Finanzkrise Deutschen Banken droht Milliardendesaster in Osteuropa

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Commerzbank und BayernLB stark engagiert

Drohende Verluste der Banken in Osteuropa

Deutsche Institute haben erst spät begonnen, sich in Osteuropa zu engagieren. Lange wurde ihnen deshalb vorgeworfen, einen wichtigen Trend verschlafen zu haben. „Im Privatkundengeschäft spielen die deutschen Banken keine große Rolle“, sagt Andreas Pratz, Bankenexperte und Partner bei der Unternehmensberatung A. T. Kearney. Anders sieht das bei Firmenkrediten aus. „Hier sind die Deutschen ein wichtiger Spieler “, sagt Pratz. Und hier drohen ihnen deshalb die größten Belastungen. Die osteuropäische Industrie ist in großen Teilen eine verlängerte Werkbank westlicher Unternehmen. Doch die Nachfrage nach Produkten, etwa für Autozulieferer, ist eingebrochen. Banken, die diese Unternehmen finanziert haben, wird die wachsende Zahl der Pleiten treffen.

Stark in Osteuropa engagiert sind Commerzbank und BayernLB. Die Commerzbank hat ihr Geschäft dort in den vergangenen Jahren forciert und in einer Holding gebündelt. Sie besteht vor allem aus der 70-Prozent-Mehrheit an der polnischen BRE Bank sowie einer 60-Prozent-Beteiligung an der ukrainischen Forum Bank. Die Außenstände der BRE Bank beliefen sich im September 2008 auf 20 Milliarden Euro. Entsprechend hat die Commerzbank ihre Risikovorsorge für Osteuropa Ende 2008 auf 190 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Über ihre Fremdwährungskredite will sie keine Auskunft geben. Wegen der angespannten Lage wurden die Expansionspläne der BRE-Tochter mBank verschoben. Sie soll sich künftig auf Polen, Tschechien und die Slowakei konzentrieren.

Die BayernLB ist über die MKB Bank stark in Ungarn engagiert. Mit 220.000 Privat- und 38.000 Firmenkunden ist sie dort das drittgrößte Finanzinstitut. Das Kreditvolumen inklusive Kreditzusagen betrug Ende 2007 knapp neun Milliarden Euro, davon etwa drei Viertel Unternehmenskredite. Sie hat in Ungarn auch Fremdwährungskredite vergeben, die nun Probleme bereiten. Was das für die MKB Bank bedeutet, wollte ein Sprecher nicht mitteilen. 2007 kaufte die BayernLB noch die Kärntner Bank Hypo Alpe Adria für 1,6 Milliarden Euro, die vor allem in Südosteuropa engagiert ist. Auch diese Investition entpuppte sich bisher nicht als Glücksgriff: Gerade musste der österreichische Staat der Bank mit 900 Millionen Euro Kapitalhilfe unter die Arme greifen.

Als erste deutsche Bank hatte die damals noch unabhängige HypoVereinsbank auf Osteuropa gesetzt. 2000 kaufte sie die Bank Austria, damals schon ein großer Spieler in der Region. Inzwischen gehören beide zur italienischen Bank UniCredit. Die bestreitet heute mit 4000 Filialen in 15 Ländern etwa 25 Prozent ihres Umsatzes in Osteuropa. Bankchef Alessandro Profumo, der die Expansion in den vergangenen Jahren vorangetrieben hatte, hält die derzeitigen negativen Szenarien für übertrieben. Dennoch geht sie von einer Abkühlung des Geschäfts aus. Bei der Neukreditvergabe schaut sie kritischer hin, will ihr Engagement aber nicht dauerhaft zurückfahren.

Die Deutsche Bank hat sich bei der Auslandsexpansion bisher auf Asien konzentriert. In Osteuropa ist sie vor allem in Polen präsent, wo sie neben klassischen Filialen mit den „db kredyt“-Shops das Thema Konsumentenkredite forciert hat. Bankchef Josef Ackermann hat bereits erklärt, dass sein Institut keine signifikanten Beeinträchtigungen erwartet. Die direkten Belastungen dürften sich in Grenzen halten.

Pleite osteuropäischer Staaten als GAU

Das schützt den Branchenprimus und andere nicht stark in Osteuropa vertretene Banken jedoch nicht vor anderen negativen Auswirkungen. Viele deutsche Unternehmen sind auf den Exportmarkt Osteuropa angewiesen. Wenn die Unternehmen dort kein Geld mehr bekommen, um zu investieren, wenn Privatpersonen nicht mehr konsumieren, trifft das die Exporteure schwer.

Das könnte die Zahl der Kreditausfälle deutscher Unternehmen weiter nach oben treiben. Davon wären nahezu alle Banken betroffen. Die Commerzbank hat die Risikovorsorge für ihr Mittelstandsgeschäft bereits erheblich erhöht: 2008 lag bei einem operativen Ergebnis von 868 Millionen Euro im Kreditgeschäft die Risikovorsorge bei 179 Millionen Euro.

Zum GAU käme es, wenn Staaten in Osteuropa pleitegehen. Ganz ausgeschlossen ist das nicht mehr. Standard & Poor’s senkte gerade die Bonitätsnote für Lettland auf BB+, also Schrott-Niveau. Eine weitere Herabstufung steht für die Ukraine an. Der Internationale Währungsfonds hat dem Land bereits einen Notkredit in Höhe von 16 Milliarden Dollar genehmigt. Schon 2008 mussten Ungarn und Lettland von der EU-Kommission unterstützt werden: Sie nahm für Ungarn 6,5 und für Lettland 3,1 Milliarden Euro am Kapitalmarkt auf. Wollen die Regierungschefs Zusammenbrüche weiterer Länder und Banken verhindern, kann das sehr teuer werden.  

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