Drama in 11 Akten: Wie Karstadt gerettet werden soll

Karstadt-Quelle hat am Montag einen historischen Radikalumbau angekündigt. Zur Sicherung der Existenz des Warenhauskonzerns sollen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

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1. Trennung von einem Großteil der Warenhäuser: Karstadt-Quelle will sich möglichst schnell von 77 kleineren seiner insgesamt 180 Warenhäuser trennen oder sie zunächst in einer eigenen Gesellschaft fortführen, kündigte Vorstandschef Achenbach an. 89 Warenhäuser mit einer Verkaufsfläche von mindestens 8000 Quadratmetern würden dagegen auch in Zukunft zum Kerngeschäft zählen.

2. Aufgabe der Fachgeschäfte: Die Fachketten wie die Bekleidungshäuser SinnLeffers und Wehmeyer, die Sportgeschäfte Runners Point und Golf House sollen verkauft werden. Auch die Beteiligung an der US-Kaffeehauskette Starbucks in Deutschland will der Konzern abstoßen, eine entsprechende Absichtserklärung sei unterzeichnet, hieß es.

3. Personalabbau: Angaben zur Höhe des bevorstehenden Personalabbaus machte der Vorstand zunächst nicht. Aus Kreisen des Aufsichtsrates, der sich am Dienstag nach einer mehrstündigen Krisensitzung hinter das Sanierungskonzeptes des Vorstandes gestellt hatte, hieß es, die endgültigen Auswirkungen auf den Personalbestand seien noch offen. Aus Unternehmenskreisen hieß es am Montag, dass die Restrukturierung mit dem Abbau von rund 8500 Vollzeitstellen verbunden sein dürfte. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di hat der Umbau Folgen für mehr als 20 000 Beschäftigte. Sie seien von Personalabbau, Ausgliederungen oder Verkauf betroffen.

4. Neue Positionierung von Quelle und Neckermann: Im Versandhandel will Karstadt-Quelle seine Hauptmarken Quelle und Neckermann grundlegend neu positionieren und den Spezialversand ausbauen. Hier rechnet das Unternehmen bis 2006 mit Einsparungen von 150 Millionen Euro.

5. Touristik bleibt Kerngeschäft: Die gemeinsam mit der Lufthansa gehaltene Touristik-Beteiligung Thomas Cook - der Reiseanbieter mit Sitz in Oberursel bei Frankfurt hatte zuletzt erhebliche Verluste geschrieben - gehört weiter zum Kerngeschäft, betonte der Vorstand am Dienstag.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Auch Aktionäre und Investoren betroffen

6. Kapitalerhöhung gemeinsam mit Großaktionären: Der Konzern plant ein Kapitalerhöhung von mit einem Emissionsvolumen von 500 Millionen Euro. Diese werde aller Voraussicht nach von den beiden Großaktionären Schickedanz und der Münchener Allianz gemäß ihrer Beteiligungen gezeichnet, hieß es am Dienstag. Die Allianz bestätigte ihre Bereitschaft, die Kapitalmaßnahmen mitzutragen. Damit würde der Anteil des dritten Großaktionärs, der Riedel-Holding, weiter sinken.

7. Streichung der Dividende: Im laufenden Jahr rechnet das Unternehmen angesichts der Kosten für die Schrumpfkur mit einem Vorsteuerverlust (Ebta) von bis zu 1,34 Mrd. Euro. Die Anleger könnten für 2004 und 2005 daher nicht mit einer Dividende rechnen.

8. Gehaltsverzicht beim Management: Karstadt-Quelle-Vorstandschef Christoph Achenbach erklärte am Dienstag, „es ist uns gelungen, einen für unseren Konzern historischen Solidarpakt zwischen Management, Belegschaft, Anteilseignern und Banken zu schmieden“. Dieser sehe unter anderem einen Gehaltsverzicht des Managements, teilweisen Urlaubsverzicht und Reduktion von Sozialleistungen bei der Belegschaft sowie einen Dividendenverzicht und eine Kapitalerhöhung der Anteilseigner vor.

9. Umbau im Management: Der bisherige Finanz-Geschäftsführer der Messer Griesheim GmbH, Harald Pinger, wird neuer Finanzvorstand der Karstadt-Quelle AG. Der 44-Jährige übernehme den Posten am 1. Oktober, sagte der Vorstandsvorsitzende Christoph Achenbach, am Dienstag in Essen. Pinger habe sich als Spezialist für Sanierungen einen Namen gemacht. Der Posten des Finanzvorstands war seit einem Jahr vakant, die Aufgaben waren unter anderen Vorstandsmitgliedern aufgeteilt.

Lesen Sie weiter auf Seite 3: Immobilien werden ausgelagert

10. Auslagerung von Immobilien: Bei seinen milliardenschweren Immobilien erwägt Karstadt-Quelle eine Auslagerung in eine eigene Gesellschaft, die nach Möglichkeit bis zum Jahr 2006 an die Börse gebracht werden soll. Durch diese Maßnahme will der Konzern stille Reserven heben und das operative Geschäft transparenter machen.

11. Trennung von Hypothekenbank: Die zum Karstadt-Quelle-Konzern gehörende Karstadt Hypothekenbank AG steht zum Verkauf. Nach Angaben von Hypobank-Vorstandssprecher Robert Gogarten will der Handelskonzern mindestens 75 Prozent der Anteile verkaufen. Für die gesamte Hypothekenbank liege der geschätzte Wert bei deutlich über 250 Millionen Euro, sagte Gogarten am Freitag. Die Karstadt-Hypothekenbank diente bislang in erster Linie dazu, durch Beleihung der Karstadt-Quelle-Immobilien Bankendarlehen des Konzerns zu substituieren. Durch die Einbringung eines großen Teils der Konzern-Immobilien in einen Pensionsfonds fiel allerdings ein erheblicher Teil dieses Geschäfts weg. Als neues Geschäftsfeld wolle die Karstadt Hypothekenbank künftig auch private Immobilien finanzieren. „Hier ist Karstadt-Quelle als Handelskonzern eine prima Brücke.“ Es gebe schon zahlreiche Anfragen privater Kunden nach dieser Dienstleistung.

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