MANAGEMENT-AUDITS Alles Ans Licht

Unternehmen lassen ihre Führungsriege wieder häufiger von externen Beratern durchleuchten. Mit der richtigen Strategie kann man den Manager-Check gut überstehen. 

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Wer ist der Nächste? In den Führungsetagen der Dresdner Bank regiert die Angst. Nach einem internen Papier will die marode Tochter der Allianz ihr Firmenkundengeschäft drastisch reduzieren und von den rund 220 Führungskräften 140 entlassen. Die Personalberater von Egon Zehnder International führten deswegen bereits mit allen Kandidaten Gespräche darüber, wer bleiben darf – und wer nicht. 

199 Führungskräfte und Potenzialträger, bestätigte die Bank auf Anfrage, haben ein solches Auswahl- und Besetzungsaudit durchlaufen, zurzeit werde mit den Arbeitnehmergremien verhandelt. 

Qualitäts-Checks für Manager sind in der Krise wieder weit verbreitet. Marktkenner schätzen: Mehr als die Hälfte der großen deutschen Mittelständler und Konzerne schicken ihre Führungskräfte zu Audits, auch Appraisals oder Evaluationen genannt. In den Dax-Unternehmen gehört das Verfahren bereits zum Standard. Allein die großen Personalberatungen Egon Zehnder International, Roland Berger, Heidrick & Struggles und Kienbaum veranstalten jedes Jahr tausende solcher Interviews. Wer ins mittlere Management aufsteigen will, sollte sich daher schon heute damit befassen, wie er am besten mit einem Audit umgeht. 

Denn gute Vorbereitung ist wichtig (siehe Kasten). Auditoren erlebten Fälle, in denen Kandidaten vorher nächtelang nicht schlafen, das Interview nur mit Tabletten überstehen konnten oder versuchten, sich per ärztlichem Attest oder dem Hinweis auf wichtige Dienstreisen zu drücken. 

Die VorstellunG, noch einmal wie in einem Bewerbungsverfahren gegrillt zu werden, behagt keinem gestandenen Manager. Ein Audit empfinden sie als Bedrohung. „Das letzte Bewerbungsinterview liegt oft schon Jahre zurück“, sagt Tilman Gerhardt, Berater bei Egon Zehnder International, „und während Manager als Chef regelmäßig Feedback-Gespräche mit ihren Mitarbeitern führen, sind sie selbst kaum daran gewöhnt, dass ihre Kompetenzen und Leistungen systematisch überprüft werden.“ 

Zudem existieren über Ziele und Ablauf eines solchen Checks falsche Vorstellungen. „Als das Audit angekündigt wurde, dachte ich zuerst an Postkorbübungen oder psychologische Tests, wie man sie aus einem a Assessment Center kennt“, sagt Detlef Bennies, Hauptniederlassungsleiter beim Baukonzern Wayss & Freytag Schlüsselfertigbau – und lag damit völlig falsch. 

Hier zu Lande basieren Audits meist auf Interviews. Intelligenz- oder Persönlichkeitstests, Rollenspiele und Praxissimulationen sind die Ausnahme. Denn bei einem Audit geht es nicht um eine allgemeine Beurteilung, wie viel Potenzial ein Kandidat hat. Es geht um die konkrete Frage, „ob ein Manager den Anforderungen seines Jobs jetzt und in Zukunft gerecht wird“, erläutert Carsten Schwarting von der Berliner Personalberatung Lexington Human Resources. „Dabei hilft eine Postkorbübung wenig.“ Ausnahmen: englische, amerikanische oder skandinavische Unternehmen und deren deutsche Niederlassungen. Hier müssen Führungskräfte mit Verfahren wie bei der ersten Bewerbung rechnen. 

„Bei Audits denken die Leute häufig an Auswahlverfahren“, sagt Frank Latzer, Managing Partner bei Roland Berger Executive Resources. Wenn Manager gehen müssen wie beim Konzernumbau der Dresdner Bank oder nach einer Fusion wie der von PreussenElektra und Bayernwerk zu E.On Energie sind Audits ein probates Mittel, um Streichlisten nach fairen Kriterien zusammenzustellen. „In rund 80 Prozent der Fälle geht es den Firmenkapitänen aber darum, sich ein Bild davon zu machen, ob die Führungsmannschaft den Anforderungen des Geschäfts entspricht“, sagt Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kienbaum Management Consultants. Stärken und Schwächen des Teams ausloten; herausfinden, wo die Truppe im Vergleich zur Konkurrenz steht und wo sie sich steigern muss – solche Entwicklungsaudits sind die Regel. Doch auch wenn’s nicht ausdrücklich um Kündigungslisten geht: Wer im Audit gravierende Schwächen offenbart, beendet schnell seine steile Laufbahn. 

Die Interviews dauern oft mehrere Stunden. Dabei gilt meist das Mehraugenprinzip: Entweder die zu beurteilende Führungskraft wird gleichzeitig von zwei Beratern befragt oder in zwei Terminen von jeweils einem Interviewer durchleuchtet. Seltener nimmt zusätzlich ein Mitarbeiter der Personalabteilung am Gespräch teil. 

Als Erstes fragt der Auditor meist nach Ausbildung und bisherigem Werdegang. Die einfachen Fragen sollen die Nervosität abbauen. Den Schwerpunkt bilden dann Fragen zum aktuellen Job. Die Kandidaten müssen beispielsweise darlegen, mit welchen Herausforderungen sie gerade kämpfen, welche Veränderungen und Erfolge sie bereits erzielt haben, wo sie die Zukunft ihres Bereiches sehen und wie sie diese erreichen wollen. Nicht immer wird dabei offenbar, worauf die Auditoren abzielen. Roland Engels, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, hat diese Erfahrung während seines Audits gemacht: „Das Interview folgte keinem erkennbaren Gerüst, sondern verlief sehr situationsbezogen. Erst beim Feedback wurde die Struktur erkennbar.“ 

Tatsächlich verbirgt sich hinter den stundenlangen Fragen ein System. Beim Audit der Dresdner Bank beispielsweise wurden drei Kompetenzfelder überprüft: Know-how (Fachkompetenz und Marktexpertise), Führung und Interaktion (Teamarbeit, Mitarbeiterführung, Prozessorientierung, interkulturelle Kompetenz) sowie Unternehmertum (Kundenorientierung, Veränderungsmanagement, strategische Orientierung). 

Und schummeln gilt nicht: „Schauspielern ist sinnlos“, warnt Renate Lohmann, die als Leiterin des Geschäftsfeldes Private Netze der Technologiefirma Krone ein Audit durchlaufen hat. „Das kann man unmöglich über mehrere Stunden durchhalten.“ Auch mit abstraktem Geschwätz oder angelesenen Weisheiten lässt sich kein guter Auditor beeindrucken. Mit geschickten Fragen werden Blender schnell entlarvt. 

In ihrem Urteil verlassen sich Auditoren selten auf ihren Eindruck allein. Sie befragen Vorgesetzte und Personaler, lesen frühere Selbsteinschätzungen des Probanden oder informieren sich aus einer 360-Grad-Beurteilung. „Aus diesen Mosaiksteinen ergibt sich ein Bild, das nah an der Wahrheit liegt“, betont Ingo Richthoff, Associate Partner bei Roland Berger Executive Resources. 

Diese Wahrheit wird den auditierten Managern meist auch genauso präsentiert – präzise, klar, direkt, ohne Schönfärberei. „Sie machen einen klasse Job. Aber wenn Sie beruflich weiterkommen wollen, müssensie aufhören, wie eine Schlafmütze zu wirken“, musste sich zum Beispiel ein Manager sagen lassen. Einem anderen wurde geraten, bei wichtigen Terminen künftig auf zu bunte Socken zu verzichten. 

Ob ein Audit Folgen hat, können die Auditierten nur bedingt beeinflussen – gerade wenn es um Selektionslisten geht wie bei der Dresdner Bank. Doch auch harmlose Audits können einen Einschnitt nach sich ziehen. Marketingexpertin Renate Lohmann etwa nahm ihr Audit zum Anlass für eine persönliche Veränderung: „Erst durch die Vorbereitung auf das Interview und das Feedback der Auditoren wurde mir klar, dass ich nicht mehr in meine alte Firma passte.“ Wenige Monate später kündigte sie – trotz hervorragender Beurteilung. 

jochen mai/ANNETTE SCHÄFER 

Wer ist der Nächste? In den Führungsetagen der Dresdner Bank regiert die Angst. Nach einem internen Papier will die marode Tochter der Allianz ihr Firmenkundengeschäft drastisch reduzieren und von den rund 220 Führungskräften 140 entlassen. Die Personalberater von Egon Zehnder International führten deswegen bereits mit allen Kandidaten Gespräche darüber, wer bleiben darf – und wer nicht. 

199 Führungskräfte und Potenzialträger, bestätigte die Bank auf Anfrage, haben ein solches Auswahl- und Besetzungsaudit durchlaufen, zurzeit werde mit den Arbeitnehmergremien verhandelt. 

Qualitäts-Checks für Manager sind in der Krise wieder weit verbreitet. Marktkenner schätzen: Mehr als die Hälfte der großen deutschen Mittelständler und Konzerne schicken ihre Führungskräfte zu Audits, auch Appraisals oder Evaluationen genannt. In den Dax-Unternehmen gehört das Verfahren bereits zum Standard. Allein die großen Personalberatungen Egon Zehnder International, Roland Berger, Heidrick & Struggles und Kienbaum veranstalten jedes Jahr tausende solcher Interviews. Wer ins mittlere Management aufsteigen will, sollte sich daher schon heute damit befassen, wie er am besten mit einem Audit umgeht. 

Denn gute Vorbereitung ist wichtig (siehe Kasten). Auditoren erlebten Fälle, in denen Kandidaten vorher nächtelang nicht schlafen, das Interview nur mit Tabletten überstehen konnten oder versuchten, sich per ärztlichem Attest oder dem Hinweis auf wichtige Dienstreisen zu drücken. 

Die VorstellunG, noch einmal wie in einem Bewerbungsverfahren gegrillt zu werden, behagt keinem gestandenen Manager. Ein Audit empfinden sie als Bedrohung. „Das letzte Bewerbungsinterview liegt oft schon Jahre zurück“, sagt Tilman Gerhardt, Berater bei Egon Zehnder International, „und während Manager als Chef regelmäßig Feedback-Gespräche mit ihren Mitarbeitern führen, sind sie selbst kaum daran gewöhnt, dass ihre Kompetenzen und Leistungen systematisch überprüft werden.“ 

Zudem existieren über Ziele und Ablauf eines solchen Checks falsche Vorstellungen. „Als das Audit angekündigt wurde, dachte ich zuerst an Postkorbübungen oder psychologische Tests, wie man sie aus einem a Assessment Center kennt“, sagt Detlef Bennies, Hauptniederlassungsleiter beim Baukonzern Wayss & Freytag Schlüsselfertigbau – und lag damit völlig falsch. 

Hier zu Lande basieren Audits meist auf Interviews. Intelligenz- oder Persönlichkeitstests, Rollenspiele und Praxissimulationen sind die Ausnahme. Denn bei einem Audit geht es nicht um eine allgemeine Beurteilung, wie viel Potenzial ein Kandidat hat. Es geht um die konkrete Frage, „ob ein Manager den Anforderungen seines Jobs jetzt und in Zukunft gerecht wird“, erläutert Carsten Schwarting von der Berliner Personalberatung Lexington Human Resources. „Dabei hilft eine Postkorbübung wenig.“ Ausnahmen: englische, amerikanische oder skandinavische Unternehmen und deren deutsche Niederlassungen. Hier müssen Führungskräfte mit Verfahren wie bei der ersten Bewerbung rechnen. 

„Bei Audits denken die Leute häufig an Auswahlverfahren“, sagt Frank Latzer, Managing Partner bei Roland Berger Executive Resources. Wenn Manager gehen müssen wie beim Konzernumbau der Dresdner Bank oder nach einer Fusion wie der von PreussenElektra und Bayernwerk zu E.On Energie sind Audits ein probates Mittel, um Streichlisten nach fairen Kriterien zusammenzustellen. „In rund 80 Prozent der Fälle geht es den Firmenkapitänen aber darum, sich ein Bild davon zu machen, ob die Führungsmannschaft den Anforderungen des Geschäfts entspricht“, sagt Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kienbaum Management Consultants. Stärken und Schwächen des Teams ausloten; herausfinden, wo die Truppe im Vergleich zur Konkurrenz steht und wo sie sich steigern muss – solche Entwicklungsaudits sind die Regel. Doch auch wenn’s nicht ausdrücklich um Kündigungslisten geht: Wer im Audit gravierende Schwächen offenbart, beendet schnell seine steile Laufbahn. 

Die Interviews dauern oft mehrere Stunden. Dabei gilt meist das Mehraugenprinzip: Entweder die zu beurteilende Führungskraft wird gleichzeitig von zwei Beratern befragt oder in zwei Terminen von jeweils einem Interviewer durchleuchtet. Seltener nimmt zusätzlich ein Mitarbeiter der Personalabteilung am Gespräch teil. 

Als Erstes fragt der Auditor meist nach Ausbildung und bisherigem Werdegang. Die einfachen Fragen sollen die Nervosität abbauen. Den Schwerpunkt bilden dann Fragen zum aktuellen Job. Die Kandidaten müssen beispielsweise darlegen, mit welchen Herausforderungen sie gerade kämpfen, welche Veränderungen und Erfolge sie bereits erzielt haben, wo sie die Zukunft ihres Bereiches sehen und wie sie diese erreichen wollen. Nicht immer wird dabei offenbar, worauf die Auditoren abzielen. Roland Engels, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, hat diese Erfahrung während seines Audits gemacht: „Das Interview folgte keinem erkennbaren Gerüst, sondern verlief sehr situationsbezogen. Erst beim Feedback wurde die Struktur erkennbar.“ 

Tatsächlich verbirgt sich hinter den stundenlangen Fragen ein System. Beim Audit der Dresdner Bank beispielsweise wurden drei Kompetenzfelder überprüft: Know-how (Fachkompetenz und Marktexpertise), Führung und Interaktion (Teamarbeit, Mitarbeiterführung, Prozessorientierung, interkulturelle Kompetenz) sowie Unternehmertum (Kundenorientierung, Veränderungsmanagement, strategische Orientierung). 

Und schummeln gilt nicht: „Schauspielern ist sinnlos“, warnt Renate Lohmann, die als Leiterin des Geschäftsfeldes Private Netze der Technologiefirma Krone ein Audit durchlaufen hat. „Das kann man unmöglich über mehrere Stunden durchhalten.“ Auch mit abstraktem Geschwätz oder angelesenen Weisheiten lässt sich kein guter Auditor beeindrucken. Mit geschickten Fragen werden Blender schnell entlarvt. 

In ihrem Urteil verlassen sich Auditoren selten auf ihren Eindruck allein. Sie befragen Vorgesetzte und Personaler, lesen frühere Selbsteinschätzungen des Probanden oder informieren sich aus einer 360-Grad-Beurteilung. „Aus diesen Mosaiksteinen ergibt sich ein Bild, das nah an der Wahrheit liegt“, betont Ingo Richthoff, Associate Partner bei Roland Berger Executive Resources. 

Diese Wahrheit wird den auditierten Managern meist auch genauso präsentiert – präzise, klar, direkt, ohne Schönfärberei. „Sie machen einen klasse Job. Aber wenn Sie beruflich weiterkommen wollen, müssensie aufhören, wie eine Schlafmütze zu wirken“, musste sich zum Beispiel ein Manager sagen lassen. Einem anderen wurde geraten, bei wichtigen Terminen künftig auf zu bunte Socken zu verzichten. 

Ob ein Audit Folgen hat, können die Auditierten nur bedingt beeinflussen – gerade wenn es um Selektionslisten geht wie bei der Dresdner Bank. Doch auch harmlose Audits können einen Einschnitt nach sich ziehen. Marketingexpertin Renate Lohmann etwa nahm ihr Audit zum Anlass für eine persönliche Veränderung: „Erst durch die Vorbereitung auf das Interview und das Feedback der Auditoren wurde mir klar, dass ich nicht mehr in meine alte Firma passte.“ Wenige Monate später kündigte sie – trotz hervorragender Beurteilung. 

jochen mai/ANNETTE SCHÄFER 

Wer ist der Nächste? In den Führungsetagen der Dresdner Bank regiert die Angst. Nach einem internen Papier will die marode Tochter der Allianz ihr Firmenkundengeschäft drastisch reduzieren und von den rund 220 Führungskräften 140 entlassen. Die Personalberater von Egon Zehnder International führten deswegen bereits mit allen Kandidaten Gespräche darüber, wer bleiben darf – und wer nicht. 

199 Führungskräfte und Potenzialträger, bestätigte die Bank auf Anfrage, haben ein solches Auswahl- und Besetzungsaudit durchlaufen, zurzeit werde mit den Arbeitnehmergremien verhandelt. 

Qualitäts-Checks für Manager sind in der Krise wieder weit verbreitet. Marktkenner schätzen: Mehr als die Hälfte der großen deutschen Mittelständler und Konzerne schicken ihre Führungskräfte zu Audits, auch Appraisals oder Evaluationen genannt. In den Dax-Unternehmen gehört das Verfahren bereits zum Standard. Allein die großen Personalberatungen Egon Zehnder International, Roland Berger, Heidrick & Struggles und Kienbaum veranstalten jedes Jahr tausende solcher Interviews. Wer ins mittlere Management aufsteigen will, sollte sich daher schon heute damit befassen, wie er am besten mit einem Audit umgeht. 

Denn gute Vorbereitung ist wichtig (siehe Kasten). Auditoren erlebten Fälle, in denen Kandidaten vorher nächtelang nicht schlafen, das Interview nur mit Tabletten überstehen konnten oder versuchten, sich per ärztlichem Attest oder dem Hinweis auf wichtige Dienstreisen zu drücken. 

Die VorstellunG, noch einmal wie in einem Bewerbungsverfahren gegrillt zu werden, behagt keinem gestandenen Manager. Ein Audit empfinden sie als Bedrohung. „Das letzte Bewerbungsinterview liegt oft schon Jahre zurück“, sagt Tilman Gerhardt, Berater bei Egon Zehnder International, „und während Manager als Chef regelmäßig Feedback-Gespräche mit ihren Mitarbeitern führen, sind sie selbst kaum daran gewöhnt, dass ihre Kompetenzen und Leistungen systematisch überprüft werden.“ 

Zudem existieren über Ziele und Ablauf eines solchen Checks falsche Vorstellungen. „Als das Audit angekündigt wurde, dachte ich zuerst an Postkorbübungen oder psychologische Tests, wie man sie aus einem a Assessment Center kennt“, sagt Detlef Bennies, Hauptniederlassungsleiter beim Baukonzern Wayss & Freytag Schlüsselfertigbau – und lag damit völlig falsch. 

Hier zu Lande basieren Audits meist auf Interviews. Intelligenz- oder Persönlichkeitstests, Rollenspiele und Praxissimulationen sind die Ausnahme. Denn bei einem Audit geht es nicht um eine allgemeine Beurteilung, wie viel Potenzial ein Kandidat hat. Es geht um die konkrete Frage, „ob ein Manager den Anforderungen seines Jobs jetzt und in Zukunft gerecht wird“, erläutert Carsten Schwarting von der Berliner Personalberatung Lexington Human Resources. „Dabei hilft eine Postkorbübung wenig.“ Ausnahmen: englische, amerikanische oder skandinavische Unternehmen und deren deutsche Niederlassungen. Hier müssen Führungskräfte mit Verfahren wie bei der ersten Bewerbung rechnen. 

„Bei Audits denken die Leute häufig an Auswahlverfahren“, sagt Frank Latzer, Managing Partner bei Roland Berger Executive Resources. Wenn Manager gehen müssen wie beim Konzernumbau der Dresdner Bank oder nach einer Fusion wie der von PreussenElektra und Bayernwerk zu E.On Energie sind Audits ein probates Mittel, um Streichlisten nach fairen Kriterien zusammenzustellen. „In rund 80 Prozent der Fälle geht es den Firmenkapitänen aber darum, sich ein Bild davon zu machen, ob die Führungsmannschaft den Anforderungen des Geschäfts entspricht“, sagt Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kienbaum Management Consultants. Stärken und Schwächen des Teams ausloten; herausfinden, wo die Truppe im Vergleich zur Konkurrenz steht und wo sie sich steigern muss – solche Entwicklungsaudits sind die Regel. Doch auch wenn’s nicht ausdrücklich um Kündigungslisten geht: Wer im Audit gravierende Schwächen offenbart, beendet schnell seine steile Laufbahn. 

Die Interviews dauern oft mehrere Stunden. Dabei gilt meist das Mehraugenprinzip: Entweder die zu beurteilende Führungskraft wird gleichzeitig von zwei Beratern befragt oder in zwei Terminen von jeweils einem Interviewer durchleuchtet. Seltener nimmt zusätzlich ein Mitarbeiter der Personalabteilung am Gespräch teil. 

Als Erstes fragt der Auditor meist nach Ausbildung und bisherigem Werdegang. Die einfachen Fragen sollen die Nervosität abbauen. Den Schwerpunkt bilden dann Fragen zum aktuellen Job. Die Kandidaten müssen beispielsweise darlegen, mit welchen Herausforderungen sie gerade kämpfen, welche Veränderungen und Erfolge sie bereits erzielt haben, wo sie die Zukunft ihres Bereiches sehen und wie sie diese erreichen wollen. Nicht immer wird dabei offenbar, worauf die Auditoren abzielen. Roland Engels, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, hat diese Erfahrung während seines Audits gemacht: „Das Interview folgte keinem erkennbaren Gerüst, sondern verlief sehr situationsbezogen. Erst beim Feedback wurde die Struktur erkennbar.“ 

Tatsächlich verbirgt sich hinter den stundenlangen Fragen ein System. Beim Audit der Dresdner Bank beispielsweise wurden drei Kompetenzfelder überprüft: Know-how (Fachkompetenz und Marktexpertise), Führung und Interaktion (Teamarbeit, Mitarbeiterführung, Prozessorientierung, interkulturelle Kompetenz) sowie Unternehmertum (Kundenorientierung, Veränderungsmanagement, strategische Orientierung). 

Und schummeln gilt nicht: „Schauspielern ist sinnlos“, warnt Renate Lohmann, die als Leiterin des Geschäftsfeldes Private Netze der Technologiefirma Krone ein Audit durchlaufen hat. „Das kann man unmöglich über mehrere Stunden durchhalten.“ Auch mit abstraktem Geschwätz oder angelesenen Weisheiten lässt sich kein guter Auditor beeindrucken. Mit geschickten Fragen werden Blender schnell entlarvt. 

In ihrem Urteil verlassen sich Auditoren selten auf ihren Eindruck allein. Sie befragen Vorgesetzte und Personaler, lesen frühere Selbsteinschätzungen des Probanden oder informieren sich aus einer 360-Grad-Beurteilung. „Aus diesen Mosaiksteinen ergibt sich ein Bild, das nah an der Wahrheit liegt“, betont Ingo Richthoff, Associate Partner bei Roland Berger Executive Resources. 

Diese Wahrheit wird den auditierten Managern meist auch genauso präsentiert – präzise, klar, direkt, ohne Schönfärberei. „Sie machen einen klasse Job. Aber wenn Sie beruflich weiterkommen wollen, müssensie aufhören, wie eine Schlafmütze zu wirken“, musste sich zum Beispiel ein Manager sagen lassen. Einem anderen wurde geraten, bei wichtigen Terminen künftig auf zu bunte Socken zu verzichten. 

Ob ein Audit Folgen hat, können die Auditierten nur bedingt beeinflussen – gerade wenn es um Selektionslisten geht wie bei der Dresdner Bank. Doch auch harmlose Audits können einen Einschnitt nach sich ziehen. Marketingexpertin Renate Lohmann etwa nahm ihr Audit zum Anlass für eine persönliche Veränderung: „Erst durch die Vorbereitung auf das Interview und das Feedback der Auditoren wurde mir klar, dass ich nicht mehr in meine alte Firma passte.“ Wenige Monate später kündigte sie – trotz hervorragender Beurteilung. 

jochen mai/ANNETTE SCHÄFER 

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