Wintersport Grüner Schnee aus Algen soll hohen Temperaturen trotzen

Forscher haben eine grüne Alternative zu Schneekanonen entwickelt: Algen bieten gute Eigenschaften für Wintersport.

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Bald beginnt wieder die Wintersportsaison. Zumindest ist das die Hoffnung. In vielen Regionen Europas wird sie sich wahrscheinlich auch in diesem Jahr nicht erfüllen. Denn sichere Skigebiete gibt es immer weniger. Schneekanonen können zwar teilweise den natürlichen Schneefall ergänzen oder ersetzen, allerdings verbrauchen sie enorm viel Wasser und Energie – insbesondere, wenn es nicht kalt genug ist. Je höher die Temperatur, desto ineffizienter ist die künstliche Schneeerzeugung.

Chemische Zusätze, die die Eigenschaften des Kunstschnees verbessern sollen, sind aufgrund ihrer Umweltauswirkungen ebenfalls sehr umstritten. Die Lösung für diese Probleme könnte nun von einer Pflanze kommen. Und zwar einer, mit der bislang eher Taucher als Skifahrer zu tun hatten: der Alge.

„Wir hatten schon 2005 die Idee, eine Alternative zu Kunstschnee herzustellen. Zuerst haben wir es mit Kunststoffen versucht. Dann kam uns die Idee, dass es auch mit einem nachwachsenden Rohstoff gehen könnte“, sagt Ingo Valtingoier, Geschäftsführer der Münchener Innovationsmanufakur.

Gemeinsam mit Forschern des Textilforschungsinstituts ITV Denkendorf und der TU Dresden hat sein Unternehmen in einem zweijährigen Projekt an dem Algenschnee geforscht, erst im Labor und dann auf kleinen Testfeldern. Die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie im Februar 2015 waren vielversprechend, im Mai wurde „Bioglizz“ – so der Name des grünen Untergrunds – mit dem TechTextil-Preis ausgezeichnet.

Die Algen, die auf einem textilen Nährboden und einer Schaumstoffschicht wachsen, haben als Gleitschicht mehrere Vorteile: Sie sind robust, für höhere Temperaturen geeignet und wachsen schnell nach. Zudem haben sie laut den Forschern günstige Eigenschaften für Wintersportarten: Durch ihre Verformbarkeit ermöglichen sie das Kurvenfahren und sind gleichzeitig weich genug, um Stürze abzufedern.

Drei Jahre weitere ForschungDas Forschungsprojekt soll nun in eine neue Runde gehen. Dabei geht es vor allem um die Praxistauglichkeit. „Der nächste Schritt ist jetzt, das Ganze auf einem größeren Gelände zu testen, so dass man tatsächlich mal ein paar Schwünge darauf fahren kann“, so Projektleiter Valtingoier. Zudem sollen die Algen und der Textiluntergrund weiter erforscht werden. Laut Valtingoier gibt es bereits zwei Skiliftbetreiber, die sich für einen Test von Bioglizz angeboten haben.

Anfang 2016 soll die neue Projektphase beginnen und etwa drei Jahre dauern. Bis dahin müssen sich Skifahrer also noch auf das Wetter verlassen. Ob Bioglizz danach wirklich eine Alternative für die großen Skigebiete darstellt, ist jedoch fraglich. „Es ist nicht unser Ziel, die Alpen damit zuzupflastern“, sagt Valtingioer. Grüne Skipisten könne er sich als Südtiroler auch nur schwer vorstellen.

Die Algen könnten eher in Mittelgebirgen zum Einsatz kommen. Oder auch in Städten - etwa als umweltfreundlicher Untergrund in Skihallen, die derzeit viel Energie verbrauchen. Dort könnte Kunstschnee dann Schnee von gestern sein.

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