Am Rande des Gipfels Was vom Gipfel übrig bleibt

Kopenhagen wird als einer der chaotischsten politischen Gipfeltreffen der vergangenen Jahre in Erinnerung bleiben. wiwo.de zieht eine kleine Bilanz abseits des Politischen.

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Gipfelteilnehmer die Quelle: dpa

Nicht allen ging es in Kopenhagen ums Klima, zumindest nicht ums zwischenmenschliche. Zum Beispiel Hugo Chavez und Ivo Morales. Die beiden südamerikanischen Staatschefs blockieren am Freitag weit über ihren zugedachten Termin heraus das Podium im Pressesaal. Während Morales sein verträumtes Grinsen schon für Politik hielt, kam Chavez neben ihm aus dem Reden nicht heraus. Wild gestikulierend machte er seinen Ärger Luft, über Kapitalismus, die Weltwirtschaft und überhaupt. Als das Duo mit dreißig-minütiger Verspätung das Podium verlassen soll, denkt es gar nicht dran. Fröhlich wird weiter geplaudert, Chavez bittet zur Verstärkung heimische TV-Journalistinnen auf die Bühne. Ein Interview? Gleich hier? Gerne. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso darf warten. Noch ein bisschen.

Warten ließen auch die Busfahrer die Benutzer der Konferenz-Buslinie, die extra zwischen Tagungsort und Kopenhagens Innenstadt hin und her pendelte. Manche Fahrer machten auf halber Strecke Pause, um sich von Kollegen ablösen zu lassen. Das dauerte dann mehrere Minuten - bei laufendem Motor.

Mit dem Klimaschutz war es ohnehin so eine Sache. Am Donnerstagabend gab die dänische Königin Margarethe II. ein festliches Dinner für die zahlreich angereisten Staatsgäste. Die erschienen allesamt pünktlich, dank abgesperrter Straßen und trotz Dauerfrost und Schneematsch. Allerdings darf bezweifelt werden, ob annähernd hundert Staats- und Regierungschefs mal eigenem Autokonvoi der Größenordnung „zwei Polizeiwagen-Jeep-Limousine-zwei Polizeiwagen“ klimaschonend sind. Nach Elektro sahen die Eskorten eher nicht aus.

Alles live im TV

Apropos Dinner. Der dänische Boulevard muss dürftig bestückt sein. Gleich mehrere dänische Fernsehsender übertragen das königliche Fest live. Von der Mantelabgabe – sagen wir – Hillary Clintons, über den beschwerlichen Weg via Palasttreppe und die Begrüßung durch die Gastgeber bis zu den Tischreden: Die Kameras waren immer dabei. Die Sender übertrugen nicht nur durchgängig über Stunden, die Bilder wurden per Splitscreen auch ebenso durchgängig von mehrköpfigen Expertenrunden kommentiert. Was für ein Händedruck! Dieses Kleid! Guckt, das säuerliche Gesicht der Königin! Man mochte fast Dänisch können.

Bleibt nur noch: das Essen. Hohn und Spott mussten die dänischen Organisatoren zu Beginn der zweiten Woche über sich ergehen lassen. Stundenlang standen Delegierte, NGO-Vertreter und Journalisten in der Kälte. Drinnen funktionierte nichts, und das auch noch langsam. Bei der Konferenzverpflegung konnten sie alles wieder gut machen: bretthart runtergekühlte Quiche, dazu Salat, der aussah, als ob beim Bic Mac alles Grüne übrig gelassen wurde. Die längste Schlange des ganzen Klimagipfels gab es deshalb durchgängig am Hot-Dog-Stand. Nicht immer muss es bio sein.

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