



Die Daten konnten einfach nicht stimmen. David Trinidad, Freizeitsportler aus New York, war sich sicher: Die hohe Herzfrequenz, die das Fitbit-Armband seiner Frau Ivonne verzeichnete, musste an einem Defekt der Technik liegen. Im Internetportal Reddit bat er daher Anfang Februar andere Nutzer um Rat – und bekam einen unerwarteten Tipp: Ob Ivonne womöglich schwanger sei, fragte ein Onliner. Das Paar machte einen Schwangerschaftstest, und vor wenigen Tagen bestätigte David: „Ich werde Vater.“
Daten sammeln – und sie verstehen. Das ist die große Herausforderung vor der die rasant wachsende Zahl an Menschen steht, die mithilfe moderner Fitnesstracker täglich ihre Schritte zählt, die Schlafphasen bestimmt oder die Herzfrequenz aufzeichnet. „Es fehlt den Menschen die Sachkenntnis, um die Daten auch sinnvoll zu interpretieren“, sagt Ingo Froböse, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln.
„Es genügt nicht mehr, nur Messwerte zu erfassen“, ist auch Dan Bartel klar, der beim US-Konzern Garmin den globalen Vertrieb von Fitnesstrackern verantwortet. Seine Entwickler-Kollegen versuchen nun aus dem Wust an Messwerten Aussagen abzuleiten, wie es um Fitness und Gesundheit der Nutzer bestellt ist. Um ihnen dann Vorschläge fürs Training zu machen, damit sie den nächsten Marathon noch schneller laufen, Herz und Kreislauf stärken oder erfolgreich abnehmen.





Für die Hersteller ist das eine Chance: Statt nur Hardware zu verkaufen, können sie sich durch eine clevere Analyse der Messdaten von der Konkurrenz absetzen. Vor allem seit der Markt von Fitnessprotokollanten fürs Handgelenk geradezu überschwemmt wird. Wurden 2014 weltweit etwa 25 Millionen sogenannte Wearables verkauft, davon alleine 22 Millionen Fitnesssensoren fürs Handgelenk, waren es 2015 schon 72 Millionen Fitnesstracker.
Selbstvermessung wird zum Lifestyle
Fürs laufende Jahr rechnen die US-Marktforscher von IDC sogar mit mehr als 100 Millionen. Klassische Uhrenhersteller wie Fossil oder Casio beschleunigen diesen Trend noch und bringen inzwischen selbst Uhren mit Fitnesssensoren auf den Markt. Und auch die Apple Watch, die seit vergangenem Jahr erhältlich ist, hat mit der integrierten Pulsmessung sowie Software zum Protokollieren von Höhendifferenzen Selbstvermessung zum Lifestyleprodukt gemacht.




Alles zusammen ermöglicht heute Menschen, ihre Bewegungen so genau zu protokollieren, wie es vor wenigen Jahren allenfalls ambitioniertere Hobbysportler oder Profis taten.
Vor allem die Generation der Millennials, geboren zwischen 1980 und 2000, nutzt die Chronisten der täglichen Bewegung längst mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie ihr Smartphone: „Viele aus dieser Gruppe neigen weniger dazu, sich gehen zu lassen, um dann wieder eine Diät zu machen, sondern leben konstant aktiv und gesund“, sagt Matt Powell, Analyst beim US-Marktforscher NPD Group.