Die Coronakrise, hieß es dieses Jahr öfter, habe zumindest eine positive Folge: Der Ausstoß von Treibhausgasen sei zurückgegangen. In der Summe mag der Befund korrekt sein. Doch Satellitenbilder rund um den Erdball zeigen, dass die Pandemie auch einen ganz gegenteiligen Effekt hat: Die Zahl von Orten, an denen große Mengen Methan ausgestoßen werden, hat deutlich zugenommen.
Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Analyse des Start-ups Kayrros, das anhand von Satellitendaten die Methanemissionen auf der gesamten Erde überwacht. Mit Hilfe der Daten aus dem All kann das Unternehmen etwa erkennen, ob an einzelnen Industrieanlagen große Mengen Methan entweichen, beispielsweise durch ein Leck in einer Rohrleitung.
Anfang Januar etwa spürte ein Satellit ein großes Methanleck in der Wüste Algeriens auf. Es entstand an einer Rohrleitung des algerischen staatlichen Ölkonzerns Sonatrach in der Nähe des Ortes Hassi Messaoud. 25 Tonnen Methan entwichen pro Stunde laut den Messwerten in die Luft – das entspricht dem CO2-Ausstoß eines 750 Megawatt starken Kohlekraftwerks.
Im Laufe des Jahres 2020 haben die Treibhausgas-Wächter 32 Prozent mehr solcher Methan-Hotspots aus der Öl- und Gasindustrie aufgespürt als noch im Jahr zuvor. In Algerien, Russland und Turkmenistan waren es sogar 40 Prozent mehr Methan-Quellen. Eine mögliche Erklärung: Corona hat die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen gebremst, Budgets und Personal der Energieunternehmen sind knapper geworden – und darum wurden Lecks seltener behoben und Anlagen weniger gut gewartet.
Für den Klimawandel sind das schlechte Nachrichten. Denn Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste Klimagas – mehr als 23 Prozent der Erderwärmung gehen auf seine Kosten. Methan wirkt sogar viel stärker als CO2: Über hundert Jahre hinweg gerechnet, ist sein Einfluss auf die Atmosphäre 28-mal so hoch.