Seit der jüngsten Finanzkrise hat sich einiges getan in Europas Bankenlandschaft. Viele Häuser sind nach Einschätzung der Aufseher inzwischen solider aufgestellt. Dennoch ist das Misstrauen wieder groß. Seit Jahresbeginn 2016 sind die Aktien europäischer Banken eingebrochen. Niedrige Zinsen, steigende Kosten und harter Wettbewerb lassen die Ertragsaussichten erodieren. Die nächsten Herausforderungen sind absehbar: Was bedeutet der Brexit für die Finanzindustrie? Bleiben die massiven Probleme der italienischen Banken regional begrenzt oder droht die nächste Bankenkrise auf dem Kontinent? Auch wenn diese aktuellen Fragen nicht beantwortet werden, soll ein neuer Krisentest grundsätzlich aufzeigen, wie gut die Institute auf mögliche Schocks vorbereitet sind. Die Ergebnisse werden am späten Freitagabend veröffentlicht.
Wie viele Institute durchleuchten die Aufseher?
Die europäische Bankenaufsicht EBA hat 51 Institute unter die Lupe genommen, darunter 9 deutsche. Parallel dazu untersuchte die Europäische Zentralbank (EZB) in einer abgespeckten Variante 56 weitere Kreditinstitute aus der Eurozone. Veröffentlicht wird nur der EBA-Teil. Bei deutschen Instituten rechnet der Bankenverband BdB nicht mit größeren Problemen.
Was wollten die Aufseher wissen?
Geprüft wurde, ob die Geldhäuser genügend Kapitalpuffer haben, um einen Absturz der Wirtschaft und einbrechende Immobilienpreise zu verkraften. Die Szenarien, die auf Basis der Geschäftszahlen zum Jahresende 2015 durchgespielt wurden, sehen massive wirtschaftliche Schocks in Europa vor: Für dieses und nächstes Jahr eine um 1,2 Prozent bzw. 1,3 Prozent schrumpfende Wirtschaft, für 2018 lediglich 0,7 Prozent Wachstum. Neu ist, dass Rechtsrisiken einbezogen werden - etwa Strafen, die Banken zahlen müssen.
Wird es Durchfaller geben?
Nein. Die Aufseher verzichteten auf Vorgaben von Kapitalquoten, die Banken erfüllen müssen. Stattdessen sollen die Ergebnisse in die regelmäßige Bewertung von Geschäftsmodellen und Risiken der Institute einfließen. Beim vorigen EU-weiten Stresstest 2014 waren von 123 Banken 24 durchgefallen. Ihnen fehlten zusammen 24,6 Milliarden Euro. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret warnte vor vorschnellen Schlüssen aus dem aktuellen Test. „Es geht bei diesem Stresstest nicht um Bestehen oder Durchfallen“, sagte Dombret. „Die Ergebnisse führen nicht unmittelbar zu harten bankaufsichtlichen Kapitalmaßnahmen.“
Wie laufen die Tests ab?
Anders als beim vergangenen Stresstest gab es keine Vor-Ort-Prüfung. Die Instituten mussten die Szenarien durch ihre internen Systeme laufen lassen und dann entsprechende Tabellen der Aufseher ausfüllen.
Was sollen solche Tests bringen?
Weltweit überprüfen Aufseher, welche Überlebenschancen Banken im Krisenfall haben. Die Tests sollen Risiken in Bankbilanzen offenlegen und Vertrauen in die Stabilität der Finanzbranche schaffen.
Hat das funktioniert?
Die Erfahrungen sind durchwachsen. Beim europaweiten Stresstest 2010 fielen nur Institute durch, von denen man es erwartet hatte - etwa der mit Steuermilliarden gerettete Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE). Kurz nach dem damaligen Test musste der Staat zunächst unauffällige irische Banken auffangen. 2011 schnitt im EBA-Test unter anderen die belgisch-französische Dexia-Bank glänzend ab, die wenig später als erstes großes Opfer der Euro-Schuldenkrise zerschlagen wurde. Beim Stresstest 2014 fielen neun italienische Banken durch. Bis heute aber ist wenig geschehen, um deren Misere zu beheben.