Evonik Flucht nach vorn

Der Traum vom Börsengang ist wohl geplatzt: Geht der Essener Mischkonzern Evonik, entstanden aus dem Ruhrkonzern RAG, nun an Finanzinvestoren und Staatsfonds? Die Verhandlungen beginnen schon im April.

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Chemiearbeiter bei Evonik Quelle: dpa

Der Gespensterkrebs Caprella Mutica ist ein extrem langarmiger, unheimlich aussehender Meeresbewohner, der als Plage von Südostasien in heimische Gewässer geschleppt wird. Containerschiffe saugen ihn von außen in ihre Wasserbehälter. Immerhin: Gegen das schwimmende Ungeziefer hat der Spezialchemiekonzern Evonik ein wirklich gutes Reinigungsmittel im Angebot – Peraclean, das dem ekligen Biest in den Schiffsbehältern den Garaus macht. Rückstandsfrei.

Solche Storys über die Produkte von Evonik waren früher selten. Da hieß der Essener Mischkonzern noch Ruhrkohle AG oder kurz RAG und vereinigte unter seinem Dach Deutschlands hoch subventionierten Steinkohlebergbau. Vorstandschef Werner Müller zeigte sich gern in Kumpelmontur – und dass bei der RAG neben den 30.000 Kumpeln 43.000 Mitarbeiter mit ganz anderen Dingen als schwarzen Steinen für 15 Milliarden Euro Umsatz und 1,2 Milliarden Euro Gewinn sorgen, drang nie so richtig ins öffentliche Bewusstsein.

Das soll sich nun ändern. Unter Evonik, so heißt die RAG seit September vergangenen Jahres, sollen sich vor allem potenzielle Investoren etwas ganz Modernes vorstellen können. Zu dem Konzern mit dem Kunstnamen gehören die RAG-Chemiegeschäfte der früheren Degussa, der Kraftwerksbetreiber Steag und ein umfangreiches Portfolio an Immobilien – also die Geschäfte jenseits des Bergbaus. Evonik ist bislang in Besitz der RAG-Stiftung und soll zumindest teilweise privatisiert werden.

Zusammen mit der Deutschen Bahn ist das eines der letzten großen PPrivatisierungsvorhaben des Landes; ein gewaltiger Akt nicht nur von finanziellem Gewicht, sondern auch mit enormer Symbolwirkung: Schließlich soll mit den Milliarden aus der Privatisierung der alte Steinkohlebergbau abgewickelt werden und mit Evonik ein neuer Ruhrkonzern entstehen, reif für das 21. Jahrhundert. Einen richtigen Knaller hatte sich Evonik-Chef Müller, der frühere Wirtschaftsminister Gerhard Schröders, daher vorgestellt: einen fulminanten Börsengang noch in diesem Jahr.

Doch das Jahr ist keine zwei Monate alt, da sieht alles danach aus, dass es dem Börsengang bald so geht wie Caprella Mutica aus fremden Gewässern. Sie ist schneller als gedacht weggeputzt. Die weltweite Finanzkrise drückt auf die Stimmung an den Börsen, ein Gang aufs Parkett von solchem Format wäre Selbstmord.

Daher streckt nach WirtschaftsWoche-Informationen in diesen Tagen Evonik-Aufsichtsratschef Wilhelm Bonse-Geuking, der frühere Aral-Chef, seine Fühler ganz woandershin aus: nicht zum Börsenparkett, nicht zu Analysten, die beim Namen Evonik renditehungrig werden und eigentlich im Herbst Kaufempfehlungen für die Evonik-Aktie abgeben sollen – sondern zu Finanzinvestoren, die Evonik gern mit einem Schlag kaufen würden. Ohne Börsengang. Und ohne prachtvolle Inszenierung.

Investoren auf der ganzen Welt hat Bonse-Geuking, so heißt es in seinem Umfeld, ins Visier genommen: aus Südostasien, Dubai, den USA. Auch Staatsfonds sind dabei, wofür er nach WirtschaftsWoche-Informationen sogar den Segen der Bundesregierung hat. Das ist umso erstaunlicher, als Bundesfinanzminister Peer Steinbrück oft gegen die Intransparenz dieser Fonds gewettert hat. „Es ist nicht zu leugnen, dass wir es mit einer neuen Qualität von ausländischen Kapitalgesellschaften zu tun haben“, sagte er im „Handelsblatt“-Interview und zählte die Energie zu den schützenswerten Branchen – genau dort ist Evonik mit der Kraftwerks-tochter Steag dick im Geschäft. Jetzt sind Staatsfonds im Vergleich zu einem peinlichen Börsendebüt das kleinere Übel.

Dazu passt, dass alle Beteiligten, besonders Politiker in den Wirtschaftsministerien in Berlin und der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf, sich zurzeit scheuen, den Namen Evonik überhaupt nur auszusprechen. Und auch Evonik unternimmt trotz aller Image-Wandlungsbemühungen so wenig wie möglich, das vor dem offiziell noch immer geplanten Börsengang eigentlich übliche Tamtam zu initiieren. So gab Evonik bisher noch keine Finanztermine für dieses Jahr bekannt. Um das schillernde Unternehmen mit dem lila Schriftzug („Wer macht denn so was?“) ist es still geworden. „Kein Kommentar“, heißt es dort.

Ein Insider bei Evonik glaubt, dafür eine Begründung zu haben: Der profitable Verkauf des sogenannten weißen Bereichs – also vor allem der Chemiesparte – für einen Kaufpreis von zehn Milliarden Euro wäre finanziell besser gewesen, als auf einen Börsenerlös für das Gesamtunternehmen zu hoffen. „Mittlerweile“, sagt der Insider, „wäre die Stiftung froh, einen Finanzinvestor zu finden, der für die ganze Evonik zehn Milliarden bieten würde.“

Doch auch davon ist Bonse-Geuking Lichtjahre entfernt, so versichert ein Evonik-Manager. Das Leverkusener Chemieunternehmen Lanxess hatte im vergangenen Jahr zehn Milliarden Euro inklusive Schulden für das Chemiegeschäft unter dem Firmennamen Degussa geboten. Damals wurde das Angebot noch abgeschmettert. Unter Müllers Führung suchte die damalige RAG ihre Eigenständigkeit im Börsengang, der nun praktisch Makulatur ist.

Erkannt hat das auch ein russischer Investor namens Sibur, der zum Konglomerat des Energieriesen Gazprom gehört – und sich nach WirtschaftsWoche-Informationen schon bei Evonik in Essen gemeldet hat. Damit hat im Verborgenen das Gerangel um Evonik begonnen.

Am 22. April beginnen nach WirtschaftsWoche-Informationen die ersten ernst gemeinten Gespräche zwischen der RAG-Stiftung und potenziellen Investoren. Und Ende April tagt zum Thema Evonik-Privatisierung das Kuratorium der RAG-Stiftung unter Vorsitz von Ulrich Hartmann. Der frühere Vorstandschef von E.On weiß wie kein anderer, dass nach und mit der weltweiten Finanzkrise die Jahre 2008 und 2009 alles andere als Börsenjahre sind. Als Aufsichtsratschef der fast bankrotten Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB war ihm die Schieflage im weltweiten Immobiliengeschäft nicht aufgefallen, die aus dem Institut ein Milliardengrab machte. Das Kontrollgremium verfranste sich in Gutachten von KPMG über die Lage der Bank. Seinen Chefposten im Aufsichtsrat der IKB, den er jahrzehntelang innehatte, will der Kuratoriumsvorsitzende der RAG-Stiftung, der auch E.On-Aufsichtsratsvorsitzender ist, nun loswerden. „Im März wird Herr Ulrich Hartmann seine letzte Aufsichtsratssitzung bei der IKB leiten, vielleicht noch zwei, drei weitere Monate im Amt verbleiben und dann ausscheiden“, sagt ein E.On-Sprecher. Wenn er im August 70 Jahre alt wird, will er sich mit der IKB nicht mehr beschäftigen.

„Die IKB-Bank war für Hartmann eigentlich immer eine Blackbox. Das soll ihm nicht noch mal passieren“, sagt ein anderer E.On-Manager. Den Schlüssel dafür hat er bei Evonik. Denn das Kuratorium der RAG-Stiftung ist so etwas wie ein übergeordneter Evonik-Aufsichtsrat. Das Gremium hat das letzte Wort, wenn es um die Frage Börsengang oder Verkauf an Investoren geht. Börsenklima, Finanzkrise, Milliardenhilfen für die IKB – all das zeigt auf Knallrot, wenn es um den Wunsch von Evonik-Chef Müller geht, mit dem Konzern im Herbst das Börsenparkett zu betreten.

Statt Werbebroschüren an Analysten werden nun von Essen aus Briefe an Großinvestoren geschrieben. Das Thema soll schnell erledigt werden. Bonse-Geuking habe „die Flucht nach vorn angetreten“, sagt ein Evonik-Manager.

Und allzu schlecht sind die Aussichten gar nicht, Evonik ist durchaus noch ein Objekt der Begierde, selbst wenn sich die noch vor Jahresfrist denkbaren Preise nicht mehr erzielen lassen. Nach dem Marketingwirbel um den neuen Namen im Spätherbst wurden auch viele Konkurrenzkonglomerate neugierig. Auch in Regionen, die ganz weit weg liegen vom Ruhrgebiet, dem Stammland von Evonik, fragen sich einige: Was machen die da im fernen Essen?

Eines, was jahrzehntelang mit dem Namen RAG verbunden war, machen sie nun jedenfalls nicht mehr: Vor wenigen Wochen wurde der Steinkohlebergbau aus dem Konzernzwitter – halb Unternehmen, halb politischer Subventionsbetrieb – herausgelöst. Evonik ist nun ein Chemie- und Energiekonzern mit elf Kohlekraftwerken geworden, mit einem für Käufer interessanten Immobilienreich von immerhin 70.000 Wohnungen. Die Bergmannshäuser gehören zur Montanzeit. Bis 2018 soll der Bergbau auslaufen und so lange in der RAG-Stiftung bleiben. Evonik hat damit nichts mehr zu tun.

Das Unternehmen steht auf den ersten Blick prächtig da, auch wenn die drei Geschäftsbereiche Chemie, Kraftwerke und Immobilien wenig miteinander zu tun haben. Allein 70 Prozent des Geschäftes macht die Chemie aus. 36.000 Mitarbeiter erwirtschafteten im vergangenen Jahr in diesem Großsektor mit Grundstoffchemie, Harzen, Kunststoffen, Industriereinigungsmitteln sowie chemischen Zusatz- und Wirkstoffen einen Umsatz von etwa elf Milliarden Euro und einen Gewinn von 900 Millionen Euro. Die meisten Produkte stammen vom früheren Traditionsunternehmen Degussa, das mal zur Veba, dann zur E.On und schließlich zur RAG gehörte.

RAG-Chef Werner Müller Quelle: dpa

Die Chemiker bei Degussa sind ihrer Profession nach ruhige und beständige Leute. Das Geschäft ist stark auf Deutschland konzentriert, die meisten Werke liegen hier, viele davon in Nordrhein-Westfalen. Hüls, Hürth-Kalscheuren und Krefeld sind ihre Standorte. Bei so viel Bodenständigkeit empfinden es viele hochqualifizierte Evonik-Mitarbeiter aus der alten Degussa-Zeit als schmerzlich, von fast jährlich wechselnden Eigentümern wie ein Wanderpokal behandelt zu werden.

Evonik – ein emanzipierter Konzern? Da bekommen viele Konkurrenzkonglomerate Appetit. Auch das – nicht nur das maue Börsenklima – ein Grund, warum Evonik-Chefkontrolleur und RAG-Stif-tungs-chef Bonse-Geuking in diesen Tagen intensiv versucht, Investoren zu begeistern. Ziel: Das Unternehmen soll am besten in einem Schwung an einen geeigneten Interessenten abgegeben werden. Dazu sind eine Menge Schreiben an Investoren in aller Welt herausgegangen.

Einer musste keinen Brief bekommen. Er meldete sich von selbst: Sibur aus Russland. Sibur ist ein petrochemischer Konzern, der es auf vor allem auf die alte Degussa im neuen Evonik-Kleid abgesehen hat. Doch alles, was russisch klingt, ist vor allem Politikern in Berlin – Kanzleramt und Wirtschaftsministerium reden beim Schicksal von Evonik auch mit – ein Dorn im Auge. Sibur ist eine Gazprom-Tochter, und Gazproms Expansionshunger und die undurchsichtigen Machtspielchen zwischen Gazprom und Kreml-Führung jagt vielen in Deutschland Schrecken ein.

Sibur ist es mit seinen Expansionsplänen in Westeuropa ernst – und Sibur ist nicht der sibirische Wolf, nach dem der Firmenname klingt. Gerade zwei Monate ist es erst her, dass Sibur mit dem US-Chemiekonzern Dow Chemical vereinbarte, zusammenzuarbeiten. Sibur prüft mit Dow den Ausbau der Werke im sächsischen Böhlen sowie in Schkopau.

Sibur ist kurz davor, in Deutschland in der Chemiebranche ins Geschäft zu kommen. Da wäre der Kauf der Evonik-Chemie nur ein weiterer Schritt in dieselbe Marschrichtung. Dass Sibur mit Evonik auch gleich acht deutsche Kohlekraftwerke und drei im Ausland bekäme, wäre ein Zusatzgeschäft.

Sibur könnte die Stromerzeugung entweder an die Sibur-Mutter Gazprom weiterreichen – oder, so wird bei Evonik spekuliert, auf dem Weltmarkt feilbieten. Gazprom will sich nicht äußern. Die RAG-Stiftung könnte, so ein Gedanke aus deren Umfeld, die Evonik-Chemie zwecks Verwertung abspalten, die Kraftwerke zunächst behalten.

Sibur – ein idealer Partner für Evonik? „Wohl nicht“, sagt ein Beamter aus dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium. Der Kenner der RAG-Materie weiß auch, warum: „Das Kanzleramt und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wollen die Russen nicht ins Ruhrgebiet lassen.“ Auch RAG-Stiftungsvorstand und Evonik-Chefkontrolleur Bonse-Geuking möchte die Gazprom-Tochter lieber nicht an das Schäfchen Evonik lassen. Die Wahlen Anfang März werden erst zeigen, um wie viel enger das Geflecht zwischen Kreml und Gazprom noch wird, Sibur eingeschlossen.

Wer will Sibur als Investor? Aus Evonik-Chef Müllers Umfeld verlautet dazu offiziell nichts. „Evonik möchte in der Phase einer Transaktion nichts sagen“, sagt ein Vertrauter. „Transaktion“? Fragt sich, welche.

Bonse-Geuking peilt die südostasiatischen und arabischen Investoren an. Damit wäre er auch politisch und historisch gesehen auf der sicheren Seite, denn für Deutschland wäre die arabische Formation nichts Ungewöhnliches. Der Staat Kuwait zeigt sich seit Jahren als treuer Daimler-Großaktionär, war jahrzehntelang Anteilseigener der Metallgesellschaft und besitzt noch heute ein kleines Paket am MG-Nachfolger Gea. Vor Jahrzehnten hat ein anderer Großer im Ruhrgebiet den Staat Iran als 25-prozentigen Großaktionär ins Boot geholt. Der damalige Krupp-Chef Berthold Beitz – heute Verwalter der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung auf dem Essener Hügel – hatte den Schah-in-Schah in Teheran umworben, der bei Krupp einstieg. Die Ayatollahs danach waren ebenso berechenbare Investoren. Was Stiftungschef Beitz im Ruhrgebiet vor Jahren als Lösungsweg gezeigt hat, kann Bonse-Geuking als zweiter mächtiger Stiftungschef in Essen, leicht nachmachen.

Doch wer auch immer bei Evonik einsteigt – wird er ein Interesse daran haben, das Konglomerat als Ganzes zu erhalten? Jetzt schon, in den Vorgesprächen mit den Investoren, die den April-Verhandlungen vorausgehen, werden bohrende Fragen an Bonse-Geuking gestellt: „Was haben die Kraftwerke mit Chemie zu tun?“, ist eine Frage der Unterhändler, die außerhalb des Ruhrgebiets und weit weg von Deutschland strenger gestellt wird als es Konsensmanager an der Ruhr wahrhaben. Diese Politiker gehören aber wie NRW-Landeschef Jürgen Rüttgers dem Kuratorium des Evonik-Eigners RAG-Stiftung an, das nicht nur Müller, sondern auch Bonse-Geuking kontrolliert.

Der Fall Nokia in Bochum zeige, so urteilen inzwischen Manager im Umfeld von Evonik sehr viel nüchterner, dass die Politik das Kalkül internationaler Manager bei Weitem unterschätzt. Wenn es um Fortbestand von Traditionen und Arbeitsplätzen von Unternehmen geht, wird von nichtdeutschen Investoren sehr emotionslos agiert. Das gilt auch für den liebgewonnenen Großkompromiss – wie er die RAG- und Evonik-Konstruktion mit der ausgetüftelten Zukunftsfähigkeit von Evonik als Konglomerat darstellt. „Auch die Gewerkschaft IG BCE wird bei Evonik ähnliche Erfahrungen machen wie die Arbeitnehmervertreter bei Nokia“, urteilt ein E.On-Manager von außen – nämlich dass Druck von Investoren größer ist, als Arbeitnehmerinteressen es je sein können.

Evonik als Ganzes? „Dieser Traum stammt aus der Zeit, als man von einem Börsengang schwärmte, der aber ausgeschwärmt ist“, urteilt ein Manager bei Evonik und fügt hinzu: „Ein Investor kann mit dem Haus als Ganzes nichts anfangen.“

Aber nicht nur das Große und Ganze, auch die Chemiesparte allein ist in sich ein unübersichtliches Konglomerat. Gut zwei von elf Milliarden Euro Umsatz wird nicht mit Spezialchemie gemacht, für die die frühere Degussa stehen soll, sondern mit Grundstoffchemie – vor allem ist Evonik einer der größten Rußproduzenten der Welt, der für die Färbung der Reifen benutzt wird. Auch simple Füllstoffe für Reifen kommen von Evonik. Und daneben ist die Ex-Degussa einer der weltgrößten Kieselsäurehersteller – ein Grundprodukt, das mit dem chemischen Verscheucher von Gespensterkrebsen so wenig zu tun hat wie die echte Spezialchemie, die in Krefeld das Werk verlässt. Im dortigen Werk Stockhausen werden sogenannte Superabsorber, nässeaufsaugende Stoffe für Windeln, hergestellt. „Zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen gibt es kaum Synergieeffekte“, sagt ein Evonik-Manager.

Analysten fragen schon daher jetzt, warum sich Evonik nicht völlig auf die Spezialchemie konzentriert. Zumal dem Konzern im Geschäft mit den feinen, gewinnträchtigen Chemieprodukten lange kein großer Wurf mehr gelungen ist.

Doch bevor Bonse-Geuking Ende April in das harte Gespräch mit den Investoren einsteigt, muss er noch intern etwas sehr Wichtiges klären. Noch immer ist das Tauziehen zwischen ihm und Evonik-Chef Müller nicht beendet, was die Kompetenzen von Aufsichtsrat und Vorstand betrifft. „Wie das präzise geregelt wird, vermag ich Ihnen nicht zu sagen“, sagt ein Sprecher im Auftrag von Evonik.

Müller soll nur in enger Abstimmung zusammen mit Bonse-Geuking entscheiden, ob er Unternehmensteile verkaufen kann und an wen. Das gilt vor allem für das Immobiliengeschäft. Denn darüber hält der Stiftungschef gern selbst die Hand: Die Satzung der RAG-Stiftung verpflichtet ihn – anders als Vorstandschef Müller – auch auf das Wohl des Standortes Ruhrgebiet, in dem viele Bergarbeiterwohnungen liegen.

„Bonse-Geuking hat begonnen, seine Arbeit zu machen“, sagt ein Evonik-Manager, weit draußen in einem Chemiewerk. Soll heißen: Bonse-Geuking weist Müller in seine Schranken. „Dazu äußert sich Evonik nicht“, sagt ein Evonik-Sprecher. Anders als für Müller spielt das Chemiegeschäft in den Gesprächen Bonse-Geukings eine zentrale Rolle. Müller dagegen halte „nicht viel von der früheren Evonik“, wird in der Evonik-Chemie beklagt, er sei ein reiner Energiemanager „und hat es immer noch nicht verwunden, dass Bonse-Geuking und nicht er Stiftungschef geworden ist“.

Ein solcher Konflikt würde nicht nur einen Börsengang überschatten. Er würde auch die Verhandlungen mit Großinvestoren nicht gerade erleichtern. Die wollen nämlich als Erstes genau wissen, an wen sie ihr Angebot schicken sollen.

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