsfristen von zwei bis drei Jahren, in denen die Landwirte zwar ökologisch produzieren, ihre Ware aber nur zu den Preisen für konventionelle Ware verkaufen dürfen. Quelle: dpa
Mythos 6: Bio ist regional und nachhaltigDie Nachfrage nach Bio-Produkten wächst schnell – die Größe der Anbaufläche und die Zahl der Bauern können da hierzulande nicht mithalten. Deutschland fehlen Tausende Biobauern. Dadurch wird viel importiert: Jede dritte Bio-Kartoffel stammt aus dem Ausland, bei Möhren, Äpfeln und Gurken ist es etwa die Hälfte. Besonders krass ist es bei Bio-Tomaten und –Paprika, sie stammen zu 80 beziehungsweise über 90 Prozent aus allen Ecken der Welt. Wie nachhaltig eine Bio-Kartoffel aus Ägypten, die intensiv bewässert werden muss, dann noch ist, ist äußerst fraglich. Quelle: dpa
Mythos 7: Bio-Produkte enthalten keine ZusatzstoffeDas kann man pauschal so nicht sagen. Insgesamt 50 der knapp 320 zugelassenen Zusatzstoffe wie Aromen oder Konservierungsmittel sind nach der EU-Öko-Verordnung auch für Bio-Lebensmittel zugelassen, sofern das Produkt ohne diese Zusätze nicht hergestellt oder haltbar gemacht werden kann. Quelle: dpa

"Ernährungsarmut und die Zunahme von Tafeln (Hilfsorganisationen, die Lebensmittel an Bedürftige weitergeben, Anm. d. Red.) sind in Großbritannien derzeit ins öffentliche Interesse gerückt", sagt Nicholas Jones. "Aber ebenso wichtig wie sicherzustellen, dass die Menschen nicht hungern, ist, dass eine gesunde Ernährung erschwinglich ist."

Gesundheitsbewusste müssen tiefer in die Tasche greifen

Die Entwicklung, dass gesünderes Essen teurer wird, ist nicht nur in Großbritannien zu beobachten. Ähnliche Studien und Ergebnisse gab es zum Beispiel auch in Frankreich, Neuseeland und den USA. Alle kommen zu demselben Ergebnis: Der Preisanstieg für gesunde Lebensmittel mit hohem Nährwert ist überproportional größer als der für Lebensmittel mit hohem Energie- aber niedrigem Nährstoffgehalt.

Eine aktuelle Studie von US-Wissenschaftlern unter anderem von der Universität Harvard, die 2013 im „British Medical Journal Open” veröffentlicht wurde, belegte zudem die höheren Kosten einer gesunden Ernährung. Die Forscher werteten für ihre Untersuchung die Essgewohnheiten von zehn Ländern mit höherem oder mittlerem Einkommen aus, darunter die USA, Frankreich und Spanien. Wer anstelle von verarbeiteten Lebensmitteln, Weißmehl und billigem Fleisch gesundheitsbewusst essen will, zahlt dafür rund 1,10 Euro mehr pro Tag und Person.

Die hartnäckigsten Gesundheitsmythen
Eine junge Frau putzt sich mit einem Papiertaschentuch die Nase Quelle: dpa
Mann mit Rückenschmerzen sitzt im Büro Quelle: obs
In einer Zahnarztpraxis werden die Zähne eines Jungen untersucht Quelle: dpa
Ein Fieberthermometer liegt auf verschiedenen Arten und Formen von Tabletten Quelle: dpa
Ein Mann zieht an seinem Finger und erzeugt ein Knackgeräusch. Quelle: dpa
Angela Merkel hält ein Schnapsglas in der hand Quelle: AP
Ein Junge steht unter einer Dusche Quelle: dpa

Allein für einen Ein-Personen-Haushalt wären das also rund 400 Euro mehr im Jahr. Dariush Mozaffarian, einer der Studienautoren und Wissenschaftler an der Harvard Medical School, sagte, dies sei für manche Familien mit knappem Budget eine "wirkliche Last" und sprach sich für einen sozialen Ausgleich aus.

Australische Wissenschaftler stellten in einem 2011 im Fachjournal "Nutrition & Dietetics" veröffentlichten Artikel fest, dass eine gesunde Ernährung für Haushalte mit niedrigem bis durchschnittlichem Einkommen oft nicht machbar sei.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%