Wirtschaft von oben #21 – Thyssenkrupp Was in China aus der Westfalenhütte wurde

Wie lange Thyssenkrupp schon mit seinem Stahlgeschäft ringt, zeigt die Westfalenhütte. Vor 18 Jahren machte Thyssenkrupp das Werk in Dortmund dicht und verkaufte es nach China. Die Chinesen bauten die Hütte eins zu eins im Reich der Mitte wieder auf. Das legte den Grundstein für einen neuen chinesischen Stahlgiganten, Jiangsu Shagang. Exklusive Satellitenbilder zeigen, was aus der Westfalenhütte geworden ist – in Deutschland und in China. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Was aus der Westfalenhütte geworden ist

Es war eines der größten Demontage- und Wiederaufbauprojekte in der Industrie, die es jemals gegeben hat. Im Jahr 2001 legte der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp das traditionsreiche Stahlwerk, die Westfalenhütte in Dortmund, still. In Dortmund ging damit eine 160-jährige Ära der Eisen- und Stahlproduktion zu Ende. Tausende Arbeitsplätze gingen verloren, zurück blieb eine Industriebrache.

Thyssenkrupp kämpfte damals vor allem mit Billigexporten aus dem Ostblock. Dazu fehlte der Hütte in Dortmund der direkte Zugang zu einem günstigen Transportweg per Schiff. Der Transport des Rohmaterials für die Stahlproduktion per Schiene oder Straße war teuer, und das trieb den Preis der Endprodukte.

Für knapp 30 Millionen Euro verkaufte Thyssenkrupp Hochofen, Walzwerk und Sinteranlage 2001 an eine chinesische Firma. Gut 1000 Chinesen bauten die Hütte in Dortmund Stein um Stein, Maschine für Maschine in zwei Jahren ab, und bauten sie im 9000 Kilometer entfernten Zhangjiagang am Yangtze-Fluss im Norden Shanghais innerhalb von drei Jahren wieder auf. Mehr als 250.000 Tonnen Material mussten von Dortmund nach China transportiert werden. Die Chinesen überholten die alten Maschinen der Westfalenhütte. Danach brachten sie 60 Prozent mehr Leistung.

Die chinesische Firma Jiangsu Shagang war damals im weltweiten Stahlgeschäft völlig unbedeutend. Auf dem Satellitenbild von 2002 sieht man am Yangtze einen kleinen Hafen, an dem Kohle oder Koks angeliefert wird und einige kleine Gebäude. Drum herum sind vor allem Felder. Heute ist von Landwirtschaft nicht mehr viel zu sehen. Die Westfalenhütte legte den Grundstein für die Entstehung des inzwischen weltweit sechstgrößten Stahlherstellers der Welt. Erst versorgte Jiangsu Shagang nur den Heimatmarkt mit Stahl, inzwischen beliefern die Chinesen die Weltmärkte.

Der Niedergang der Stahlproduktion in Dortmund hat aber nicht nur Industriebrachen hinterlassen. Auch die Hermannshütte, ein Stahlwerk im Dortmunder Stadtteil Hörde, machte Thyssenkrupp im Jahr 2001 dicht. Seit 1828 stand auf dem Gelände ein Walzwerk und später eine Weißblechfabrik. Teile dieser Anlage verkaufte der Essener Konzern ebenfalls nach China, allerdings an ein anderes Stahlunternehmen.


Das Areal der ehemaligen Herrmannshütte, immerhin 98 Hektar, kaufte die Stadt Dortmund damals von Thyssenkrupp für 15 Millionen Euro. Auf dem ehemaligen Stahlgelände Phoenix-Ost in Dortmund-Hörde entstand ein künstlicher See, der Phoenix-See, inklusive Yachthafen sowie 2000 Wohneinheiten. Das ehemalige Arbeiterviertel gehört heute zu einer der exklusivsten Wohngegenden der Stadt.

An dem traditionellen Standort der Westfalenhütte gibt es heute noch ein Walzwerk. Der Stahl dafür kommt aus den Duisburger Hüttenwerken von Thyssenkrupp. In dem Walzwerk wird der Stahl kaltgewalzt, gekühlt und verzinkt. Die Produkte aus Dortmund gehen hauptsächlich in die Autoindustrie.

Westfalenhütte Dortmund

Am Standort in Dortmund investiert Thyssenkrupp sogar wieder. Bis Ende 2021 ist eine neue Feuerbeschichtungsanlage geplant. Die soll hochwertige, feuerbeschichte Stahlprodukte an die Autoindustrie liefern. Die neue Anlage kostet einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. Derzeit arbeiten in dem Werk rund 1300 Menschen. Mit der Anlage sollen 100 neue Arbeitsplätze entstehen und so ein Signal der Hoffnung senden. Allerdings will Thyssenkrupp in seiner Stahlsparte gleichzeitig rund 2000 Jobs streichen.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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